Steuersystem / ÖBB-Verkauf?  

erstellt am
06. 06. 11

Fekter zum Steuersystem: Weniger, einfacher, leistungsgerechter
Im Interview mit der Tageszeitung "Österreich" erklärt Finanzministerin Maria Fekter, wo sie bei der Sanierung des Budgets und beim Steuersystem ansetzen will.
Wien (övp-pd) - ÖVP-Chef Michael Spindelegger hat Finanzministerin Maria Fekter mit der Neugestaltung des Steuersystems beauftragt. Die Vorgaben dabei sind klar: Weniger Steuern, einfacheres und leistungsgerechteres Steuersystem, Entlastung der Familien. Im Interview mit der Tageszeitung "Österreich" geht Fekter dabei sehr weit: Sie kann sich eine Kombination aller in Österreich denkbaren Abgaben von Steuer bis Sozial- und Krankenversicherung vorstellen. Sogar eine „Flat-Tax“ will sie diskutieren.

Mit immer neuen Schulden will die neue Finanzministerin Schluss machen. Das gilt auch für die ÖBB. Fekter: „Für das Schuldenmachen im operativen Geschäft gibt es von mir keinen Euro mehr!“ Stattdessen kann sie sich sogar vorstellen, die ÖBB zu privatisieren.

 

 Horner: ÖBB-Staatszuschüsse müssen Fahrgästen dienen
Moderne Mobilität für die Menschen ist das Thema, nicht Profit für private Investoren
Linz (sp-ooe) - Die jüngste Wortmeldung von Finanzministerin Maria Fekter zu den ÖBB geht am Thema vorbei und sorgt in Oberösterreich für große Skepsis. "Es geht um freie Mobilität für die Menschen in unserem Land. Jeder der sich mit dem Thema Eisenbahn als Mittel der Mobilität, des Umweltschutzes, der leistbaren Bewältigung der Arbeitswege für Pendler usw. seriös auseinander setzt, weiß, dass solche Transportsysteme ohne staatliche Zuschüsse nicht gewährleistet werden können. Man kann daher nicht so tun, als wäre ein modernes, gut ausgebautes Schienennetz samt zeitgemäßen, fahrgastgerechten Fahrzeugen ohne öffentliches Geld machbar. Das ist ein Märchen der Fans des Verschleuderns des öffentlichen Eigentums", stellt Christian Horner, Landesgeschäftsführer der SP OÖ, fest.

Man dürfe auch nicht übersehen, dass unter Schwarz - Blau in den ÖBB ein organisatorisches und wirtschaftliches Chaos angerichtet wórden sei. Die damals gemachten Fehler und die damals tätigen ÖBB-Verantwortlichen wie Huber und Söllinger hätten durch Misswirtschaft, Zukaufsfehlentscheidungen wie in Ungarn und Spekulationen viel zu den aktuellen Problemen der ÖBB beigetragen. "Das waren alles Vertreter der Privatwirtschaft, Fans von Privatisierungen und Überzeugungstäter in Sachen Spekulationen für Zwecke der Unternehmensfinanzierung. Finanzministerin Fekter kommt auch aus dieser Philosophiegruppe", kritisiert Horner.

Staatszuschüsse für Eisenbahnen seien daher eine schlichte Notwendigkeit in hochentwickelten Wirtschaftsstandorten. "Daher steht auch die Frage im Mittelpunkt, ob es sinnvoll wäre Steuergeld dafür einzusetzen, dass private Geldgeber für Investitionen auch Dividenden usw. erhalten. Aus unserer Sicht ist das nicht sinnvoll. Für die Fahrgäste und die Beschäftigten in den ÖBB ist es allemal besser, andere Wege zu finden. Für die SP in OÖ zählt jedenfalls ein gutes Angebot für die Fahrgäste zur Entlastung der Umwelt, der Menschen an den Straßen, um nur wenige Beispiele zu nennen, mehr, als Besitzinteressen privater Investoren. Öffentliches Geld muss den Fahrgästen dienen", macht Christian Horner deutlich.

