Faymann
zu Griechenlandhilfe: Sind darauf angewiesen, dass Währung stabil ist
"Wir sind Risiko eingegangen, abgeschrieben wurde aber noch nichts." - Faymann
unterstreicht Bedeutung des Euro für Österreichs Wirtschaft
Wien (sk) - "Bis jetzt ist für uns durch die Griechenlandhilfe noch kein Verlust eingetreten",
sagte Bundeskanzler Werner Faymann am 26.04. in der ORF-"Pressestunde". Er betonte aber, dass es wichtig
sei, auch der Bevölkerung in Österreich zu sagen, dass ein Risiko bestehe: "Das soll man auch nicht
schönfärben", so der Kanzler. Zur Ehrlichkeit mahnte er aber auch all jene, die bereits jetzt behaupten,
es gäbe Verluste für Österreich. "Alle, die jetzt schon wissen, es wird Milliarden kosten,
sind Scharlatane", sagte Faymann. Weiters betonte der Kanzler die Bedeutung der Gemeinschaftswährung
für die österreichische Wirtschaft.
"Wir sind darauf angewiesen, dass unsere Exporte funktionieren und unsere Währung stabil ist", sagte
Faymann. Um dies zu gewährleisten brauche es auch Stabilität in den anderen EU-Mitgliedstaaten. Hilfe
für Griechenland liege deswegen im Interesse Österreichs. Ob Griechenland demnächst nochmalige,
durch die EU-Partner erhalte, werde gegebenenfalls an strenge Auflagen geknüpft. "Die Bürgerinnen
und Bürger können sich darauf verlassen, dass sich die Griechen an die auferlegten Bedingungen halten
müssen", sagte Faymann. Hierzu zählen neben strikten Sparmaßnahmen auch Verkäufe von
Staatseigentum sowie Maßnahmen für mehr Steuermoral und gegen Schattenwirtschaft und Korruption.
Eine herbeigeführte Insolvenz Griechenlands als "Plan B" zum jetzigen Hilfs- und Sanierungskurs
wäre für ganz Europa ein Nachteil: "Eine Insolvenz hätte unangenehme Folgen, auch für
Österreich. Das wünscht man sich nicht, das redet man nicht herbei", so Faymann. Es gelte dabei
auch an die Auswirkungen für die griechische Bevölkerung zu denken, die an den Entwicklungen in Griechenland
größtenteils unschuldig ist. "In Griechenland wohnen nicht nur Banker, Spekulanten und Superreiche."
Man müsse die Folgen für die Menschen bedenken: "Dann kann das Personal in Schulen und Krankenhäusern
nicht mehr bezahlt werden", sagte der Kanzler.
Mittelfristig gehe es darum, Griechenland strukturell zu erneuern - neue Hilfen sollten auch unter der Beteiligung
Privater erfolgen. "Das hat aber nur dann Sinn, wenn die Griechen ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen
und etwas gegen Schattenwirtschaft und Steuerhinterziehung unternehmen", sagte Faymann.
Trotz der derzeitigen Turbulenzen rund um den Euro und Griechenland dürfe man nicht vergessen, dass die Österreicherinnen
und Österreicher vom Euro insgesamt deutlich profitiert haben. Hierfür verantwortlich sei vor allem die
wirtschaftliche Sicherheit, die gute Situation auf dem Arbeitsmarkt und die stabile Kaufkraft. "Wir haben
vom Euro profitiert und wollen ihn deshalb stabil haben, weil wir auch in Zukunft profitieren wollen", sagte
Faymann. Am Export in die Eurozone alleine hängen in Österreich eine halbe Million Arbeitsplätze.
Österreich ist Modellregion in Europa
Mit seiner hervorragenden Wettbewerbsfähigkeit bei starker Kaufkraft und sozialem Ausgleich sei Österreich
eine "Modellregion in Europa". "Wir müssen uns mehr für soziale Gerechtigkeit stark machen,
sonst geht der Punkt, der Österreich zu einer Modellregion macht, verloren", so Faymann. Er sei daher
ein "überzeugter, aber nicht unkritischer Europäer". Wesentliche Fragen der Zukunft würden
nicht im eigenen Land, sondern gemeinsam in Europa entschieden, daher sei es wichtig, sich auf europäischer
Ebene für und gegen etwas zu engagieren.
