Wien (oenb) - Nach dem krisenbedingten, starken Rückgang war im Jahr 2010 eine Konsolidierung der österreichischen
Direktinvestitionsaktivitäten zu beobachten. Österreichische Direktinvestoren haben im Jahr 2010 8,2
Mrd Euro vorwiegend dafür eingesetzt, vorhandene Beteiligungen zu stärken und ihr bestehendes Investitionsportfolio
abzurunden. Knapp die Hälfte der investierten Mittel floss in Form von Eigenkapital ins Ausland, 3,5 Mrd Euro
wurden in Form nicht entnommener Gewinne im Ausland investiert und die Kreditgewährung an ausländische
Konzerngesellschaften belief sich netto auf eine halbe Milliarde Euro. Umgekehrt haben ausländische Geldgeber
die finanzielle Basis ihrer österreichischen Beteiligungen im selben Zeitraum um 5,0 Mrd Euro aufgestockt.
Auch in diesem Fall entfiel annähernd die Hälfte des Kapitals auf die Eigenkapitalzufuhr. Die vorläufige
Schätzung der reinvestierten Gewinne belief sich auf 2,7 Mrd Euro und die konzerninternen Kredite wurden um
eine viertel Milliarde Euro zurückgeführt.
Im Vergleich zum Vorjahr bedeuten die Ergebnisse der Zahlungsbilanz 2010 eine Belebung der aktiven Direktinvestitionen
und eine Stagnation auf der Passivseite. Das Ergebnis für die „Direktinvestitionen im weiteren Sinne“ war
sogar deutlich negativ, da sich im Berichtszeitraum eine auslandskontrollierte Holdinggesellschaft ohne wirtschaftliche
Aktivitäten in Österreich (sog. Special Purpose Entity) mit Auslandsaktiva und -passiva von mehr als
20 Mrd Euro aus Österreich zurückgezogen hat.
Die regionale Streuung der aktiven Direktinvestitionen war 2010 sehr breit; in 25 verschiedene Länder wurden
jeweils mehr als 100 Mio Euro investiert. An der Spitze lag die Türkei mit Investitionen von 1,3 Mrd Euro,
wobei die Übernahme der Petrol Ofisi durch die OMV das herausragende Ereignis darstellte. Zypern, das häufig
als Standort für Investitionen aus oder nach Osteuropa dient, lag mit 870 Mio Euro auf dem zweiten Platz.
An dritter Stelle folgte mit 790 Mio Euro Ungarn, eines der traditionellen Ziele heimischer Investoren. Relativ
viele neue Engagements gab es in Russland, wo 2010 660 Mio Euro investiert wurden. Der ähnlich hohe Betrag
gegenüber Südafrika beruht hingegen vor allem auf der Rückzahlung konzerninterner Kredite. Mehr
als eine halbe Milliarde Euro wurde schließlich auch noch in der Schweiz und in Rumänien investiert.
Bei der Herkunft der ausländischen Direktinvestitionsmittel dominierte 2010 ein Eigenkapitalzuschuss von 2
Mrd Euro, den die Bank Austria von ihrer italienischen Muttergesellschaft erhalten hatte. Daneben beobachtete
die OeNB vor allem massive Umschichtungen konzerninterner Kredite, wobei hohe Zuflüsse aus Großbritannien
durch Abflüsse nach Frankreich, den USA und Italien kompensiert wurden. Die genannten Verschiebungen haben
keineswegs mit geänderten Kontrollstrukturen der österreichischen Wirtschaft zu tun und sind auch nicht
mit Gründung und Beendigung wirtschaftlicher Aktivitäten gleichzusetzen.
Für eine Konsolidierung der Direktinvestitionen auf tieferem Niveau spricht auch die Zahl der gemeldeten Investitionen.
Wie schon 2009 gab es rund 1.000 Investitionen Österreichs im Ausland und rund 350 Investitionen des Auslands
in Österreich.
Die Branchengliederung zeigt aktivseitig neben der bereits erwähnten Großinvestition die üblichen
Investitionen im Finanzsektor (einschließlich Versicherungen und Leasing) und im Handel. Vereinzelte, aber
durchaus erwähnenswerte Engagements wurden im Energiesektor, der Telekommunikationsbranche, im Maschinenbau,
der Papierindustrie, der Baustoffindustrie und im Transportsektor registriert. Neben dem dominanten Bankensektor
verzeichnete die Statistik größere Investitionen in der Bauwirtschaft, z.B. den Wiedereinstieg des russischen
Investors Deripaska bei der Strabag, im Telekomsektor sowie im Mineralölsektor und seinen nachgelagerten Sektoren
vom Handel über die Chemie- bis hin zur Pharmaindustrie. |