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Ulmer Schachtel zu Besuch |
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Werft Korneuburg: 23. Juni 2011 Wien (fhs) - Am 23 Juni kommt – als Reminiszenz an die längst vergangenen Tage der Holzschifffahrt auf der Donau – wieder einmal eine Ulmer Schachtel für eine kurze Stipvisite zu Besuch in den alten Werfthafen in Korneuburg und wird am Güterkahn des Vereins FHS – Freunde Historischer Schiffe festmachen. Die Fahrt von Tulln nach Belgrad erinnert an die erste Schachtelfahrt nach dem Krieg 1952 nach Ungarn, nachdem endlich die Schifffahrt wieder freigegeben war. Das erste Nostalgie-Schiffstreffen 2002 erinnerte an dieses Ereignis. Damals wurde auch der Gedanke eines Museumshafens in Korneuburg geboren. Die Ulmer Schachtel ist ein sehr einfach gebautes ursprünglich hölzernes Donaufrachtschiff, gedacht für die einmalige Verwendung flussabwärts (nauwärts), wo am Zielhafen das Holz als Bau- oder Brennholz verwertet wurde. Sie ersetzte ab etwa 1570 die bisher verwendeten Flöße, die aufgrund ihres hohen Holzbedarfs immer unwirtschaftlicher wurden. Dazu wurden eigens bayerische Schiffszimmerer (Schopper) nach Ulm geholt. Die Schiffe waren ursprünglich 15 bis 30 m lang und etwa 5 bis 8 m breit, hatten wegen der Untiefen im Fluss keinen Kiel, sondern einen flachen Boden, wurden daher auch „Plätten" oder – nach ihrem regelmäßigen Fahrtziel – „Wiener Zillen" genannt. Die Fugen zwischen den Bootsplanken wurden mit Moos gedichtet oder „geschoppt“. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Schiffe immer größer und der am höchsten entwickelte Typ zu Ende der Holzschifffahrt auf der Donau, der „Kelheimer“, konnte bei etwa 40 m Länge bis zu 300 t tragen. Nachdem die Schiffe nach Bedarf gebaut wurden, hatten sie in der Mitte eine unterschiedlich große Hütte, je nachdem, ob Passagiere oder Ladung zu transportieren war. Sie stellten mit Abstand das komfortabelste Verkehrsmittel dar. Sowohl Kaiser, wie auch Vater und Sohn Mozart fuhren auf einer Schachtel nach Wien. Das Ende der „Schachtelfahrten“ kam mit dem Aufkommen der Eisenbahnen. In allen Kriegen gegen die Türken, etwa auch, als im Jahr 1683 Schachteln 5000 Landsknechte des schwäbischen Kreises in die von den Türken belagerte Stadt Wien als Entsatz brachten, aber auch bei den freiwilligen (angeworbenen Auswanderer) und unfreiwilligen (Protestanten) Kolonisationen der von den Türken geräumten Gebiete, wie der Dobrudscha, Vojvodina usw. waren Schachteln unter teilweise schwierigsten Bedingungen im Einsatz. Da die Schachteln in Schwaben abfuhren, wurden die Siedler „Donauschwaben“ genannt, obwohl bei weitem nicht alle auch wirklich aus Schwaben kamen. Hauptsächliches Transportgut aber waren Waren aus Ulmer Produktion sowie Kolonialwaren, die über die Nordseehäfen, den Rhein und den Main herantransportiert wurden. Denn Ulm ist nur rund 130 km von Marktbreit entfernt, dem südlichsten und östlichsten Punkt des Mains, der regelmäßig mit dem Schiff erreichbar war. So steht auch heute noch in Marktbreit der von den früheren Stadtherren, den Schwarzenbergs, errichtete „Krahnen“, ein barocker und noch immer funktionsfähiger Laufrad-betriebener Kran. Der Marktfleck erbrachte als Umschlagplatz den Schwarzenbergs beinahe ebenso hohe Einnahmen, wie alle Ihre Ländereien zusammen, da die Handelswege östlich von Wien, teilweise auch über die Steiermark an die Adria, von den Türken unterbrochen oder bedroht waren. Wegen des regelmäßigen Dienstes nach Fahrplan wurden die Schachteln auch „Ordinarii“ genannt. Die letzte reguläre Schachtel verließ Ulm 1897. Die Ulmer Gesellschaft der Donaufreunde hält die Tradition wach. Die Schachteln sind ein Symbol der Donaupartnerschaft geworden, die sich von Ulm aus zu einem europäischen Netzwerk der Städte und Regionen entlang der Donau entwickelt hat. |
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Informationen: http://www.fhsaustria.org | ||
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