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Die Volksanwaltschaft ist gefragt wie nie |
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Bilanz 2010: 11.198 Beschwerden, 6.613 Prüfverfahren, 829 Missstände Wien (pk) - Seit mehr als drei Jahrzehnten kontrolliert die Volksanwaltschaft die Arbeit der österreichischen Verwaltungsbehörden und prüft die Gesetzmäßigkeit ihrer Entscheidungen. Dass diese Institution nach wie vor gefragt ist, illustriert ihr dieser Tage dem Parlament zugeleiteter, 321 Seiten starker Jahresbericht 2010, der von einem Kurzbericht begleitet wird. Erneut Zuwächse bei den eingebrachten Beschwerden 2010 wandten sich insgesamt 15.265 Menschen mit einem Anliegen an die Volksanwaltschaft, womit die konstant hohen Werte der Vorjahre erneut übertroffen werden konnten. Einen signifikanten Anstieg (um mehr als 8%) gab es außerdem bei jenen Fällen zu verzeichnen, in denen sich Personen konkret über schlechte Behandlung oder unzureichende Information durch eine Behörde beklagten: Hielt man 2009 bei einem diesbezüglichen Wert von 10.320, waren es 2010 bereits 11.198. Dabei leitete die Volksanwaltschaft mit 6.613 Fällen um 6% mehr Prüfverfahren ein als noch im Vorjahr. Eine detaillierte Prüfung wurde bei 59,1% aller Beschwerden initiiert, bei 4.067 Fällen lag die Fragestellung hingegen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Volksanwaltschaft. Für weitere 4.585 Beschwerden zeichnete man zwar verantwortlich, doch konnte kein Missstand in der Verwaltung festgestellt werden. 4.125 Prüfverfahren im Bereich der Bundesverwaltung 2010 führte die Volksanwaltschaft im Bereich der Bundesverwaltung 4.125 Prüfverfahren durch. Dabei zielten die meisten Beschwerden (1.241) auf den Sozialbereich ab, für den Volksanwalt Peter Kostelka verantwortlich zeichnet. Auf diesen Sektor entfielen rund 30% aller eingeleiteten Prüfverfahren. Volksanwältin Terezija Stoisits verzeichnete 2010 781 Beschwerden aus dem Bereich der inneren Sicherheit, was einem Anstieg des Beschwerdevolumens um 61% gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Hauptverantwortlich dafür sei die große Zahl fremden- und asylrechtlicher Beschwerden, die nicht nur das Innenministerium, sondern vor allem auch den Asylgerichtshof und den Unabhängigen Bundesasylsenat betreffen, heißt es im Bericht. Dabei beanstandeten die Betroffenen vor allem die Dauer von Berufungsverfahren. An dritter Stelle rangiert der Bereich Justiz: 2010 richtete man 708 Beschwerden an die hierfür zuständige Volksanwältin Gertrude Brinek, womit ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr (2009: 756) verzeichnet werden konnte. Ein nicht unwesentlicher Teil dieser Beschwerden bezog sich auf Akte der unabhängigen Rechtsprechung, heißt es im Bericht. Zusätzlich zur Einleitung neuer Prüfverfahren konnten 2010 1.336 anhängige Verfahren aus den Vorjahren erledigt werden, womit man im Berichtsjahr 7.949 Prüffälle in der Bundesverwaltung abschloss (plus 15% gegenüber 2009). Angestiegen ist allerdings auch die Missstandsquote: Lag sie 2009 bei 14,9%, erreichte sie 2010 einen Stand von 17,3%. In 4.021 Fällen konnte kein Missstand in der Bundesverwaltung festgestellt werden, in Hinblick auf 1.141 Beschwerden bestand außerdem kein Anlass, ein Prüfverfahren einzuleiten. 