 

Deimek: Fekters Vorschlag ohne Konzept
Gesundung der ÖBB nur über nachhaltige Entflechtung von der bisher betriebenen Parteibuchwirtschaft möglich
Wien (fpd) - In Bezug auf die Aussagen von ÖVP-Finanzministerin Fekter, die ÖBB zu privatisieren, meint FPÖ- Verkehrs- und Infrastruktursprecher NAbg. Gerhard Deimek: "Wer sich zu dieser Ansage ein passendes Konzept erwartete, der wurde enttäuscht. Anstatt konstruktive Vorschläge zu präsentieren, beließ sie es bei markigen Sprüchen. Zwar solle das "Werkl" endlich funktionieren, doch Geld für nötige strukturelle Reformen soll es keines geben. Dafür soll es an die Deutsche Bahn verschleudert werden."

"Bei den ÖBB handelt es sich um den Leitbetrieb im Bereich der Logistik und des Transportwesens. Dass Fekter die Bundesbahnen lässig als 'Werkl' bezeichnet, zeugt entweder von mangelhafter Kompetenz oder unangebrachtem Zynismus", kritisiert Deimek. Schließlich zählten die ÖBB trotz aller - nicht zuletzt von schwarzen Parteigängern verursachten - Probleme zum Tafelsilber der Republik.

Der geplante Abgang des Unternehmens wird dieses Jahr bei 40 Millionen Euro liegen. Der Löwenanteil rührt aus der verpatzen und in Kriminalität versumpften Übernahme der ungarischen Güterbahn. "Eine zukunftssichernde strategische Übernahme wurde von den Herren Reithofer, Huber, Macher und Riessland in ein hunderte Millionen Euro schweres Finanzgrab verwandelt. Ihr Beispiel zeigt, dass die Gesundung der ÖBB nur über eine nachhaltige Entflechtung von der bisher betriebenen Parteibuchwirtschaft erfolgen kann", ist sich Deimek sicher.

Die oberösterreichische VOEST biete das beste Beispiel für einen Leitkonzern, der durch die Einmischung der Politik in einen kostspieligen Dornröschenschlaf versetzt wurde. Innerhalb kurzer Zeit habe sich die VOEST nach ihrer Umstrukturierung in einen Wirtschaftsmotor für die ganze Region verwandelt. Ein erstrebenswertes Szenario, das, davon ist Deimek überzeugt, auch im Bereich der ÖBB in greifbarer Nähe liegen könne: "Binnen fünf Jahren können die ÖBB denselben Wandel durchmachen. Aber dazu muss sich die Politik von der Maxime verabschieden, auch noch über die letzte Gleisschraube mitbestimmen zu wollen."

Seltsam erscheine, warum Fekter ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt mit einer Privatisierung des Unternehmens liebäugelt. Die aktuellen Probleme um die Übernahme der MAV Cargo und strukturelle Defizite stünden einem angemessenen Erlös im Weg. Die ÖBB würde für den Steuerzahler zu einer zweiten AUA. Nur, dass diesmal die Deutsche Bahn und nicht die Lufthansa die glückliche beschenkte wäre. "Von der ASFINAG bis zum Verbund und zur OÖ Thermenholding gäbe es genug zu privatisieren", schlägt der freiheitliche Verkehrssprecher vor, der sich im Parlament eine klare Stellungnahme der SPÖ zu den Vorstellungen der Finanzministerin erwartet. "Gravel is not transportation", schließt der Abgeordnete in der Wortwahl der Ministerin.

