Wirbel um Ehrenbürgerschaft  

erstellt am
26. 05. 11

Hitlers Ehrenbürgerschaft vom Gemeinderat widerrufen
Amstetten (stadt) - Aufgrund einer Presseaussendung eines Grünen-Gemeinderates bezüglich der im Jahr 1939 verliehenen Ehrenbürgerschaft berichteten fast alle Medien (inkl. ORF) darüber. Daher veranlasste Amstettens Bürgermeister Herbert Katzengruber mittels Dringlichkeitsantrag die Widerrufung durch den Gemeinderat. Im Vorfeld wurden von einigen Medien auch unrichtige Informationen übernommen, denn Amstetten hat seine Vergangenheit aufgearbeitet und nicht verschwiegen. Es gibt z.B. zahlreiche Publikationen, in denen über das Nazi-Regime der Jahre 1938 - 1945 schonungslos und offen informiert wurde. Mitte der 1990er-Jahre gab es schon einmal eine derartige Diskussion bezüglich Aberkennung der Ehrenbürgerschaft des größten Verbrechers aller Zeiten, doch Meinungen von Verfassungsjuristen und Historikern, dass mit dem Tod die Ehrenbürgerschaft automatisch erlischt, führten zu keinen weiteren Aktivitäten des Gemeinderates. Diese Meinung wird im übrigen auch heute noch von Juristen und in etlichen Gemeinden und Städten vertreten. Der Verfassungsexperte Prof. Dr. Theo Öhlinger meinte am 24. Mai in der ZiB 2 jedoch, dass bei Personen, die nachweislich keine Ehre über eine Stadt oder Gemeinde brachten, durch einen symbolischen Akt eine Aberkennung oder Widerrufung ein entsprechendes Signal sei.

Der Gemeinderat der Stadt Amstetten hat in seiner Sitzung am 24. Mai mit großer Mehrheit (2 Mandatarinnen der FPÖ enthielten sich der Stimme) den Widerruf der Ehrenbürgerschaft von Adolf Hitler beschlossen.

 

 Jarolim: Neues skandalöses Beispiel für mangelnde Abgrenzung der FPÖ zum braunen Rand
Prüfung auf Wiederbetätigung vorstellbar
Wien (sk) - "Eine unfassbare und in der Dimension nicht erwartbare Entgleisung unakzeptabelster Natur", bezeichnete SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim die Stimmenthaltung der FPÖ bezüglich eines Antrags auf Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers in Amstetten. "Mit diesem unerträglichen Verhalten der beiden FPÖ-Gemeinderäte, das auch noch von der FPÖ-Bundespartei, allen voran Generalsekretär Kickl, unterstützt wird, zeigt sich einmal mehr, dass es der FPÖ offenbar absichtlich nicht gelingen will, sich vom braunen Rand zu distanzieren und zu den Verbrechen der Vergangenheit eine einer aufgeklärten Demokratie auch nur ansatzweise entsprechende Haltung einzunehmen." Jarolim regt an, dass geprüft werden sollte, ob die beiden Gemeinderäte mit ihrer Stimmenthaltung und der vorgebrachten Begründung für diese im Sinne der Wiederbetätigung strafbar wurden.

Jüngstes Beispiel war das "Totengedenken" am Wiener Heldenplatz anlässlich des Jahrestags der Kapitulation Hitler-Deutschlands. Heuer warb auch die Neonazi-Seite "alpen-donau.net" für die Veranstaltung - mit eindeutigen Querverweisen auf Hitler. "Im letzten Augenblick erst sagte Strache seinen dort geplanten Auftritt mit einer dubiosen Begründung ab", erinnerte Jarolim. "Ich denke auch an den Vorarlberger FPÖ-Obmann Dieter Egger, der Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, einen 'Exil-Juden aus Amerika' nannte. Oder daran, dass sich im Wahlkomitee des FPÖ-EU-Abgeordneten Andreas Mölzer neben Prominenz aus dem rechtsextremen Lager der Neonazi Karl Polacek befand. Oder an die Tatsache, dass es laufend Verurteilungen vor allem von Mitgliedern des RFJ im Zusammenhang mit Hitler- und Waffen-SS-Verehrung gibt", betonte Jarolim.

"Die Liste an solchen und ähnlichen Vorfällen wie in Amstetten, die das Liebäugeln der FPÖ mit dem Rechtsextremismus und seinen Unwerten aufzeigen, jedenfalls aber eine Unfähigkeit, sich von diesem ausreichend abzugrenzen, ist lang", sagte Jarolim. Dass sich der steirischen FPÖ-Chef Gerhard Kurzmann und der Schweizer Werbefachmann Alexander Segert wegen Verhetzung im Zusammenhang mit dem Online-Spiel "Moschee baba" wie heute bekannt wurde vor Gericht verantworten müssen, sei ein weiteres Beispiel dafür.