1.240 weitere Fälle betrafen Fragen außerhalb des Prüfauftrags der Volksanwaltschaft. Darüber hinaus leitete man 70 amtswegige Prüfverfahren im Bereich der Bundesverwaltung ein, was einem leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Landes- und Gemeindeverwaltung: Zahl der Prüffälle bleibt konstant Mit 2.487 Prüfverfahren auf Ebene der Landes- und Gemeindeverwaltung wurde der Vergleichswert des Vorjahres (2.458) leicht überschritten. Was die Verteilung der Prüfverfahren anbelangt, wiesen erneut die bevölkerungsreichsten Bundesländer (Wien, Niederösterreich und die Steiermark) die höchsten Prüfzahlen auf. Die Entwicklung der Beschwerdezahlen folgt allerdings keinem einheitlichen Trend: Während sie in einigen Bundesländern anstiegen, waren sie in anderen rückläufig. Was die durchgeführten Prüfverfahren anbelangt, zeigt sich eine Konzentration in den Bereichen Raumordnung und Baurecht (600 Fälle). Die Zahl der Beschwerden über Sozialhilfe und Jugendwohlfahrt, die 2009 enorm angestiegen war, blieb hingegen konstant. Kommunikationsbilanz: 25.000 Schriftstücke, 11.000 Briefe & E-Mails Im Berichtszeitraum kontaktierten 7.600 Personen den Auskunftsdienst der Volksanwaltschaft, weitere 15.000 Menschen wandten sich mit einem Schreiben an diese Institution. Die Korrespondenz, die MitarbeiterInnen der Volksanwaltschaft mit Menschen, die einen Missstand in der Verwaltung vermuteten, führten, umfasste mehr als 25.000 Schriftstücke, was einem Anstieg um 8% gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Außerdem wurden 11.000 Briefe und E-Mails mit Behörden auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene ausgetauscht, illustriert der Bericht die eindrucksvolle Kommunikationsbilanz der Volksanwaltschaft. Ausgebaut wurde auch das traditionell sehr beliebte Angebot an Sprechtagen, in deren Rahmen Betroffene die Möglichkeit erhalten, sich mit ihren Anliegen direkt an eine Volksanwältin bzw. einen Volksanwalt zu wenden: 2010 boten 273 Sprechtage die Möglichkeit für rund 1.800 solcher Gespräche. Die ORF-Sendung "Bürgeranwalt" erwies sich auch im Berichtsjahr als wichtige Plattform für die Anliegen der Volksanwaltschaft und bilanzierte laut Bericht äußerst erfreulich: So sei es gelungen, den hohen Marktanteil von 28% zu halten und durchschnittlich 317.000 ZuseherInnen pro Woche vor die Fernsehschirme zu bringen. Im Juli 2010 ging außerdem das neue Internetportal der Volksanwaltschaft (www.volksanwaltschaft.gv.at) online. Es informiert nicht nur detailliert über die Sprechtagtermine der VolksanwältInnen, sondern ermöglicht auch die Einbringung von Beschwerden auf elektronischem Wege. Neben dieser umfassenden Informationstätigkeit initiierte die Volksanwaltschaft im Berichtszeitraum auch eine neue Schriftenreihe und förderte den öffentlichen Diskurs über die Themen Pflegevorsorge und Einbürgerung. |
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Die breite Arbeitspalette der Volksanwaltschaft Der Jahresbericht macht einmal mehr deutlich, in wie vielen Bereichen Handlungsbedarf besteht, sei es in Form von Gesetzen oder durch verwaltungstechnische Maßnahmen. Die Anregungen der VolksanwältInnen reichen von den Kinderrechten und den Bedürfnissen von behinderten Menschen über eine geforderte Pflegereform und unzumutbaren Belastungen in den Krankenhäusern bis hin zur Sachwalterschaft und zum Fremdenrecht. Auch die Handhabung der Raumordnung und Flächenwidmung birgt immer wieder Konfliktpotential. "Offene Baustellen" in den Bereichen Kinderrechte und -gesundheit Volksanwalt Peter Kostelka hält die zentrale Garantie der UN-Kinderrechtskonvention für in Österreich noch immer nicht verwirklicht. Das liege vor allem daran, dass es keine systematische Herangehensweise gebe, um Kinderrechte zu einer politischen Priorität zu machen. Die Etablierung verbindlicher, bundeseinheitlicher Rahmenbedingungen für eine moderne Jugendwohlfahrt halte man für unverzichtbar und längst überfällig, heißt es im Bericht. Im 2009 durch die OECD veröffentlichten Ranking zur Kinder- und Jugendgesundheit rangiere Österreich auf Platz 27 von 30. Was Selbstmordrate, Alkohol- und Nikotinmissbrauch anbelange, liege Österreichs Jugend sogar im Spitzenfeld – Befunde, die Kostelka zufolge auf offene Baustellen im Bereich der Kindergesundheit hinwiesen. Positiv bewerte die Volksanwaltschaft aber die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zum Thema Kinderrehabilitation. Mangelhafte Einbindung von behinderten Menschen in den Arbeitsmarkt Kritik übt die Volksanwaltschaft außerdem an der mangelhaften Einbindung von behinderten Menschen in den österreichischen Arbeitsmarkt: Trotz Einstellungspflicht bestehe kein Anspruch auf Beschäftigung. Arbeit bleibe damit ungerecht verteilt. Nicht einmal jeder vierte Dienstgeber stelle ausreichend Menschen mit Behinderung an, moniert der Volksanwalt, man zahle lieber eine Ausgleichstaxe. Der öffentliche Bereich sei dabei ebenso säumig wie Unternehmen der Privatwirtschaft. Was die kostenlose Autobahnvignette für Behinderte anbelange, gelte es, die diesbezügliche Regelung zu überdenken: Sie stehe derzeit nur Gehbehinderten zu, denen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist. Außerdem muss das Fahrzeug auf den Betroffenen zugelassen bzw. zweitzugelassen sein. Ein Nachtrag einer solchen Zweitzulassung sei allerdings nicht möglich, weshalb in zahlreichen Fällen eine Ab- bzw. Neuanmeldung des Autos erfolgen müsse, die wiederum mit zusätzlichen Kosten verbunden sei. Kritik übt die Volksanwaltschaft auch an der Tatsache, dass die zeitliche Zielvorgabe für die Herstellung von Barrierefreiheit in Bundesgebäuden aus budgetären Gründen um weitere vier Jahre verlängert wurde. Österreich verletze damit seine internationalen Verpflichtungen, die ihm aus der UN-Behindertenkonvention erwachsen, kritisieren die VolksanwältInnen. Pflegereform-Debatte muss initiiert werden Dringend anzugehen gelte es außerdem jene Herausforderungen, die sich im Bereich der Pflege stellten: Die demografische Entwicklung erfordere eine solidarische und langfristige Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit, zeigt sich die Volksanwaltschaft überzeugt. Derzeit würden pflegende Angehörige – und hier vor allem Frauen – mehrfach belastet: Die von dieser Gruppe an die Volksanwaltschaft herangetragenen Beschwerden betreffen unter anderem die Bewilligung einer Ersatzpflege im Falle eines Erholungsurlaubs sowie Möglichkeiten der Mit- bzw. Pensionsversicherung. Unzumutbare Arbeitsbelastung in Krankenhäusern Anlass zur Kritik gibt laut Volksanwaltschaft auch die Arbeitsbelastung österreichischer SpitalsärztInnen: Im Falle von verlängerten Diensten betrage ihre Arbeitszeit bis zu 49 Stunden, in einzelnen Wochen seien sogar bis zu 72 Stunden zulässig. Für die Patientensicherheit stelle diese Situation eine ernsthafte Gefahr dar, zeigt sich die Volksanwaltschaft überzeugt. Die permanente Überforderung