Karl kündigt Familienrechtspaket bis Herbst 2012 an   

erstellt am
24. 06. 11

Justizausschuss: Aussprache über Vorhaben der neuen Ministerin
Wien (pk) - Bei ihrem ersten Auftritt im Justizausschuss nahm am 22.06. Ministerin Beatrix Karl eine Aktuelle Aussprache zum Anlass, die Abgeordneten über die Schwerpunkte ihres Arbeitsprogramms zu informieren. Im Anschluss daran beschloss der Ausschuss verschärfte Bestimmungen gegen Missbrauch bei der Vorratsdatenspeicherung, ein Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz im Lichte von mehr Transparenz sowie Änderungen beim Zuständigkeitsübergang auf die neue Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Konkret kündigte Karl bis spätestens Herbst 2012 ein Familienrechtspaket an, das vor allem auch Regelungen über die gemeinsame Obsorge enthalten wird. Demnach soll nach einer Ehescheidung grundsätzlich gemeinsame Obsorge gelten, geplant ist nach den Worten Karls aber auch eine Verfahrensbeschleunigung beim Besuchsrecht. Überdies will die Ministern einen Schiedsmechanismus einführen, der die Familiengerichte unterstützen und zur Deeskalierung beitragen soll. Ob dies, wie von der Abgeordneten Daniela Musiol (G) vorgeschlagen, in Form einer dem Gericht vorgelagerten Schiedsstelle geschieht, sei angesichts von Bedenken hinsichtlich des Art. 6 MRK noch ungewiss, meinte Karl. Teil des Pakets werden auch Änderungen im Namensrecht sein, wobei die Ministerin, wie sie sagte, vor allem mehr Flexibilität bei Doppelnamen anstrebt.

Anliegen der Ministerin wird auch eine Verbesserung des Schutzes der Kinder sein. Geplant sind in diesem Sinn die Schaffung eines Straftatbestands bezüglich des Anbahnens sexueller Kontakte mit Kindern via Internet sowie die Einführung einer Mindeststrafe für Gewalt gegen Minderjährige.

An weiteren Gesetzesvorhaben nannte Karl eine GmbH-Reform, die eine Herabsetzung des Mindeststammkapitals von derzeit 30.000 € auf 10.000 € sowie Erleichterungen bei der Gründung von Ein-Mann-GmbHs durch Senkung der Notartarife vorsieht. Schrittweise will Karl schließlich bei der ABGB-Reform vorgehen. Ins Auge gefasst sei zunächst eine Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in einer weiteren Phase stehe dann eine Reform des Erbrechts auf dem Programm, kündigte die Ministern an.

Breiten Raum in der Debatte nahmen die Themen "Mafia-Paragraph" und Terrorismus-Prävention ein. Die Abgeordneten Johannes Jarolim (S), Petra Bayr (S) und Albert Steinhauser (G) erinnerten an den Tierschützerprozess von Wiener Neustadt, wobei Jarolim feststellte, die Anwendung des Paragraphen 278a StGB habe gezeigt, dass es notwendig sei, legistisch nachzuschärfen. Zu Vorsicht mahnte der Justizsprecher der SPÖ auch im Zusammenhang mit der Terror-Prävention. Hier gelte es, nicht mit generellen, überschießenden Normen zu agieren, warnte er. Steinhauser sprach in diesem Zusammenhang von einer massiven Gefahr des Missbrauchs, während die Abgeordneten Peter Michael Ikrath und Karin Hakl (beide V) einwarfen, man müsse bei den geplanten Änderungen auf die jüngsten Ereignisse reagieren und bestehende Gesetzeslücken schließen.

Die Ministerin sprach sich dafür aus, sowohl den Tierschützerprozess, als auch allgemein den Paragraphen 278a StGB zu evaluieren, wollte aber zuvor noch den Abschluss des Verfahrens abwarten. Zur Terrorprävention stellte sie fest, es gebe Lücken, die geschlossen werden sollten. Ansatzpunkte sah sie dabei in Vorschlägen, das Anleiten zu Terrorakten im Internet unter Strafe zu stellen und beim Auffordern zu Terrorakten und Gutheißen des Terrors die qualifizierte Öffentlichkeit zu reduzieren, dies vor allem auch, um gegen Hassprediger vorgehen zu können.

Verbesserter Schutz bei der der Vorratsdatenspeicherung
Mit einer Überarbeitung der österreichischen Umsetzung der EU-Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten soll der Schutz vor missbräuchlicher Verwendung der auf diesem Wege bezogenen Informationen ausgeweitet werden. Ein vom Justizausschuss im Anschluss an die Aussprache teils einstimmig, teils mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossener S-V-Antrag (1507/A) sieht in diesem Sinn vor, dass derartige Datenauskünfte von den Staatsanwaltschaften nur streng nach dem "Vier-Augen-Prinzip" angeordnet werden dürfen und Personen, die gespeicherte Daten unzulässig veröffentlichen, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen belegt werden können.

