Orbán: Die Ratspräsidentschaft hat die meisten Aufgaben gelöst   

erstellt am
19. 05. 11

Die Europäische Union hat während der Ratspräsidentschaft Ungarns auf dem Gebiet der Reform der Wirtschaftsregierung einen großen Schritt nach vorn getan.
Brüssel (ec.europe) - Viktor Orbán war der Meinung, dass die Europäische Union sich gegenwärtig in einer besseren Lage befinde als vor fünf Monaten. Am Ende der ungarischen Ratspräsidentschaft werde voraussichtlich auch der erforderliche Regulierungsrahmen zur Verfügung stehen. Orbán bekräftigte, dass die Ratspräsidentschaft werde alles unternehmen, um bis Ende Juni mit dem Europäischen Parlament in den noch offenen Fragen, vor allem im Hinblick auf die sechs Rechtsnormen zur Stärkung der Wirtschaftskoordinierung und die Stabilität des Euro, eine Einigung zu erreichen. Die Europäische Union sehe – unter anderem wegen Auswirkungen der internationalen Wirtschaftskrise – nach wie vor großen Herausforderungen entgegen, betonte Viktor Orbán. Die Verstärkung der Wirtschaftskoordinierung sei die beste Antwort darauf. In der zu diesem Thema geführten Diskussion stimmte der ungarische Regierungschef darin überein, dass in vielen Ländern der möglichst wirksame Schutz der eigenen Volkswirtschaft als erste Reaktion auf die Tagesordnung gesetzt worden sei, gegebenenfalls sogar durch Beschränkungen begleitet. Orbán hält jedoch die Gefahr des Protektionismus derzeit für geringer als im Zeitraum unmittelbar nach Beginn der Krise. Ein halbes Jahr später habe man auch in diesen Ländern eingesehen, dass die gemeinsame Antwort der effizientere Weg ist, unterstrich er.

Mehr Beschäftigung für die Wettbewerbsfähigkeit
Der ungarische Ministerpräsident betonte, dass die EU in der Beschäftigung rasche Ergebnisse erzielen müsse. Die gegenwärtige Quote von 65 Prozent dürfe nicht das Ende sein, sie müsse so schnell wie möglich auf mindestens 75 Prozent erhöht werden, wenn die EU wettbewerbsfähig bleiben will. Dafür sei eine entsprechende politische Steuerung erforderlich. Inmitten der neuen Herausforderungen müsse auch die politische Führung neue Fähigkeiten entwickeln, unter anderem für eine bessere Steuerung der Wirtschaft.

Mitteleuropa verfügt über das höchste Wachstumspotenzial
Viktor Orbán wies auch darauf hin, dass das sich erhöhende deutsche Wirtschaftswachstum in der mitteleuropäischen Region eine günstige Situation schafft. Alle Regionen der EU können an diesem Wachstum teilhaben, fügte er hinzu. Innerhalb der Europäischen Union sei Mitteleuropa in der Lage, sich in Kooperation mit der deutschen Wirtschaft am raschesten zu entwickeln. Um diese Möglichkeit auszuschöpfen sei es jedoch auch erforderlich, dass die Regierungen der Region im Stande sind, ihre Länder und die Wirtschaft zu erneuern. Die Erneuerung und Umstrukturierung Ungarns geht mit gewaltigen Diskussionen einher, macht aber gute Fortschritte, hielt Viktor Orbán fest.

Die Region bedürfe der Modernisierung, es müsse aber auch berücksichtigt werden, dass sie über bedeutende traditionelle Industriekapazitäten verfügt. Eine der größten Herausforderungen, die den mitteleuropäischen Ländern bevorsteht, sei die doppelte Struktur der Wirtschaft. Um dies zu bewältigen, müssten die kleinen und mittleren Unternehmen gefördert werden.