des ärztlichen Personals führe außerdem zu Resignation, Mobbing, Burnout und chronischen Erkrankungen. Der Erholungswert der Ruhezeit im Dienst werde außerdem weit überschätzt. Nach Rechtsprechung des EuGH ist eine solche sogar als Arbeitszeit zu bewerten. Die Volksanwaltschaft fordere vor diesem Hintergrund eine rasche Reduktion der durchgehenden zeitlichen Belastung für in Krankenhäusern tätige MedizinerInnen. Darüber hinaus solle der Spitalsbetrieb generell neu organisiert und das medizinische Personal vermehrt von administrativen Aufgaben befreit werden, heißt es im Bericht. Krankenversicherte müssen sich Zahnersatz leisten können Wie zahlreiche Beschwerden bei der Volksanwaltschaft illustrierten, erbringen die österreichischen Krankenkassen bei schwerwiegenden, vergleichbaren Krankheitsbildern, die einen festsitzenden Zahnersatz erfordern, Unterstützungsleistungen in unterschiedlicher Höhe. Es gelte deshalb, eine Vereinheitlichung auf dem Gebiet der Kostenübernahme anzustreben. Des Weiteren wäre der Ausbau ambulanter und stationärer Behandlungszentren für Sonderfälle durch Länder und Krankenkassen geboten. Mit diesen sollten die Krankenkassen sodann eine direkte Abrechnung – unter Einhebung eines zumutbaren Selbstbehalts – vereinbaren, fordern die VolksanwältInnen. Auch Homosexuelle sollen Blut spenden dürfen Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung sind verfassungs- und europarechtlich verboten. Dass man Homosexuellen grundsätzlich einen unreflektierten Lebenswandel und die billigende Gefährdung durch potenziell infektiöses Blut vorwirft, indem man sie von Blut- und Blutplasmaspenden ausschließt, stellt aus Sicht der Volksanwaltschaft eine eklatante Diskriminierung dar, die es zu beseitigen gilt. Probleme in Hinblick auf Rauchverbot und Gastgartenregelung Probleme gebe es bei der Exekution des Rauchverbots in der Gastronomie: Wie die diesbezüglichen Beschwerden bei der Volksanwaltschaft illustrierten, sei man bei keiner anderen Verwaltungsmaterie so sehr auf die Initiative Privater angewiesen, was die Ahndung von Übertretungen anbelange. Auch gegen die mit Sommer 2010 in Kraft getretenen einschneidenden Änderungen der Gastgartenregelung hegt die Volksanwaltschaft Bedenken. Dass Gastgärten mit bis zu 75 Sitzplätzen keiner Genehmigung mehr bedürfen, sei angesichts der Bedürfnisse der Menschen, die in direkter Nachbarschaft zu ihnen leben, kritisch zu betrachten, heißt es im Bericht. Die Volksanwaltschaft fordert, dass alle Gastgärten, die über die genehmigungsfreien Zeiten hinaus betrieben werden sollen, in einem eigenen Betriebsanlagenverfahren individuell geprüft werden, um den notwendigen Nachbarschaftsschutz zu gewährleisten. Dauerbrenner Sachwalterschaft Der Bereich des Sachwalterschaftsrechts war im Berichtszeitraum besonders häufig von Beschwerden betroffen. Oft lägen diesen Klagen falsche Vorstellungen über den Umfang von Sachwalterleistungen zugrunde, hält Volksanwältin Gertrude Brinek fest, die diesbezüglichen Informationsangebote würden deshalb gerne in Anspruch genommen. Derzeit stehen rund 60.000 Personen unter Sachwalterschaft. Die Entwicklungstendenz ist angesichts der demografischen Situation stark steigend, was auch eine Zunahme diesbezüglicher Beschwerden zur Folge hat: Im Berichtsjahr überprüfte die Volksanwaltschaft mehr als 100 vermutete Missstände auf diesem Gebiet. Beklagt werden vor allem