Small Towns - neue Wege in der Belebung der Ortskerne   

erstellt am
06. 06. 11

OÖ startet Pilotprojekt mit Grein, Enns und Schärding
Linz (lk) - Leerstehende Gebäude, verklebte Auslagen, eine stetig sinkende Zahl an Menschen, die in Altstadthäusern wohnt - und damit wenig Leben in Orts- und Stadtzentren. Es sind unterschiedlichste Ursachen für ein Problem, das sich in vielen Gemeinden wiederfindet: Ortskerne leeren sich, Bewohner und Geschäfte verschwinden. Die Dorf- und Stadtentwicklung des Landes OÖ hat sich bereits vor einigen Jahren zum Ziel gesetzt, dem entgegenzuwirken. "Ortskernbelebung ist zu einem ganz zentralen Thema geworden, weil es zum Teil wirklich dramatische Entwicklungen gibt, die wir aber nicht hinnehmen wollen", bekräftigt Wirtschaftslandesrat Viktor Sigl. Er hat den Startschuss für ein Pilotprojekt gegeben, in dem in einer umfangreichen wissenschaftlichen Studie die genauen Ursachen erhoben werden. Ziel ist es, dann einen nachhaltigen Leitfaden für Ortskernbelebung anbieten zu können. Das Projekt "Small Towns" wird mit und in drei Partnergemeinden - Grein, Enns und Schärding - durchgeführt. Alle drei haben unterschiedliche Ausgangslagen und Voraussetzungen, aber das gleiche Problem. Land OÖ und die drei Partner investieren 60.000 Euro in die Studie. Das Projekt läuft eineinhalb Jahre.

Durchgeführt wird die Studie von der BOKU Wien / Institut für Raumplanung und ländliche Neuordnung. Mit Grein, Enns und Schärding sind drei Partnergemeinden dabei: Grein befindet sich in einer peripheren Lage mit strukturschwachem Umland, jedoch sehr attraktiv an der Donau. Enns liegt im Zentralraum, setzt bereits viele Aktivitäten zur Belebung des Ortskernes, kämpft aber mit einem hohen Geschäfts- und Wohnungsleerstand in den Seitengassen und Kaufkraftabfluss in den Zentralraum. Schärding wiederum ist als grenznahe Bezirksstadt mit entsprechender Infrastruktur im Spannungsfeld übergeordneter Zentren. Allen dreien ist jedoch eine starke historische Bausubstanz in den Ortskernen eigen, der Denkmalsschutz ist in vielen Fällen ein großes Hemmnis. Die Dorf- und Stadtentwicklung bemüht sich in Oberösterreich seit 25 Jahren um l(i)ebenswerte Gemeinden. Die Ortskernbelebung ist ein aktuelles Schwerpunktthema. Die Einbeziehung der Bürger/innen ist dabei unabdingbar und das Erfolgsrezept, wie positive Beispiele wie die Bretterbühne in Neumarkt/Mkrs., die Erneuerung in Hagenberg oder das Dorfwirtshaus in Elz in der Gemeinde Lasberg zeigen.

Die Belebung der Ortskerne in den oberösterreichischen Gemeinden, in den ländlichen Regionen ist ein zentrales Thema der Dorf- und Stadtentwicklung (DOSTE) des Landes Oberösterreich. Die Förderung der Nahversorger, die Schaffung von Gründerzentren, Grünraum-Initiativen oder Dorfplatzgestaltung sind einige der Maßnahmen für ein l(i)ebenswertes Oberösterreich, die in der Dorf- und Stadtentwicklung bzw. vom Wirtschaftsressort bereits sehr erfolgreich und nachhaltig gesetzt werden.

Mit dem Pilotprojekt "Small Towns" will Oberösterreich anhand dreier - in ihrer Ausgangslage unterschiedlicher - Gemeinden auch neue Wege zur Ortskernbelebung gehen. "Dafür wollen wir in einer wissenschaftlichen Studie Ursachen und Gründe für Absiedlung, leerstehende Gebäude, mangelnde Attraktivität und vieles mehr erheben lassen. Ziel ist es, einen klaren Leitfaden für eine Ortskernbelebung zu erstellen, der alle nötigen Aspekte berücksichtigt, um (wieder) Leben in die Ortskerne bringen zu können", kündigt Wirtschaftslandesrat Viktor Sigl an.