 

Ebner: Fekter springt auf BZÖ-Zug auf
Schienen sollen im Eigentum der Republik bleiben, der Güter- und Personenverkehr soll von privaten Unternehmern betrieben werden
Wien (bzö) - "Spät, aber doch springt nun auch Finanzministerin Fekter auf den BZÖ-Zug in Richtung Privatisierung der ÖBB auf". Mit diesen Worten kommentierte BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner die "problemlose Lockerheit" Fekters, die ÖBB zu privatisieren.

"Es muss nun zu einer raschen Privatisierung der ÖBB kommen. So sollen aber die Schienen im Eigentum der Republik bleiben, der Güter- und Personenverkehr jedoch von privaten Unternehmern betrieben werden, denn diese könnten das besser als eine staatliche Kolchose", erklärte Ebner.

Der ÖBB würden jährlich bis zu sieben Milliarden Euro Steuergeld nachgeworfen. "Derzeit zahlt jeder Österreicher jährlich 2.500 Euro an die ÖBB, ohne ein einziges Mal mit der Bahn gefahren zu sein. Die Bürger haben für das rote Gewerkschaftsunternehmen genug gezahlt. Die ÖBB müssen daher aus der Geiselhaft der roten Gewerkschaft befreit und endlich zu einem kundenorientierten und wettbewerbsfähigen Unternehmen gemacht werden", forderte Ebner.

 

 Moser: Fekter lenkt von Ursachen der ÖBB-Misere ab
Schwarz-blau-rote Misswirtschaft, Skandale und Riesenprojekte erdrücken die Bahn
Wien (grüne) - "Ministerin Fekter sollte lieber vor der eigenen Tür kehren, denn die ÖVP hat maßgeblich zur ÖBB-Misere beigetragen: mit Bahnreform, Filetierung, Spekulationschaos, dem überteuerten MAV-Cargo-Erwerb - an dem Raiffeisen gut verdient - und mit megateuren sachlich und moralisch überforderten schwarzblauen Bahnmanagern. Hier aufzuräumen und ÖVP-nahen Nehmern weitere Großzügigkeiten zu versagen wäre ein guter Anfang", so Moser. Laut Moser hat Finanzministerin Fekter mit ihren sinnfreien taktisch-ideologischen ÖBB-Geprügle ihre völlige Inkompetenz als Verwalterin von Volksvermögen und Steuergeldern unter Beweis gestellt. Wenn sie sich für jede Infrastrukturinvestition stark macht und meint, man könne die ÖBB mit allen Skandalen und Multi-Milliarden-Schulden "locker" privatisieren, steht sie genauso neben dem Gleis wie ihre Parteifreunde Lopatka und Kukacka.

"Sinnlose Mega-Tunnels wie Koralm- oder Brennerbasistunnel einsparen bringt mehr als jede Privatisierung. Wenn Fekter will, dass das 'Werkl wieder läuft', muss sie diese Megaprojekte mit wenig Verkehrsnutzen überdenken und die ÖBB so vom dadurch ausgelösten Schuldenberg, dessen Zinsen das Unternehmen erdrücken, befreien", so Moser. Alles um jeden Preis bauen ist für eine Finanzministerin der Republik eine glatte Themenverfehlung. Und wer die ÖBB "locker" privatisieren will, wird "locker" ein paar Milliarden Steuergeld drauflegen müssen wie von ÖVP und SPÖ schon bei der glorreichen AUA-Privatisierung vorgezeigt. Fekter sollte lieber rasch nachlernen, bevor mit solcher Haudrauf-Politik noch mehr Schaden bei den ÖBB angerichtet wird", so Moser.