fehlender persönlicher Kontakt zum jeweiligen Sachwalter, mangelnde Sorgfalt, unzureichende Versorgung mit finanziellen Mitteln für lebensnotwendige Aufwendungen und finanzielle Ungereimtheiten. Außerdem kritisiere man die Tatsache, dass Angehörigen im Falle der Bestellung eines Sachwalters bei Gericht keine Parteistellung zukommt. Anstieg bei der Zahl der Kindesentführungen ins Ausland Was den Bereich der Obsorge anbelangt, standen vor allem die Tätigkeit der GutachterInnen, die Dauer der Verfahren, Probleme in Hinblick auf die Nichteinhaltung von Besuchsregelungen und die Verbringung von Kindern ins Ausland im Zentrum der Kritik. Wie die einschlägige Statistik zeigt, konnte bei den Fällen, in denen ein Elternteil das Kind ins Ausland entführte, Zuwächse verzeichnet werden (2010: 34 Fälle). Den Plan zur Einrichtung von Schlichtungsstellen für die vorgerichtliche Beilegung von Obsorgestreitigkeiten begrüßt die Volksanwaltschaft. Unterhaltsverfahren sollten außerdem möglichst kurz gehalten werden. Im Rahmen der Prüftätigkeit stoße die Volksanwaltschaft aber immer wieder auf eklatante Verfahrensverzögerungen. Konfliktpotential in den Bereichen Raumordnung und Flächenwidmung Konfliktpotential bestehe außerdem in den Bereichen des Raumordnungsrechts und der Flächenwidmungsverfahren. Ebenfalls an Bedeutung gewonnen haben Fragen der unterschiedlichen Tarifgestaltung kommunaler öffentlicher Einrichtungen und der in diesem Zusammenhang festgestellten Ungleichbehandlungen, führt Volksanwältin Gertrude Brinek im Rahmen des Berichts aus. Dass Grundbuchsgesuche seit Juli 2009 nur noch schriftlich zu Protokoll gebracht werden können, habe zu einer Vielzahl von Beschwerden bei der Volksanwaltschaft geführt. Die neue Rechtslage zwinge die Betroffenen schließlich dazu, die Hilfe eines Notars oder Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, was neben den Gerichtsgebühren zusätzliche Kosten verursache. Kritik an verspäteter Auszahlung von Agrarförderungen Im Rahmen ihrer Prüftätigkeit stellte die Volksanwaltschaft außerdem fest, dass 2010 rund 4.500 landwirtschaftliche Betriebe von einer verspäteten Ausbezahlung von Umweltförderungen, Ausgleichszahlungen und Betriebsprämien betroffen waren. Das führte einen Teil der betroffenen Betriebe in eine existenzbedrohende Situation, zumal auch die AMA nicht rechtzeitig über die Verzögerung informierte. Das in diesem Zusammenhang gewählte Prozedere hält die Volksanwaltschaft für äußerst fragwürdig. Zu lange Asylverfahren, Verfahrensverzögerungen bei Fremdenpolizei Auf die Entwicklung der Beschwerden betreffend den Vollzugsbereich des Asylgerichtshofs möchte Volksanwältin Terezija Stoisits besonderes Augenmerk gelegt wissen: Mit einem Anstieg um 198 Fälle sei es in diesem Bereich schließlich zu einer Verzehnfachung des Beschwerdevolumens gekommen. Die meisten Asylsuchenden beanstandeten dabei die zu lange Dauer ihres Rechtsmittelverfahrens. Wie zahlreiche Prüfverfahren zeigten, blieben viele dieser Verfahren jahrelang unerledigt. Der Asylgerichtshof konnte die ihm übergegebenen "Altlasten" des Unabhängigen Bundesasylsenats nicht vollständig abbauen und auch auf Neuverfahren nur verzögert reagieren. Stoisits spricht in diesem Zusammenhang von langjährigen Versäumnissen der Politik. Kritik übt die Volksanwaltschaft überdies an der Verfahrensdauer bei der Fremdenpolizei: Unverhältnismäßige Verzögerungen im