Das Wirtschaftsressort des Landes OÖ und die drei Partner Grein, Enns und Schärding investieren gemeinsam 60.000 Euro in die Studie und das Projekt "Small Towns", das auf eineinhalb Jahre angelegt ist.

Ortskerne sterben aus, Peripherie wächst
Initiativen zur Ortskernbelebung in Dorf- und Stadtentwicklung
Die Ausgangslage ist in vielen kleinen und großen Gemeinden gleich: Immer weniger Lichter gehen bei Einfall der Dunkelheit in den Zentren kleinerer Städte an. Die Ursachen: eine dramatisch fallende Zahl an Menschen lebt in den Altstadthäusern, viele Geschäfte in den Innenstädten stehen leer. Es ist nicht mehr zu übersehen, dass das einst starke Herz oberösterreichischer Kleinstädte schwächelt: Das meist kulturhistorisch wertvolle bauliche Erbe hat in vielen Fällen seine Funktion als Wohn- und Arbeitsort großer Familien eingebüßt. Die Nahversorgung ist nicht mehr auf kurzem Weg sichergestellt. Die Immobilien verzeichnen einen Wertverlust, weil sie hinsichtlich Größe, Zuschnitt und Umfeld (Parkplatz, Garten) den Anforderungen heutiger Nachfrager oft nicht entsprechen. Auch die Auslagerung traditioneller innerstädtischer Funktionen an die Siedlungsränder hat Spuren des Niedergangs in den Stadtzentren nach sich gezogen.

Welche Möglichkeiten gibt es, um eine Revitalisierung oberösterreichischer Kleinstadtzentren anzuregen? Anhand von Enns, Grein und Schärding soll in einer Studie des Instituts für Raumplanung und Ländliche Neuordnung der Universität für Bodenkultur Wien untersucht werden, wie dem alten Gemäuer neues Leben eingehaucht werden kann. Antworten dafür gibt es nicht nur andern Orts, sondern auch schon da und dort in den Beispielstädten. Dieses Wissen soll nun erhoben, geordnet, ergänzt und als Leitfaden öffentlich zugänglich gemacht werden.

Grein, Enns, Schärding:
Ein Problem, drei unterschiedliche Ausgangslagen

Die Stadt Enns liegt im oö. Zentralraum. Es wurden bereits viele Aktivitäten im Hinblick auf die Revitalisierung der Innenstadt gesetzt. Gaby Pils vom Stadtmarketing Enns ist hier bereits sehr erfolgreich als Stadtmanagerin tätig. Seit 2007 konnte sie über 40 neue Geschäfte für die Innenstadt gewinnen. Enns ist die erste österreichische Stadt, die der internationalen Vereinigung citta slow beigetreten ist, was sich als sehr positiv für die Stadtdynamik erweist. Dadurch ist Enns auch berechtigt, weitere österreichische beitrittswillige Städte zu zertifizieren. Trotz all den guten Voraussetzungen und Bemühungen weist Enns einen hohen Geschäfts- und Wohnungsleerstand in den Seitengassen auf. Viele Gebäude sind denkmalgeschützt, was einen Eingriff in die Bausubstanz schwierig oder unmöglich macht, auf jeden Fall jedoch Mehrkosten bei der Sanierung verursacht. Dadurch ergeben sich desolate Bausubstanzen und ein hoher Anteil an Substandardwohnungen. Eine weitere Herausforderung ist der Kaufkraftabfluss in den Zentralraum.

Die Stadt Grein befindet sich in peripherer Lage mit strukturschwachem Umland, liegt jedoch sehr attraktiv an der Donau. Der Donauradwanderweg führt durch die Stadt. Die Gastronomie im Stadtkern hat jedoch mit dem Überleben zu kämpfen. Es ist schwierig, die Radtouristen auf den Hauptplatz zu "locken". Zudem ist der Radtourismus nur saisonal. Ein Potenzial sind auch das Schloss mit diversen Kulturveranstaltungen sowie das älteste im Originalzustand erhaltene bürgerliche Theater Mitteleuropas. Der Gebäudeleerstand ist erheblich. Auch hier spielt unter anderem die Thematik des Denkmalschutzes eine Rolle. Viele Wohnungen und Geschäftslokale entsprechen nicht den gewünschten Standards. Es gibt bisher nur wenige Aktivitäten zur Revitalisierung der Innenstadt. Durch die angespannte Finanzsituation der Gemeinde wird der autonome Entscheidungsspielraum eingeengt.