Zur Frage der Staatsverschuldung sagte der Bundeskanzler: "Wenn Schulden, auch die zukünftigen, so aufgebaut
sind, dass man in Bildung, Infrastruktur und Forschung investiert, dann ist das zukunftsorientiert", sagte
Faymann. Wenn man allerdings Schulden mache, weil etwa Doppelgleisigkeiten in der Bürokratie nicht abgeschafft
würden, dann bereite ihm das Sorgen. "Unser Land ist nicht nur neutral, sondern auch unabhängig.
Wir müssen diese Unabhängigkeit erhalten, indem wir unsere starke wirtschaftliche Position und unser
Triple-A-Rating halten", so der Bundeskanzler.
Eine kommende Steuerreform müsse durch Wirtschaftswachstum finanziert werden, führte Faymann weiter aus.
Angesichts der aktuellen guten Daten für Konjunktur und Arbeitsmarkt gehe er davon aus, dass "wir das
verdienen". 2013 wäre ein guter Zeitpunkt für eine Steuerreform, bis dahin müsse man sich um
das Wirtschaftswachstum kümmern. Im Rahmen einer Steuerreform sei es notwendig, über soziale Gerechtigkeit
zu reden. "Wir müssen darüber reden, wie gerecht es zugeht, wen wir entlasten wollen, nämlich
die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und wie man mit vermögensbezogenen Maßnahmen auch die richtigen
trifft, nämlich die reichsten fünf Prozent der Bevölkerung", sagte der Bundeskanzler.
Die gute Wirtschaftslage in Österreich sei gemeinsam durch die "fleißigen Unternehmerinnen und
Unternehmer, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und mit den Rahmenbedingungen, die wir ihnen gegeben haben",
zustande gekommen, sagte Faymann. Die Steuerreform 2008 mit drei Mrd. Euro habe die Kaufkraft gestärkt und
mit Konjunkturpaketen, Investitionen, Ausbildungsgarantie und Hilfe durch Kurzarbeit habe man in der Krise gegen
gehalten, so Faymann. "Das alles ist die richtige Politik, auf die ich stolz bin. Da darf man nicht nachlassen,
aber auch dort einsparen, wo man einsparen muss."
Die Bundesregierung werde weiterhin in den wesentlichen Bereichen wie Bildung, Forschung, Abbau von Bürokratie,
Transparenz und Korruptionsbekämpfung geschlossen vorgehen. "Wir haben 90 Punkte mit einem konkreten
Zeitplan vorgestellt, das ist in Summe ein großer Wurf. Unsere Aufgabe ist es, mit der Summe dieser Maßnahmen
so stark zu sein, dass wir weiterhin Modellregion in Europa bleiben", sagte Faymann. Bei 90 Prozent der Aufgaben
sei man sich in der Regierung einig. In verschiedenen Bereichen, wie etwa der Wehrpflicht, müsse es einer
Partei erlaubt sein, die Gesellschaft von morgen anders zu sehen. Der Bundeskanzler stellte klar, dass er für
ein Profiheer sei, der Übergang dazu müsse aber gut vorbereitet sein. Es sei eine Möglichkeit, bei
den nächsten Nationalratswahlen zeitgleich mit einer Volksabstimmung "eine Entscheidung herbeizuführen",
sollte es vorher nicht gelingen, den Koalitionspartner zu überzeugen.
Zur Bildungspolitik sagte der Bundeskanzler, dass diese nicht nur aus einer Notendebatte bestehen dürfe, sondern
es darum gehe, das Gesamte zu diskutieren, wie Schülerinnen und Schüler leistungsfähig gemacht und
ideal vorbereitet werden. Die Frage der modularen Oberstufe werde in der jetzt laufenden Begutachtungsphase weiter
diskutiert werden. Er sei überzeugt, dass man zu eine sachlich richtigen Lösung kommen werde. Wichtig
sei unter anderem, dass dadurch für Eltern hohe Kosten für Nachhilfelehrer reduziert werden könnten.