Die Abgeordneten Ewald Stadler (B) und Albert Steinhauser (G) begrüßten zwar, dass Teile der ursprünglichen Kritik an dem Gesetz nun berücksichtigt worden sind, blieben aber bei ihrer Forderung nach einer gerichtlichen Genehmigung.

Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz bringt mehr Transparenz
Weiters verabschiedete der Ausschusse eine Regierungsvorlage eines Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetzes (1252 d.B.), die zunächst bezweckt, das österreichische Umgründungsrecht an die Vorgaben der entsprechenden EU-Richtlinie anzupassen. Darüber hinaus soll dem im Gefolge des Prüfungsergebnisses der Financial Action Task Force (FATF) vom Ministerrat beschlossenen Transparenzpaket zur Verbesserung der Transparenz bei Aktiengesellschaften Rechnung getragen werden, indem nun alle nicht börsennotierten Gesellschaften zur Ausgabe von Namensaktien verpflichtet werden.

Ein Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage betrifft die Umstellung von der derzeitigen Zeilengebühr auf verschiedene "Flat-Rates" für Abfragen aus dem Grundbuch, die nunmehr erst mit 7. Mai 2012 in Kraft treten soll. Begründet wurde dies damit, dass aus Kapazitätsgründen eine Fertigstellung der technischen Voraussetzungen zum ursprünglich geplanten Zeitpunkt 1.Oktober 2011 nicht erfolgen könne.

Die Abgeordneten Ewald Stadler (B) und Peter Fichtenbauer (F) unterstützten seitens ihrer Fraktionen die Regierungsvorlage, übten aber Kritik an den Abänderungen hinsichtlich Grundbuchsgebühren. Diese Reparatur sei nur wegen einer "Schluderei" der Koalition bei der ursprünglichen Beschlussfassung notwendig geworden, meinte Stadler.

Bei der Abstimmung passierte die Regierungsvorlage in den von der Abänderung nicht betroffenen Passagen einstimmig den Ausschuss, der Abänderungsantrag erhielt die Zustimmung von SPÖ und ÖVP.

Kühlgeräteentsorgungsbeiträge: Ausschuss beschließt neuen Modus
Ebenfalls auf die Abgeordneten Heribert Donnerbauer (V) und Johannes Jarolim (S) geht ein Antrag auf rückwirkende Aufhebung des im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes beschlossenen Bundesgesetzes zur Rückführung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge der KonsumentInnen zurück. An seine Stelle soll nun ein Bundesgesetz über die Ermächtigung zur Übernahme der Rückerstattung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge treten. Gemäß den darin enthaltenen Bestimmungen soll die UFH (GmbH & Co KG sowie Privatstiftung) für die Übernahme der Rückzahlungsverpflichtungen ein Entgelt von 24 Mio. € an den Bund leisten und bis 31. Dezember 2020 die Prüfung bzw. Abwicklung der Rückzahlungsansprüche und bis 31. Dezember 2013 die Begleichung der Rückzahlungen kostenfrei übernehmen.

Scharfe Kritik an der Vorgangsweise der Koalition wurde von den Abgeordneten Ewald Stadler und Herbert Scheibner (beide B), Peter Fichtenbauer (F) und Albert Steinhauser (G) geübt. Ihre Argumentation stellte auf die ihrer Ansicht nach fragwürdigen Modalitäten ab, durch die eine Überführung von 24 Mio. € aus einem Fonds, in dem nach ihnen vorliegenden Zahlen tatsächlich noch mindestens 31 Mio. € vorhanden sind, ins Budget erfolgt. Nach Ansicht der Abgeordneten der Opposition sollte das Geld besser in einer zweckgebundenen Weise verwendet werden. Außerdem stelle sich die Frage, ob die verbleibende Differenz von mindestens 7 Mio. € eine angemessene Verwendung finde, so der Tenor der Wortmeldungen. Die Antragssteller Heribert Donnerbauer (V) und Johannes Jarolim (S) wiesen, ebenso wie Justizministerin Karl, diese Kritik zurück. Sie argumentierten, dass die Regelung sicher stelle, dass auch weiterhin die gezahlten Entsorgungsbeiträge rückerstattet werden können. Man habe einen gangbaren Weg gefunden habe, wie mit den nach einer früher geltenden Regelung eingehobenen Geldern nun verfahren werden solle, meinte Abgeordneter Jarolim.

Der Antrag wurde mit S-V-Mehrheit angenommen.



Anträge der Opposition vertagt

Vertagt wurden hingegen ein Antrag des Freiheitlichen Abgeordneten Peter Fichtenbauer, der darauf abzielt, durch strikte Fristsetzungen Rechtsstreitigkeiten im Obsorgerecht bzw. im Besuchsrecht zu beschleunigen. Der Antragsteller argumentierte, dass vor allem durch die Tatsache, dass Expertengutachten oft Jahre auf sich warten lassen, unzumutbar lange Verfahrensdauern entstehen.