Die Stadt Schärding als grenznahe Bezirksstadt mit entsprechender Infrastruktur befindet sich im Spannungsfeld übergeordneter Zentren. Die attraktive Lage bringt auch eine Überschwemmungsproblematik mit sich, die durch den derzeit errichteten Hochwasserschutz verbessert wird. Die Gemeindefläche der Stadt ist relativ klein. Es gibt einen großen historischen, zu einem wesentlichen Teil denkmalgeschützten Baubestand mit entsprechend hohen Leerständen, vor allem bei den Wohnungen. Die Wohnqualität in den langgestreckten Häusern entspricht nicht den heutigen Anforderungen und zieht auch Probleme bei der Nachnutzung nach sich. Das optisch reizvolle Erscheinungsbild lässt die Leerstandsproblematik nicht auf den ersten Blick erkennen. Viele (Tages)Touristen kommen nach Schärding. Die Gemeinde bringt hohes Engagement in die Thematik der Innenstadtbelebung ein.

Durch die Untersuchung von drei Städten mit unterschiedlichen Voraussetzungen bzw. unterschiedlichen Intensitäten und Geschwindigkeiten der Transformationsprozesse wird ein breites Spektrum an Handlungsoptionen abgebildet, wodurch Erkenntnisse für Städte in verschiedenen Situationen gewonnen werden können.

25 Jahre Dorf- und Stadtentwicklung in OÖ
Intensive Bürger/innen-Beteiligung als Erfolgsrezept
In Oberösterreich gibt es seit 25 Jahren das Programm Dorf- & Stadtentwicklung, bei dem sehr viel Wert auf die Einbeziehung der Bürger gelegt wird. In der Anfangsphase standen Ortsplatzgestaltungen im Mittelpunkt. In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt auf die Belebung der Ortskerne konzentriert. Die intensive Bürgerbeteiligung hat sich hier als besondere Stärke, vor allem durch die Aktivitäten der Dorf- & Stadtentwicklungsvereine, erwiesen. Eine Ortskernbelebung ist nur mit den Bewohnern/innen möglich, Bewusstseinsbildung ist das Um und Auf. Die Einbeziehung der Menschen in die Planungsprozesse bringt eine starke Identifizierung mit den Projekten, wie viele Beispiele zeigen: Die Bretterbühne in Neumarkt im Mühlkreis, die umfassende Erneuerung in Hagenberg oder das Dorfwirtshaus in Elz, in der Marktgemeinde Lasberg.

Die Verlagerung der Nahversorgung vom Zentrum an die Peripherie oder gar in den nächst größeren zentralen Ort ist allgemein bekannt. Der Einkaufsmarkt an der Umfahrung, das Schließen des Postamtes oder das Zusperren des Wirtshauses sind in vielen Orten zu einem Problem geworden. Dazu kommen viele leerstehende oder untergenutzte Wohnungen in den Zentren. Ohne ausreichende Nutzung der meist historisch bedeutenden Gebäude in den Ortskernen besteht die Gefahr, dass diese verfallen, da die Erhaltung nicht mehr erwirtschaftet werden kann. Abgesehen vom ideellen Verlust gehen mit Infrastruktur bestens versorgte Objekte verloren.

Um das Thema auch aus wissenschaftlicher Sicht zu beleuchten, wurde diese Studie an das Institut für Raumplanung und Ländliche Neuordnung der Universität für Bodenkultur in Wien vergeben. Die Erhaltung der historischen Substanz wird nur dann auf Dauer gesichert sein, wenn es gelingt, ausreichende Nutzungen für die Zentren zu finden und diese mit neuem Leben zu erfüllen. Ziel soll kein Museum sein, sondern lebens- und liebenswerte Stadtkerne.
     
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