Leistung der ungarischen Ratspräsidentschaft gelobt
Auf dem Gipfeltreffen in Brüssel würdigten zahlreiche Teilnehmer die bisherige Leistung der ungarischen Ratspräsidentschaft. Vincent van Quickenborne, der für Unternehmen und Rationalisierung verantwortliche belgische Minister ging darauf ein, dass die ungarische Ratspräsidentschaft gewaltige Arbeit im Interesse der Ausarbeitung des Pakets der sechs Rechtsnormen geleistet hat.

Viktor Orbán sagte nach dem Treffen, dass er sich darüber freue, dass Ungarn Gast eines neuen europäischen Forums sein konnte, das die Leistung des Landes in Bezug auf die Ratspräsidentschaft „geschätzt, anerkannt, vielleicht sogar zu sehr gelobt hat“. Das vergangene Halbjahr sei für die EU ein kritischer Zeitraum gewesen. Es habe viel daran gelegen, wie das Land die Europäische Union führen kann, meinte er. Auch diese Konferenz habe bewiesen, dass die Ratspräsidentschaft die meisten Aufgaben gelöst hat.

Der Ministerpräsident verkündete, dass er sich im Rahmen des Brüsseler Programms auch mit José Manuel Durão Barroso, dem Präsidenten der Europäischen Kommission, treffen werde. In diesem Zusammenhang betonte er, dass die sechs Rechtsnormen ein Thema sein werden. Orbáns Beurteilung nach könne die Arbeit in dieser Angelegenheit mit Erfolg abgeschlossen werden. Er erwähnte, dass von den rund zweitausend Änderungsvorschlägen des Europäischen Parlaments bereits jene ausgewählt worden seien, in deren Fall Kompromisse geschlossen werden könnten. Diese Kompromisse müssten mit den Ministerpräsidenten der anderen EU-Länder und dem EP unter Dach und Fach gebracht werden. Eine Regierung könne in Brüssel in Sache der Wirtschaftsregierung nicht erfolgreich sein, wenn sie im eigenen Land scheitert. Aus diesem Grund sei es besonders wichtig, dass die ungarische Wirtschaft in den vergangenen Monaten immer bessere Ergebnisse aufweist.

Der Europäische Geschäftsgipfel (EBS) ist eines der höchstrangigen Foren für Leiter des europäischen Geschäftslebens und Entscheidungsträger der EU. Der Gipfel am 18. und 19. Mai ist bereits der neunte seit dem Bestehen der Initiative.

Beitritt Kroatiens – die ungarische Ratspräsidentschaft hat gut gekämpft
Zu den Beitrittsverhandlungen mit Kroatien sagte er, dass Ungarn in dieser Sache als Ratspräsidentschaft gut gekämpft habe, jedoch noch Hindernisse bestünden, die in den paar Wochen bis zum Ende der Ratspräsidentschaft ausgeräumt werden müssten. Selbst wenn es nicht gelingen sollte, die Verhandlungen abzuschließen, bestünde kein großes Problem, da die Ratspräsidentschaft den Großteil der Arbeit auf diesem Gebiet bereits ausgeführt habe. Für die Zeit nach Juni blieben dann höchstens noch technische Aufgaben. Die politischen Entscheidungen seien hingegen bereits gefällt.

Schengen – der geringste Fortschritt

Als schwieriger beurteilte Viktor Orbán die Frage der Erweiterung des Schengen-Raums, da es – wie er ausführte –schwer sei, die Angelegenheit von der Frage zu trennen, was mit den Einwanderern aus dem Süden geschehen solle, mit besonderer Hinsicht auf die Wirtschaftsmigranten. Orbán war der Ansicht, dass die EU in der vergangenen Zeit auf diesem Gebiet die geringsten Fortschritte erreicht habe, obwohl die Ratspräsidentschaft hier die meiste Energie investiert hat, in erster Linie im Zusammenhang mit dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens. Hier seien sogar noch negative Entwicklungen vorstellbar, brachte der Ministerpräsident zum Ausdruck, wobei er betonte, dass die gesamte Visumliberalisierungspolitik der EU unter Druck stünde.
     
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