Abgeordneter Johann Maier (S) stimmte dem Antragsteller grundsätzlich zu, dass die derzeitige Regelung überlange Verfahrensdauern ermögliche, was zu hohen Belastungen führe. Die Materie sollte aber am besten im Familienrechtspaket gelöst werden, meinte er. Er stellte daher einen Vertagungsantrag, der mit S-V-Mehrheit angenommen wurde.

In Sachen Unterhaltsvorschuss lag dem Ausschuss eine weitere Initiative der Freiheitlichen vor. FPÖ-Abgeordnete Carmen Gartelgruber trat in ihrem Antrag dafür ein, die Auszahlung eines Unterhaltsvorschusses auch unabhängig von der Vorlage eines im Inland vollstreckbaren Exekutionstitels zu ermöglichen.

In der Diskussion des Antrags, die von der Antragstellerin sowie Abgeordnetem Ewald Stadler (B), Johann Maier (S), Albert Steinhauser (G) und Ausschussvorsitzendem Heribert Donnerbauer geführt wurde, zeigte sich ein parteiübergreifender Konsens, dass die Materie nicht ausschließlich durch das Justizministerium gelöst werden könne. Sie berühre Angelegenheiten des Sozialministeriums sowie der Jugendwohlfahrt und damit der Länder. Es sei daher zweckmäßig, eine parlamentarische Enquete zu diesen Fragen abzuhalten, so der allgemeine Tenor. Der Antrag wurde mit S-V-Mehrheit vertagt.

Änderungen des Strafgesetzes bezüglich Folter schlugen BZÖ und Grüne vor. B-Abgeordneten Ewald Stadler forderte in seinem Antrag lebenslängliche Freiheitsstrafe für jene, die Kinder zu Tode quälen. Die Grünen wiederum wollten für Folter eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren, bei Dauerfolgen oder Tod des Opfers bis zu 15 Jahren.

Auch diese beiden Anträge wurden mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt mit dem Hinweis, dass die Justizministerin beabsichtige, in dem in der Aktuellen Aussprache angekündigten Paket die Kinderrechte zu stärken.

BZÖ will Wiedereinführung der UntersuchungsrichterInnen
Vertagt wurde weiters der Antrag des BZÖ, in dem Abgeordneter Ewald Stadler die Wiedereinführung der UntersuchungsrichterInnen verlangt und dabei argumentiert, dass die StaatsanwältInnen mit ihren neu gewonnen Aufgaben überfordert seien und dabei vergleichsweise wenig Kontrolle unterlägen. Die Staatsanwaltschaft sei in ihre Rolle nicht hineingewachsen, außerdem gebe es eine "Komplizenschaft" zwischen StaatsanwältInnen und Polizei, sagte Stadler, das habe einmal mehr die Verfolgung der TierschützerInnen unter Beweis gestellt. Er plädierte auch für die Ausweitung der parlamentarischen Kontrolle der Staatsanwaltschaft, etwa durch einen eigenen Ständigen Unterausschuss des Justizausschusses.

Unbehagen über die derzeitige Situation äußerten auch Abgeordnete der anderen Fraktionen, wobei jedoch Abgeordneter Johannes Jarolim (S) die Reform nicht gänzlich zurücknehmen wollte. Man sollte zunächst den Evaluierungsbericht abwarten und dann in eine breite Diskussion eintreten, welche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation zu setzen seien. Deshalb trete er für die Vertagung des Antrags ein. Ähnlich argumentierte Abgeordneter Peter Michael Ikrath (V). Ihm zufolge sollte der Evaluierungsbericht genützt werden, strukturiert an die Probleme heranzugehen. Es gelte vor allem, das Vertrauen der Menschen in die Justiz zu stärken. Diesen Diskussionsbedarf sah auch Abgeordneter Albert Steinhauser (G), der die Kritik Stadlers in weiten Bereichen teilte und den Vertagungsantrag unterstützte. Abgeordneter Herbert Scheibner (B) widersprach Jarolim und wies darauf hin, dass der Evaluierungsbericht ein essentieller Bestandteil der damaligen nicht unumstrittenen StPO-Novelle war. Man habe offen gelassen, bei einem negativen Befund, die Reform wieder zurückzunehmen.

Ebenfalls vertagt wurde schließlich ein Antrag der Freiheitlichen, der sich gegen die Beschäftigung von Freigängern bei Gericht wandte. Häftlinge hätten hier Zugang zu sensiblen Daten und Akten und würden gemäß Strafvollzugsgesetz nicht überwacht, gaben die Abgeordneten Christian Lausch und Peter Fichtenbauer(beide F) zu bedenken. Die Vertagung durch SPÖ und FPÖ wurde von Abgeordnetem Bernd Schönegger (V) damit begründet, dass man nicht von Einzelfällen ausgehen und zunächst genau prüfen sollte, um wie viele Fälle es sich handelt.
     
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