 

 PRO-GE gegen Privatisierungswahn für Nulldefizit
Fekters Verscherbelungs-Überlegungen sind absurd. Abverkauf von Staatseigentum wird die Budgetprobleme nicht lösen
Wien (ögb) - Finanzministerin Fekter strebt ein Nulldefizit im Jahr 2015 an und will dafür Staatseigentum und Anteile verkaufen. "Die Überlegungen der Finanzministerin sind einfach absurd und ideenlos. Was Privatisierungen zum Zweck der Budgetsanierung bedeutet, wissen wir spätestens seit der Schließung des letzten verbliebenen Austria-Tabak-Werkes. Insgesamt wurden so mehr als 1.000 Arbeitsplätze allein bei der Austria Tabak vernichtet. Und alles nur für den schwarz-blauen PR-Gag \x{2588}Nulldefizit\x{2588}. Diese Verscherbelungsaktionen dürfen sich nicht wiederholen. Die PRO-GE wird gegen diesen neuerlichen Privatisierungswahn für ein fiktives Nulldefizit kämpfen", betont Rainer Wimmer, Bundesvorsitzender der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE). Die Gewerkschaft fordert eine Umschichtung im Steuersystem: Die ArbeitnehmerInnen müssen entlastet werden und sehr hohe Vermögen müssen endlich mehr zur Finanzierung des Staatshaushaltes beitragen.

Die Meldungen über die Schließung des Austria-Tabak-Werkes in Hainburg waren noch nicht einmal gedruckt, da haben Wirtschaftslobbyisten, Konzerne und Finanzministerin bereits weitere (Teil)-Privatisierungen gefordert. Jedoch nicht aus wirtschaftspolitischer oder unternehmerischer Sicht, sondern schlicht zum Schuldenabbau. OMV, Post, Telekom, Energieversorger, Flughafen Wien, Bundesforste und zuletzt die ÖBB sollen die kolportierten Geldlieferanten sein. "Das erinnert an die Geschichte von dem Bauern, der seine Kühe verkauft, um sich endlich eine Melkmaschine leisten zu können. Die Menschen in Österreich und mit ihr die PRO-GE sind klar gegen einen solchen zügellosen Ausverkauf. Vor allem die weitere Privatisierung von wichtigen öffentlichen Diensten wie Post, Bahn oder Wasserversorgung beunruhigt die Menschen - und dies zu Recht! Daher kann es nur ein klares \x{2588}Nein\x{2588} zum Verscherbeln von Staatseigentum geben", sagt Wimmer.

Die Berechnungen von ÖGB und AK haben ergeben, dass durch die Teil-Privatisierungen von OMV, Post und Telekom unter der schwarz-blauen Regierung den SteuerzahlerInnen 1,7 Milliarden Euro an Dividenden entgangen sind. "Einmalerlöse werden die Budgetprobleme nicht lösen. Stattdessen brauchen wir ein gerechtes Steuersystem und Finanzmittel für wichtige Zukunftsinvestitionen", erklärt Wimmer. Denn die wahren Leistungsträger in Österreich sind die ArbeitnehmerInnen. Aus Vermögenssteuern holt sich der Staat gerade einmal 1,4 Prozent seiner Steuereinnahmen, aber von den ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen gut zwei Drittel, das ist eine eklatante Schieflage. PRO-GE und ÖGB fordern eine Umverteilung der Steuerlast von Arbeit auf hohe Vermögen. Würde man in Österreich die Einnahmen aus Vermögenssteuern nur auf die Höhe des EU-Durchschnitts von 5,4 Prozent anheben, kämen rund vier Milliarden Euro ins Budget. Allein eine von den Gewerkschaften geforderte Finanztransaktionssteuer könnte EU-weit Milliarden für den wichtigen Bildungsbereich bringen. Und dies ganz ohne einen heimischen Abverkauf.

Steuerreform - das fordern PRO-GE und ÖGB:

  • grundlegende Reform des Lohn- und Einkommensteuertarifs sowie der Frei- und Absetzbeträge
  • Erhöhung der bestehenden Negativsteuer (auch für PensionistInnen), damit auch die BezieherInnen der niedrigsten Einkommen von einer Steuerreform profitieren
  • die Herstellung einer international üblichen Vermögensbesteuerung
  • reformierte Erbschafts- und Schenkungssteuer
  • die Einführung einer Finanztransaktionssteuer
 
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