"Die Stimmenthaltung über die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Hitlers reiht sich ein in eine Kette an untragbaren blauen Anbiederungen an das braune Lager und Gedankengut. Der Rücktritt der beiden Amstettener FPÖ-Mandatare und eine Entschuldigung Straches ist das Mindeste, das hier - neben der Prüfung, ob ein strafrechtlicher Tatbestand gegeben ist - angebracht ist. Eine Zukunft des Landes mit derartigen Personen und Gedanken ist schlicht nicht möglich, was erfreulicherweise im zunehmenden Ausmaß auch durch weniger kritische Personen so wahrgenommen wird", schloss Jarolim.

 

Offener Brief von Lukas Mandl an Heinz-Christian Strache
Wer sich zur Aberkennung einer Ehrenbürgerschaft von Hitler der Stimme enthält, müsse auf das Mandat verzichten und gehöre aus der FPÖ ausgeschlossen, so Mandl
Wien (öaab) - Sehr geehrter Herr Parteiobmann! Wenn das Unfassbare tatsächlich stimmt, dass Mandatarinnen und Mandatare der FPÖ sich ihrer Stimmen enthalten haben, als es um die Aberkennung einer Gemeinde-Ehrenbürgerschaft von Adolf Hitler ging, dann muss die FPÖ Konsequenzen ziehen.

Stimmt es, dass Martha Harreiter, Brigitte Kashofer, Gernot Huber, Norbert Kunz und Bruno Weber Gemeinderätinnen und Gemeinderäte der FPÖ sind? Stimmt es, dass die genannten Personen sich bei der Abstimmung zum Antrag auf Aberkennung der Ehrenbürgerschaft von Adolf Hitler ihrer Stimmen enthalten haben? War eine oder waren mehrere der genannten Personen in der Sitzung entschuldigt oder waren alle anwesend? Sind alle oder einige der genannten Personen auch Parteimitglieder der FPÖ?

Welche Maßnahmen setzt die FPÖ, um jene ihrer Mandatarinnen und Mandatare, die auf den oben genannten Antrag mit einer Stimmenthaltung reagiert haben, zu einem Mandatsverzicht zu bewegen? Das wäre im Interesse des Ansehens Österreichs. Welche Maßnahmen setzt die FPÖ, um die betreffenden Mandatarinnen und Mandatare aus der Partei auszuschließen, sofern sie Mitglieder sind? Das ist das Mindeste, was von der FPÖ als Teil einer demokratischen Republik und eines liberalen Rechtsstaats zu verlangen ist.

Herr Strache, beim so genannten "Totengedenken" auf dem Heldenplatz haben Sie noch so getan, als würden Sie gar nicht dazu gehören, was Ihnen postwendend auch Kritik von Ihren Leuten eingebracht hat. Doch jetzt ist die Sachlage noch klarer, weil das Abstimmungsverhalten anno 2011 offen daliegt. Und jetzt wurde mitten in Ihrer Partei, für die Sie die Verantwortung tragen, ein wahrer Schandfleck aufgedeckt. Jetzt können Sie sich nicht aus der Affäre ziehen. Jetzt müssen Sie handeln.

Zur Erinnerung:

Adolf Hitler stand an der Spitze des nationalsozialistischen Verbrecherstaats, er ist als blindwütiger Kriegstreiber und als schlimmster aller Massenmörder in die Geschichte eingegangen, er hat Schande über sein Geburtsland Österreich gebracht. Die Republik selbst und die Mehrzahl der Familien in unserem Land tragen noch heute Wunden, die auf das wahnsinnige Treiben von Hitler und seinen Schergen zurückgehen. Man kann sich nicht einer Meinung über Adolf Hitler "enthalten", schon gar nicht als gewählte Mandatarin oder gewählter Mandatar. Damit ist auch klar, dass pseudo-juristische Ausflüchte nur peinliche Versuche sind, das Fehlverhalten zu kaschieren. Denn wenn eine solche Abstimmung ansteht, dann ist klar, wie sich ein anständiger Mensch zu verhalten hat. Vielleicht sollten Sie das in ihrer Parteiakademie lehren lassen, um Fällen wie dem jüngsten vorzubeugen.

Mit freundlichen Grüßen,

LAbg. Mag. Lukas Mandl Generalsekretär des Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes ÖAAB in der ÖVP

 

Kickl: Hitler-Debatte wirft bezeichnendes Licht auf Politik der Grünen
Haben in Österreich drängendere Probleme als die Aufhebung nicht mehr existenter Ehrenbürgerschaften
Wien (fpd) - FPÖ-Generalsekretär NAbg. Herbert Kickl übt scharfe Kritik an der Polit-Inszenierung der Grünen um nicht mehr existente Ehrenbürgerschaften für Adolf Hitler und andere hochrangige Nazis: "66 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Nazi-Herrschaft eine derart überflüssige Debatte anzuzetteln, zeigt deutlich, dass die Grünen in der Vergangenheit und vor allem von der Vergangenheit leben. Für die drängenden aktuellen Probleme Österreichs haben sie mangels Kompetenz nichts über", so Kickl.