Faymann sagte, dass er sich als jemand verstehe, der sich ganz besonders der Frage der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet
fühle. "Ich finde eine schönere Vision, als die, dass jedes Kind durch eine gute Schule die gleichen
Chancen hat, ganz gleich wo es geboren worden ist, dass jeder, der arbeiten gehen möchte, auch eine Arbeit
findet, dass jeder respektvoll behandelt wird - eine schönere Vision gibt es nicht." |
Strache: Mehr als drei "Nicht Genügend" für den Kanzler
Wen Faymann von einem "mittelfristigen Szenario" für Griechenland spreche, bereite
er die Österreicher auf weitere Zahlungen vor.
Wien (fpd) - "Genauso farblos wie sein schwarz-weiß Outfit waren auch die Aussagen des Bundeskanzlers
in der heutigen ORF-,Pressestunde‘", sagte der freiheitliche Bundesparteiobmann HC Strache, der Faymann mehr
als drei "Nicht Genügend" für dessen Regierungsarbeit gibt. Gleich einen "Römischen
Fünfer" verdiene der Kanzler für seine Griechenlandpolitik, denn er sage der Bevölkerung bewusst
nicht die Wahrheit, so Strache, der Faymann aufforderte nicht wie in einem Wunschkonzert ausschließlich die
positiven Möglichkeiten zu verkünden, sondern die weitaus realistischere Variante eines Scheiterns der
Griechenlandhilfe in Erwägung zu ziehen. "Faymann soll die Leute nicht anschwindeln, sondern den offenbar
vorhandenen Plan B ehrlich auf den Tisch legen", so Strache.
Wen Faymann von einem "mittelfristigen Szenario" für Griechenland spreche, bereite er die Österreicher
auf weitere Zahlungen vor, warnte Strache, der in der aktuellen Griechenlandpolitik der österreichischen Bundesregierung
keinen eigenen Weg erkennen kann. "Faymann agiert wie ein Ministrant der EU-Sekte, der bei jedem Klingeln
den Geldbeutel zückt", so Strache.
Ein weiteres "Nicht Genügend" erhalte Faymann für seine Haltung zur von ihm selbst via Leserbrief
angekündigten Volksabstimmung zu EU-bedingten Verfassungsänderungen, von der er nun nichts mehr wissen
wolle. Die "Hätti-Wari"-Ausrede, sei sehr schwach und verdiene ein "Nicht Genügend"
in Betragen der österreichischen Bevölkerung gegenüber, die nun wisse, dass das Wort des Kanzlers
nichts wert sei, so Strache.
Ebenfalls mit einem "Pinsch" bewertete Strache die Aussagen Faymanns zur sogenannten Reichensteuer, die
ausschließlich den Mittelstand treffen werde. "Die wirklich Reichen haben ihr Geld längst so geparkt,
dass sie davon nicht betroffen sind. Leidtragende werden die kleinen Häuselbauer und Wohnungsbesitzer sein",
warnte Strache vor der sozialistischen Umverteilungspolitik.
Jeweils noch einen "Fünfer" verdiene Faymann für den Reformstillstand auf allen Linien, für
die Abschaffung der Wehrpflicht, die die Pflegeversorgung der Österreicher ins Chaos stürzen werde und
nicht zuletzt auch für die Schulreform, die die völlige Schnapsidee eines Aufsteigens mit drei "Nicht
Genügend" als Reform darstellen wolle, so Strache.
"Dazu passt die beharrliche Weigerung des Kanzlers eine Koalition mit der FPÖ in Erwägung zu ziehen,
denn dann wäre Schluss mit dem Reformstau und Faymann müsste endlich für die Österreicher arbeiten",
schloss Strache. |