Aufenthaltstitelverfahren seien in jedem Fall zu vermeiden, heißt es im Bericht. Eklatanter Personalmangel im Polizeianhaltezentrum Graz Des Weiteren fordert die Volksanwaltschaft, den Sanitätsdienst des Polizeianhaltezentrums Graz personell aufzustocken, um sicherzustellen, dass er die hohen Anforderungen, die an ihn gestellt werden, erfüllen könne. Die in Folge einer Organisationsreform 2005 durchgeführten Personalkürzungen brächten eine Verschlechterung des Status-quo mit sich, zeigt sich die Volksanwaltschaft überzeugt. Man fordere deshalb den Einsatz von mindestens zwei hauptamtlichen Sanitätsbediensteten im Tagdienst ein. Was den Bereich der Kriminalpolizei anbelange, sei festzustellen, dass zweckdienliche Fahndungsmaßnahmen nicht immer gesetzt bzw. bei Gericht beantragt würden. Die Tatsache, dass man das bestehende Repertoire nicht ausschöpfe, sollte angesichts der zuletzt geforderten Ausweitung der Befugnisse bedenklich stimmen, so das Fazit von Volksanwältin Terezija Stoisits. Zu arm für die Staatsbürgerschaft Die Zahl der Beschwerden betreffend Einbürgerungen hat seit dem Jahr 2006 drastisch zugenommen, wobei vor allem die Voraussetzungen für die Sicherung des Lebensunterhalts beanstandet werden. Dass Behörden seit der Reform 2005 kein Ermessensspielraum bei der Beurteilung der finanziellen Situation zukommt, habe dazu geführt, dass Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, der Zugang zur Staatsbürgerschaft verwehrt bleibe. Nicht zuletzt die Tatsache, dass unter anderem auch anerkannte Flüchtlinge mit (durch Folter erlittenen) Behinderungen keine Chancen auf die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft haben, mache eine Gesetzesänderung dringend erforderlich, heißt es im Bericht. Käme den Behörden – wie vor 2005 – ein Ermessensspielraum zu, könnte im Einzelfall auch Personen, die unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten sind, der Erwerb der Staatsbürgerschaft ermöglicht werden. Länderstreit um kostenloses Kindergartenjahr Beschwerden gab es im Berichtsjahr außerdem über Probleme hinsichtlich des grenzüberschreitenden Kindergartenbesuchs zwischen den Bundesländern Wien und Niederösterreich: Die unterschiedlichen Fördersysteme kollidierten, was zur Folge habe, dass Kinder aus Niederösterreich, die in Wien einen Kindergarten besuchen, nicht vom dort bestehenden Angebot des kostenlosen Kindergartenjahrs profitierten. Die Volksanwaltschaft hält es in diesem Zusammenhang für sinnvoll, jeder Familie zur freien Wahl zu stellen, wo bzw. in welchem Bundesland ihre Kinder das Pflichtkindergartenjahr absolvieren. Seniorenvorteilskarte: Diskriminierung von Männern Der Verfassungsgerichtshof bekräftigte im Dezember 2010 die Kritik der Volksanwaltschaft, wonach eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Vergabe von Seniorenvorteilskarten für Bus- und Bahnkunden bestehe. Die niedrigere Altersgrenze für Frauen in Hinblick auf Tarifermäßigungen könne nicht als soziale Vergünstigung zum Ausgleich einer spezifischen Benachteiligung von Frauen betrachtet werden, heißt es dazu im Bericht. Vor dem Hintergrund der diesbezüglichen europarechtlichen Vorgaben müsse diese Ungleichbehandlung umgehend beendet werden, fordert die Volksanwaltschaft. |
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Informationen: http://www.volksanwaltschaft.gv.at/ | ||
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