Gesamtwirtschaftliche Prognose für Österreich 2011 bis 2013 vom Juni 2011
Wien (oenb) - Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum
im Jahr 2011 kräftig um über einen Prozentpunkt nach oben revidiert. Gestützt auf wieder starke
Exporte und höhere Investitionen der Unternehmen wird das Bruttoinlandsprodukt heuer um real 3,2 Prozent wachsen,
prognostizieren die Volkswirte der Notenbank. Auch für die Jahre 2012 und 2013 wird das Wachstum über
dem langjährigen Durchschnitt gesehen (2012: 2,3%; 2013: 2,4%). Österreichs Wirtschaft wächst damit
deutlich stärker als der Euroraum, für den das Eurosystem für heuer eine Bandbreite von 1,5% bis
2,3% und für das nächste Jahr von 0,6% bis 2,8% Prozent sieht. „Österreich zählt derzeit zu
den Wachstumszentren innerhalb des Euroraums. Angesichts der nachlassenden internationalen Konjunkturdynamik und
weiter bestehender Risiken dürfen wir uns auf dieser günstigen Situation aber nicht ausruhen“, kommentiert
Gouverneur Nowotny die aktuelle Prognose.
Rückenwind hat Österreichs Wirtschaft durch die raschere Erholung der Weltwirtschaft und insbesondere
durch das starke Wachstum des Haupthandelspartners Deutschland. Das reale BIP-Niveau von vor Ausbruch der Finanz-
und Wirtschaftskrise wurde bereits wieder im ersten Quartal 2011 erreicht.
Preisauftrieb wird sich gegen Jahresende 2011 abschwächen
Gestiegene Rohstoffpreise sowie Steuer- und Abgabenerhöhungen werden die Inflationsrate im Durchschnitt des
Jahres 2011 auf 3,2% beschleunigen. Gegen Ende des Jahres 2011 rechnet die OeNB mit einem deutlichen Rückgang
des energiepreisbedingten Preisauftriebs. Die weitere Inflationsentwicklung wird aber von den erwarteten höheren
Lohnabschlüssen für das Jahr 2012 getrieben. Die HVPI-Inflation wird deswegen 2012 bei 2,1% liegen und
2013 auf 1,9% sinken.
Konjunktur beschleunigt Defizitrückgang
Der gesamtstaatliche Budgetsaldo sollte sich – sowohl konjunktur- als auch konsolidierungsbedingt – bereits
im Jahr 2011 auf –3,0% des BIP verbessern. Bis 2013 wäre aufgrund des günstigen konjunkturellen Umfelds
eine weitere Rückbildung der Defizitquote auf 2,3% zu erwarten. Die Staatsverschuldung sollte von 2010 (72,3%
des BIP) bis 2013 (71,3%) leicht sinken. „Die gute Konjunktur hilft dem Budget. Das sollte aber keinesfalls dazu
verleiten, bei der Budgetdisziplin nachzulassen. Vielmehr müssen wir die Chance nutzen, die Konsolidierung
deutlich schneller als geplant voranzutreiben, um die gute Bonität Österreichs abzusichern und einen
Sicherheitspolster für schlechtere Zeiten zu schaffen", so Gouverneur Dr. Nowotny.
Beschäftigung auf neuen Höchstständen
Die Verbesserung der Lage auf dem österreichischen Arbeitsmarkt war 2010 im historischen und internationalen
Vergleich unerwartet schnell und deutlich. Bereits Ende 2010 konnte wieder ein absoluter Beschäftigungshöchststand
erzielt werden. Für 2011 wird ein deutlicher Beschäftigungszuwachs von 60.000 Personen (1,7%) erwartet.
Auch für 2012 und 2013 wird mit immer noch überdurchschnittlichen Zuwachsraten von jeweils 1,2% gerechnet.
Die Arbeitslosenquote (Eurostat-Definition) ist im Jahr 2010 aufgrund eines deutlichen Beschäftigungsanstiegs
auf 4,4% gesunken. Österreich gehört im Euroraum somit zu den Ländern mit der geringsten Arbeitslosigkeit.
Aufgrund eines steigenden Arbeitsangebots wird für 2011 nur ein leichter Rückgang der Arbeitslosenquote
auf 4,3% und eine weitere Reduktion auf 4,1% im Jahr 2013 prognostiziert.
Weiterhin dynamische Exportentwicklung
Der wichtigste Impuls für die Dynamik der österreichischen Wirtschaft geht von der Erholung der Weltwirtschaft,
insbesondere jener Deutschlands, aus. Die österreichischen Exporte werden im Gesamtjahr 2011 im Vergleich
zu 2010 beinahe unverändert stark wachsen (10,4%). In den Jahren 2012 und 2013 wird die erwartete Verlangsamung
der internationalen Konjunktur zu einer Abschwächung der Exportdynamik führen. Mit einer Wachstumsrate
von rund 7% werden die Exporte aber immer noch überdurchschnittlich stark zulegen und eine Stütze des
Wachstums bleiben.
Inlandsnachfrage trägt wieder zum Wachstum bei
Infolge der Erholung der Exportnachfrage sind die Bruttoanlageinvestitionen ab dem zweiten Quartal 2010 wieder
gewachsen. Es wurden vorrangig Ausrüstungsinvestitionen vorgenommen, Investitionen im Hoch- und Tiefbau schrumpften
hingegen auch noch Ende 2010. Insgesamt wird für 2011 mit einem weiteren Rückgang der Bauinvestitionstätigkeit
gerechnet; für den weiteren Prognosehorizont wird aber eine Erholung erwartet. Für die Bruttoanlageinvestitionen
insgesamt wird für das Jahr 2011 ein Wachstum von 3,7%, für 2012 von 3,1% und für 2013 von 3,4%
prognostiziert.
Angesichts der schwachen Reallohnentwicklung werden im Jahr 2011 die privaten Konsumausgaben nur um 0,9% wachsen,
die Sparquote wird weiter sinken. Im weiteren Prognosehorizont laufen die Belastungen des Konsolidierungspakets
weitgehend aus und der Preisauftrieb wird sich deutlich abschwächen. Dies wird mit einer moderaten Steigerung
der realen Konsumausgaben (2012 und 2013: jeweils 1,2%) bei gleichzeitiger Annäherung der Sparquote an das
Vorkrisenniveau einhergehen.
Weltwirtschaft und Problemländer im Euroraum bergen Konjunkturrisiken
Die Schwellenländer und dabei im Speziellen die aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens und Südamerikas
waren im Jahr 2010 der Motor der starken internationalen wirtschaftlichen Entwicklung. Die Erholung der Weltwirtschaft
wird sich zwar im Prognosezeitraum fortsetzen, die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum zeigt aber ein sehr
heterogenes Bild. Länder, deren Produktionsstruktur von einem international wettbewerbsfähigen Exportsektor
dominiert ist, waren von der Krise stärker betroffen, erholten sich im Jahr 2010 aber überdurchschnittlich
schnell. Im Gegensatz dazu leiden andere Länder mit mangelnder Wettbewerbsfähigkeit und strukturellen
Budgetproblemen unter Vertrauensverlusten der internationalen Investoren und sind damit mit hohen Risikoprämien
bzw. Refinanzierungskosten ihrer Staatsschulden konfrontiert. Damit bleiben die außenwirtschaftlichen Risiken
für die Wachstumsaussichten Österreichs hoch. |