Gemeindetag in Kitzbühel
Mödlhammer: "Große Kraftanstrengung für heimische Gemeinden nötig"
Kitzbühel (gemeindebund) - Ein klares Bekenntnis zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte
gab Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer am 10.06. beim Gemeindetag in Kitzbühel ab. "Wir
sind die einzige Gebietskörperschaft, die sich zu einem Nulldefizit in den nächsten Jahren verpflichtet
hat", erinnerte Mödlhammer in seiner Ansprache. "Das wird eine gewaltige Kraftanstrengung, aber
wir sind zuversichtlich, dass wir das Nulldefizit länderweise schaffen werden", so Mödlhammer.
Ärgerlich zeigte sich Mödlhammer über viele öffentliche Wortmeldungen der letzten Wochen. "Wenn
ich höre, wie immer wieder so genannte Experten und Wissenschafter behaupten, dass man in den Gemeindeverwaltungen
so viel einsparen könnte, dann ärgere ich mich über die Unkenntnis und die Missachtung der Faktenlage."
In den heimischen Gemeinden sind derzeit rund 75.000 Mitarbeiter/innen beschäftigt. Davon arbeiten freilich
nur rund 20 Prozent in der Verwaltung. "Der Großteil unserer Mitarbeiter/innen sind in der Dienstleistung
tätig, in den Kindergärten, Pflegeheimen, Straßendiensten, usw.", so Mödlhammer. "Die
gesamte Verwaltung aller österreichischen Gemeinden kostet pro Jahr zwischen 450 und 600 Mio. Euro. Wenn ich
da eine Milliarde einsparen will, dann müssten wir unsere Verwaltung gleich zweifach einsparen", so Mödlhammer.
"Wir sollten uns vor den falschen Propheten hüten, die landa! uf und landab erzählen, wie viele
Milliarden man in den Gemeindeverwaltungen sparen könnte."
Positiv äußerte sich Mödlhammer über die jüngst erzielte Einigung bei der Pflegefinanzierung.
"Wir haben hier einen wichtigen Etappensieg erreicht, bis 2014 sind zumindest die Steigerungen bei den Pflegekosten
abgefangen. Wir brauchen in diesem Bereich aber dringend eine langfristige Lösung, die uns Finanzierungssicherheit
über 2014 hinaus bietet." Die Finanzierung der Pflege werde die Gemeinden noch viele Jahre beschäftigen.
Insgesamt, so Mödlhammer, gehe es derzeit mit den Gemeindeeinnahmen wieder leicht aufwärts. Die gute
Konjunktur und die vielen Sparmaßnahmen hätten gute Ergebnisse gebracht. "Wir haben freilich einen
gewaltigen Rückstau an Investitionen zu bewältigen. In den letzten beiden Jahren mussten viele Projekte
zurückgestellt werden, weil die Einnahmen so eingebrochen sind. Immer noch sind aber die Gemeinden die größten
öffentlichen Investoren Österreichs und tragen auch große Verantwortung für die regionale
Wirtschaft und den Arbeitsmarkt."
Ländlicher Raum in akuter Gefahr
Mit großer Besorgnis konstatierte der Gemeindebund-Präsident die Gefährdung der ländlichen
Räume. "Zwei Drittel der österreichischen Gemeinden sind von Abwanderung betroffen, dazu kommt noch
die Überalterung." Nur, wer Investitionen in die Infrastruktur vornehme, habe eine Chance, diesen Trend
umzukehren. "Wo die Infrastruktur nicht mehr passt, gehen die Betriebe und kurze Zeit später auch die
Menschen weg. Ich will keine Entwicklung wie in der Schweiz oder Frankreich, wo man ganze Talschaften einfach aufgegeben
hat."
Mödlhammer forderte daher zum wiederholten Mal die Erarbeitung und Umsetzung eines Masterplans für den
ländlichen Raum ein. "Wir müssen definieren, welche infrastrukturellen Einrichtungen in welchen
Gebieten nötig sind, um zumindest annähernd eine Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen zu schaffen bzw.
zu erhalten."
Aufgabenreform vor Verwaltungsreform
Klare Worte fand Mödlhammer zur immer wieder diskutierten Verwaltungsreform. "Ich habe dieses Gerede
satt. Wir brauchen eine Aufgabenreform, die klar regelt, wer wofür zuständig ist und dafür auch
das Geld bekommen soll. Erst dann können wir sinnvollerweise über eine Verwaltungsreform reden. Die Kinderbetreuung
etwa können die Gemeinden locker in alleiniger Zuständigkeit übernehmen, da brauchen wir keine vier
Ministerien und neun Bundesländer, die da mitreden. Dafür wäre der Spitalsbereich in anderen Händen
besser aufgehoben."
In der Diskussion rund um die Gemeindezusammenlegungen stellte Mödlhammer klar: "Ich habe überhaupt
nichts gegen freiwillige Zusammenlegungen, ich wehre mich aber gegen von oben verordnete Fusionen. Man muss sich
sehr gut überlegen, was man damit auch zerstören kann und ob das gewünschte Ergebnis dafür
steht. Die potentiellen Einsparungen in der Verwaltung sind marginal, das zeigen uns die Beispiele aus der Schweiz.
Darüber hinaus riskiert man damit einen völligen Zusammenbruch des freiwilligen Engagements." Die
Berechnungen aus den Rechnungsabschlüssen der Gemeinden zeigen überdies: Die höchsten Verwaltungs-
und Personalkosten haben Gemeinden zwischen 20.000 und 50.000 Einwohnern. "Größer heißt nicht
immer billiger", so Mödlhammer.
Abschließende resümierte Mödlhammer: "Wir können uns bei diesem Gemeindetag über
einige erreichte Erfolge freuen. Wir haben andererseits auch noch gewaltige Herausforderungen vor uns liegen. Wenn
es aber jemanden gibt, der diese Aufgaben bewältigen kann, dann sind es wir Kommunalpolitiker in den Gemeinden.
Wir genießen das mit Abstand höchste Vertrauen in der Bevölkerung. Dieser Verantwortung sind wir
uns bewusst und werden dem entsprechend arbeiten und handeln."
Heute, Freitagmittag, geht der 58. Österreichische Gemeindetag in Kitzbühel zu Ende. Neben 2.200 Teilnehmern
aus ganz Österreich waren u.a. auch Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann,
der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter, u.v.m. zu Gast. |