Es sei völlig klar, dass alle Ehrenbürgerschaften mit dem Tod ihrer Träger abgelaufen seien. Es bedürfe dazu keiner gesonderten Beschlüsse, weshalb auch die Stimmenthaltung der FPÖ-Gemeinderäte in Amstetten völlig nachvollziehbar sei. "Wenn die anderen Parteien meinen, sie müssten sich von den Grünen vor sich hertreiben und mit medialer Unterstützung zum Affen machen lassen, dann ist das ihr Problem", hält Kickl fest. Politische Hinterbänkler der Regierungsparteien sollten sich ihre Ratschläge an die Justiz und ihre besorgten Briefe sparen. "Sie sollen einmal in sich gehen und sich genauso wie viele Journalisten die Frage stellen, welchen Imageschaden sie für Österreich und insbesondere für Amstetten hier produzieren." An die Grünen gerichtet sei diese Aufforderung jedoch zwecklos, weiß Kickl: "Bei dieser Partei ist die Österreich-Beschimpfung ja Programm."

 

Ebner erschüttert über Geisteshaltung innerhalb der FPÖ
Das BZÖ ist froh, mit solchen Personen nichts zu tun zu haben.
Wien (bzö) - "Dass die FPÖ gegen die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers in Amstetten gestimmt hat, zeigt einmal mehr welche Geisteshaltung in dieser Partei herrscht. In der Strache-FPÖ gibt es offensichtlich immer noch Vertreter, die mit dem Nazi-Verbrecherregime sympathisieren. Es ist absolut widerlich, wie hier einige Mandatare eine Ideologie huldigen, die Millionen von Menschen das Leben gekostet hat. Das BZÖ ist froh, mit solchen Personen nichts zu tun zu haben. Während in der Strache-FPÖ noch immer einige Leute eine abscheuliche Vergangenheitsglorifizierung betreiben, macht das Bucher-BZÖ Zukunftspolitik für die Mittelschicht und die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land", so BZÖ-Generalsekretär Mag. Christian Ebner, der das Abstimmungsverhalten der FPÖ schärfstens verurteilt.

 

 Öllinger: Auch andere Gemeinden haben noch Naziehrenbürgerschaften
Die FPÖ Amstetten ist im Jahr 1945 steckengeblieben
Wien (grüne) - "Ich hoffe, dass es nicht bei diesem Beschluss alleine bleibt", so reagierte der Abgeordnete der Grünen, Karl Öllinger, auf die durch den Gemeinderat von Amstetten beschlossene Aberkennung der Ehrenbürgerschaft für Adolf Hitler. Öllinger hat auf der Seite "Stopptdierechten.at" noch einige andere Gemeinden angeführt, von denen bekannt ist, dass sie Adolf Hitler oder anderen mehr oder minder bekannten Nazigrößen die Ehrenbürgerschaft verliehen haben. "Waidhofen/Ybbs, Kufstein/Tirol und Schalchen im Innviertel haben sich bisher geweigert, Hitler die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen. Mauterndorf im Lungau hält an der Ehrenbürgerschaft für Hermann Göring fest und einige andere Gemeinden gibt es auch noch, die Handlungsbedarf haben", so Öllinger. Für Öllinger ist das Argument, die Ehrenbürgerschaft erlösche ohnehin mit dem Tod des Betroffenen, absolut nicht stichhaltig: "Ehrenbürger werden doch - in den meisten Fällen völlig zu Recht - in die Auslage gestellt, in Chroniken oder bei Jubiläen gewürdigt. Auf Ehrenbürger ist man stolz oder man gesteht sich den Irrtum ein - dann ist es aber höchste Zeit, das nach mehr als 60 Jahren zu tun".

Im Fall Amstetten hält Öllinger darüber hinaus fest, dass es im Gemeinderat keine Stimmenthaltung gibt. "Der Bürgermeister hat vor der Abstimmung nochmals klar darauf hingewiesen, dass es keine Stimmenthaltung gibt sondern nur eine Pro oder Contra-Abstimmung. Das heißt, die FPÖ hat nach den Regeln der Gemeindeordnung klar gegen die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft für Adolf Hitler gestimmt. Wir fordern daher FPÖ-Obmann Strache auf, zu seinen Freunden in Amstetten Stellung zu nehmen", so Öllinger und erläutert weiter: "Diese ganze Aktion passt gut zum sonstigen Erscheinungsbild der FPÖ Amstetten. Die Partei wird von einer Frau angeführt, die 1995 aus der FPÖ und der AUF, ihrer Personalvertreterliste, wegen rechtsextremistischer Positionen ausgeschlossen wurde".

Es sei auch bezeichnend, so Öllinger, dass die FPÖ Amstetten ihre angebliche Stimmenthaltung damit begründe, dass die Direktive 38 des Alliierten Kontrollrates im Jahr 1946 ohnehin die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft vorsehe. Öllinger: "Die FPÖ Amstetten hat offensichtlich bis heute nicht mitbekommen, dass der Alliierte Kontrollrat in Deutschland eingerichtet war. In Österreich gab es einen Alliierten Rat - der hat aber keine Direktive 38 erlassen. Die FPÖ ist mit ihrem Geschichtsbild im Jahr 1945 steckengeblieben".

Von der Stadtgemeinde Amstetten wünscht sich Öllinger, dass sie jetzt auch das andere offene Problem, nämlich die Ehrenbürgerschaft für Paul Scherpon, angeht.
 
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