Alexander Brodsky   

erstellt am
06. 06. 11

"It still amazes me that I became an architect" im Architekturzentrum Wien von 30. Juni - 03. Oktober 2011
Wien (azw) - „Auch wenn die Architektur letztendlich immer zu etwas mehr oder weniger Festem und Geerdetem gelangt, zwingen einen die Arbeiten Brodskys doch an jenes schöpferische Potenzial zu glauben, das laut Vladimir Nabokov selbst in den armseligsten Dingen liegt.“ Alexei Muratov

Alexander Brodsky ist die herausragende Figur einer künstlerischen und architektonischen Position, die seit Jahrzehnten an der Schnittstelle von Architektur und Kunst arbeitet und täglich die Grenzen zwischen diesen beiden Disziplinen überschreitet. Seine architektonischen und künstlerischen Manifeste geben Zeugnis von der Suche nach einer anderen russischen Identität. In seinen Projekten, die von klarer Einfachheit und theatralischer Stärke geprägt sind, niemals kitschig, niemals gestrig, verbindet er oft scharfe Kritik am System gepaart mit feiner Ironie. Brodskys charakteristischer „Humanismus des Unbedeutenden“ (Alexei Muratov) zeigt sich zurückhaltend in seiner Architektursprache, wenn er offensichtlich verbrauchte oder gealterte Dinge in seine Arbeit einbaut. Beispielgebend dafür ist der Wodka-Pavillon, entstanden für ein zeitgenössisches Kulturfestival im Jahr 2003, welcher gänzlich aus Fensterrahmen einer abgerissenen Fabrik errichtet wurde und ausschließlich dem Ritual des Wodka-Trinkens dienen sollte.

Zur Ausstellung
Erstmals wird das international viel beachtete und im höchsten Maße anerkannte Werk dieses Ausnahmekünstlers/-architeken auch in Österreich zu sehen sein. Der Tradition treu bleibend, Persönlichkeiten auszustellen, die unangepasst und abseits des Mainstreams agieren, holt das Az W Alexander Brodsky nach Wien. Im Herbst 2011 wird ein weiterer Protagonist der von Dietmar Steiner kürzlich proklamierten „slow architecture“ – der australische Architekt und Pritzker-Preisträger Glenn Murcutt – mit einer großen Werkschau im Az W präsentiert.
Für das Az W verwirklicht Alexander Brodsky eine die Ausstellungshalle einnehmende Installation, die die BesucherInnen in ihren Bann ziehen soll: Der Tag wird zur Nacht, die Dimensionen von Raum und Zeit scheinen sich langsam aufzulösen, während man durch eine künstlich geschaffene archäologische Wunderkammer schreitet. Die eigens für das Az W gefertigte Installation stellt eine Weiterentwicklung der Arbeit Brodskys mit Ilya Utkin dar, die 1990 für die Ausstellung „Between Spring and Summer: Soviet Conceptual Art in the Era of Late Communism“ in den USA realisiert wurde.

Das Az W zeigt – erstmalig in einer Ausstellung vereint – Arbeiten Brodskys als Künstler und als Architekt. Die Installation ist eingebettet in eine Vielzahl an Zitaten früherer Arbeiten – Skizzen, Pläne, Zeichnungen und Beispiele seiner berühmt gewordenen „paper architecture“ zeigen die Bandbreite seiner Arbeit und das Wechselspiel zwischen Kunst und Architektur. Fotografische Interpretationen von Yuri Palmin – Fotograf und langjähriger Wegbegleiter – veranschaulichen die unaufdringliche und zurückhaltende Herangehensweise seiner Architektur. Sein Stil ist durch einen starken Bezug zur traditionellen Bauweise unter Einsatz lokaler Materialien charakterisiert. Brodskys architektonisches Schaffen erstreckt sich derzeit ausschließlich auf Russland und seine BauherrInnen bestehen aus einem kleinen Kreis wohlhabender Individualisten, die sich dem herkömmlichen russischen Baustil bewusst entziehen.

Alexander Brodsky
1955 in Moskau als Sohn einer Künstlerfamilie geboren, studierte er ab 1968 an der Moskauer Kunstschule und wechselte 1972 an das Moskauer Architektur Institut. Bereits in den 1980er Jahren erlangte Alexander Brodsky gemeinsam mit Ilya Utkin internationale Beachtung als einer der herausragendsten Vertreter der russischen „paper architects“. Mit ihren utopischen und fantastischen Entwürfen suchten sie Auswege aus der Tristesse in der Architektur der Chruschtschow-Ära und der Zeit der Stagnation unter Breschnew. Mit den großteils für Wettbewerbsausschreibungen angefertigten Radierungen verweigerten sie ihre Teilnahme am staatlich strukturierten und entseelten Produktionsprozess. Brodsky und Utkin wurden in Folge weltweit ausgestellt und erlangten internationales Ansehen. In den 1990er Jahren konzentrierte sich Alexander Brodsky auf seine künstlerische Tätigkeit und zog 1996 nach New York. Weltweit kann Brodsky auf eine beachtliche Anzahl von Ausstellungen – sowohl einzeln als auch in jüngeren Jahren in Zusammenarbeit mit Ilya Utkin – zurückblicken. Wahrscheinlich nicht zuletzt um dem Bauboom des neuen Russland einen visionären Gegenpol entgegenzusetzen, gründete er 2000, zurück in Moskau, sein unkonventionelles Architekturbüro und begann mit der Realisierung von Restaurants, Einfamilienhäusern und temporären Architekturinstallationen. 2010 wurde Brodsky mit einer der höchsten künstlerischen Auszeichnungen Russlands, dem Kandinsky-Preis, gewürdigt.

Zur Ausstellung erscheint der hintergrund 50/51 mit vertiefenden Texten zu Alexander Brodsky und seinem Werk in deutscher und englischer Sprache. Hintergrund, die vierteljährlich erscheinende Heftreihe des Az W – verbindet architekturtheoretische Themenschwerpunkte mit der Dokumentation wesentlicher Inhalte des Az W-Programms.

Am Abend der Ausstellungseröffnung begeht das Az W sein zur Tradition gewordenes Sommerfest mit russischen Köstlichkeiten im Hof des Architekturzentrum Wien. Ab ca. 20 Uhr bei freiem Eintritt!

Im Rahmen der Ausstellung werden Fixführungen angeboten:
Jeweils Mittwoch, 06.07. / 20.07. / 03.08. / 17.08.2011 jeweils 18 Uhr, Tickets: 2 Euro
Kuratorin der Ausstellung: Katharina Ritter
Konzept: Alexander Brodsky
Ausstellungstexte: Katharina Ritter und Andrea Seidling
Ausstellungsgrafik: Thomas Kussin, buero8
     
Informationen: http://www.azw.at/    
     
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