Konjunktur und Budgetvollzug gut, Hoffnung auf kleineres Defizit lebt   

erstellt am
29. 06. 11

Budgetausschuss: Streit um Hilfe für Griechenland
Wien (pk) - Der Budgetausschuss hat sich am 28.06. mit der durch steigende Steuereinnahmen und sinkende Kosten bei der Finanzierung der Arbeitslosigkeit erfreulichen Entwicklung des Bundeshaushalts in den ersten fünf Monaten des laufenden Budgetjahres befasst. Bei dieser Gelegenheit analysierten die Ausschussmitglieder die dramatische finanzielle Situation in Griechenland und debattierten von unterschiedlichen Standpunkten aus über die Erfolgschancen weiterer finanzieller Hilfen sowie über die Risiken einer Pleite dieses Landes. Mit Mehrheit verabschiedete der Ausschuss Verbesserungen im Sozialrecht von Mandataren und höhere Aufwandsvergütungen für parlamentarische MitarbeiterInnen. Ein Antrag der FPÖ für Jahresberichte über Informations- und Werbemaßnahmen öffentlicher Stellen wurde vertagt.

An der Spitze der Tagesordnung stand ein Bericht der Bundesministerin für Inneres über die Erfolgskontrolle beim "Support Unit-Zentrales Melderegister" im Zeitraum 2003 bis 2010, den der Ausschuss einstimmig zur Kenntnis nahm ( III-242 d.B.). Der Controllingbeirat beurteilt die Support Unit als erfolgreich geführte Organisation, die ihre Projektziele verordnungsgemäß und mit den dafür festgelegten Ressourcen erreicht hat; darüber hinaus wurden auch neue Aufgabenstellungen erfüllt. Der finanzielle Saldo des Projekts ist positiv, heißt es im Bericht. Detailfragen der Mandatare beantwortete Finanzstaatssekretär Andreas Schieder. Die Kosten für die Gemeinden im Meldewesen sind im Berichtszeitraum gleich geblieben.

Sozialrechtliche Verbesserungen für BürgermeisterInnen
Dann sprach sich der Ausschuss auf Antrag der Abgeordneten Kurt Gaßner (S) und Jakob Auer (V) (S-V-Antrag 1544/A) mehrheitlich für Verbesserungen und Verwaltungsvereinfachungen im Sozialversicherungsrecht der PolitikerInnen aus, um das politische Engagement älterer Menschen zu erleichtern und BürgermeisterInnen im Falle einer Arbeitslosigkeit nach Ende ihrer Funktion mehr soziale Sicherheit zu geben. Im inhaltlichen Zusammenhang damit beantragte Abgeordneter Kurt Gassner (S) auch verfassungsrechtlich gebotene Anpassungen im Bundesbahn-Pensionsgesetz und Änderungen im Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeiterinnengesetz, um deren Rechtsanspruch auf Reisegebühren auch im Gehaltssystem des Allgemeinen Verwaltungsdienstes zu verankern. Ein V-S-Abänderungsantrag zielt außerdem auf eine höhere Vergütung der Reise-, Tele­kommunikations- und Fortbildungskosten parlamentarischer MitarbeiterInnen. Die Mehrausgaben sollen 2012 bis 2015 durch Einsparungen und Rücklagenentnahmen bedeckt werden, ab 2016 soll das Parlamentsbudget entsprechend erhöht werden, stellte der Ausschuss fest.

In der Debatte lehnte Abgeordneter Alois Gradauer (F) Sonderregelungen für öffentliche Mandatare ab und sprach sich nachdrücklich dafür aus, ASVG-Bestimmungen in allen Bereichen durchzusetzen.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) verteidigte die Vorlagen hingegen als demokratiepolitisch sinnvoll und begrüßte insbesondere die Reparatur einer Regelungen, die zur nachträglichen Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen durch Mandatare und somit dazu geführt habe, dass Sozialversicherungen oft 20 Jahre alte Akten aus den Kellern holen mussten, um Ansprüche zu berechnen.

Abgeordneter August Wöginger (V) sprach von einer gerechten und sinnvollen Regelung, die zur sozialversicherungsrechtlichen Gleichstellung öffentlicher Mandatare mit anderen Versicherten führt. Wöginger begrüßte auch die Anhebung von Aufwandsvergütungen für Parlamentsmitarbeiterinnen als einen kleinen Schritt zur Verbesserung der Infrastruktur des Parlaments.

Abgeordneter Werner Kogler (G) teilte die positive Einschätzung der Sprecher der Koalitionsparteien nur teilweise und bedauerte Diskrepanzen zwischen Politikern und dem ASVG-Bereich. Den Verbesserungen zugunsten der ParlamentsmitarbeiterInnen stimmte Kogler ausdrücklich zu. Die einzelnen Vorlagen erzielten in getrennter Abstimmung unterschiedliche Mehrheiten.

Gute Budgetentwicklung von Jänner bis Mai 2011
Schließlich nahm der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der Grünen Berichte des Finanzressorts zur Entwicklung des Bundeshaushalts im Zeitraum Jänner bis Mai 2011 zur Kenntnis (über Details informiert die PK-Meldung Nr. 559/2011).

Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) befasste sich in seiner Wortmeldung mit den höheren Einnahmen im Bereich der Lohnsteuer, der Bankenabgabe und der Körperschaftssteuer, wobei er sich nach den Ursachen für gravierende unterjährige Schwankungen erkundigte. Besorgt zeigte sich der Abgeordnete über den Anstieg bei den Zinsenzahlungen für die Finanzschuld.

Abgeordneter Robert Lugar (B) äußerte sich einmal mehr kritisch gegenüber dem Hilfspaket für Griechenland und zur österreichischen Beteiligung daran. Jede Darstellung, die diese Maßnahme als ein Geschäft auszuweisen versuche, sei falsch.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) stellte klar, dass es sich bei der Hilfe für Griechenland nicht um ein Geschäft handle, sondern darum, Verluste zu vermeiden.

Abgeordneter Ruperta Lichtenecker (G) sprach von einer erfreulichen Entwicklung des Bundeshaushalts und wollte wissen, in welchem Ausmaß die Regierung angesichts immer besserer Konjunkturprognosen mit zusätzlichen Mehreinnahmen für das Budget rechne.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) stellte seinerseits klar, dass es weder beim Bankenpaket, noch bei der Griechenlandhilfe darum gehe, ein Geschäft zu machen, es werde aber auch niemandem unangenehm sein, wenn die Einnahmen letztlich höher sind als die Ausgaben. Im Falle Griechenlands warnte Matznetter davor, dieses Land pleitegehen zu lassen, weil eine solche Pleite unabsehbare Risiken berge und die österreichische Wirtschaft treffe, der ein wichtiger Exportmarkt verloren gehen würde. Wer für ein Pleite Griechenlands plädiere, rede im Interesse jener, die mit Kreditausfallsversicherungen (CDS) auf eine Pleite Griechenlands gewettet haben. Spekulanten würden ermuntert, dieses Spiel gegenüber anderen Euroländern fortzusetzen, warnte Abgeordneter Matznetter.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) wies darauf hin, dass die gegenwärtige Verschuldung Griechenlands einen Betrag von 350 Mrd. € erreicht habe. Kommen weitere 120 Mrd. € hinzu, werde klar, dass Griechenland diese Schulden weder zurückzahlen, noch die Zinsen bedienen könne. Griechenland ist pleite, lautete die Schlussfolgerung Königshofers, der Verständnis für den Protest von Sozialdemokraten und Kommunisten in Griechenland gegen die Zustimmung der griechischen Regierung zu den Auflagen Brüssels zeigte. Königshofer warnte davor, sich durch weitere Teilnahme an dem Hilfspaket für Griechenland in eine Schuldknechtschaft hineintreiben zu lassen. Österreich sollte die Reißleine ziehen. Die Slowakei habe sich von Anfang an nicht am Hilfspaket für Griechenland beteiligt, erinnerte Königshofer.

Abgeordneter Robert Lugar (B) hielt fest, dass Kreditausfallsversicherungen nicht der Spekulation, sondern der Absicherung von Krediten dienen. Lugar wandte sich gegen eine Politik der Konkursverschleppung, die Banken die Möglichkeit gebe, ihre Griechenlandanleihen an die EZB zu verkaufen, sodass zuletzt der Steuerzahler alleine für den gesamten Konkursschaden aufzukommen hat.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) bezeichnete dem gegenüber eine Pleite Griechenlands als die teuerste Lösung für den Steuerzahler und plädierte dafür, alles zu tun, um eine solche Pleite zu verhindern.

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder stellte klar, dass weder die Bankenrettung, noch die Hilfe für Griechenland, Irland und Portugal irgendeiner Geschäftsabsicht entsprochen haben. Es sei ausschließlich darum gegangen, die Verhältnisse zu stabilisieren und Kosten zu vermeiden.

Eine positive Entscheidung des griechischen Parlaments zu Konsolidierungsmaßnahmen und Privatisierungsschritten vorausgesetzt, werden die EU Kommission und der IWF in den kommenden Tagen prüfen, ob Griechenland eine finanziell nachhaltige Entwicklung nehmen könne. Dann werde die Eurogruppe die nächste Tranche der Griechenlandhilfe überweisen. Die Zinszahlungen von Seiten Griechenlands laufen wie vorgesehen, sagte Schieder und informierte die Abgeordneten darüber, dass diese Zinsen - wie beim Bankenpaket - höher sind, als die Kosten für die Finanzierung der Griechenlandhilfe ausmachen.

Der Haushaltsvollzug laufe im Jahr 2011 gut. Mehreinnahmen, insbesondere bei der Lohnsteuer, bei der Körperschaftssteuer, bei der Umsatzsteuer und durch die Bankenabgabe sowie höhere Rücklangenauflösungen in den Ressorts stehen sinkenden Kosten bei der Finanzierung der Arbeitslosigkeit gegenüber. Von einer weiteren Verbesserung der Konjunktur könne man sich weitere zusätzliche Einnahmen und ein geringeres Defizit erhoffen, sagte der Staatssekretär.

Abgeordneter Werner Kogler (G) wies in der weitergehenden Debatte um eine drohende Pleite Griechenlands auf den aus seiner Sicht wichtigen Unterschied zwischen einer chaotischen Pleite und einem geordneten Ausgleich hin. Man wisse zu wenig über Kreditausfallversicherungen Bescheid, leide unter der Abhängigkeit von Rating-Agenturen und unter Sachzwängen, die aufgebaut werden, um jene zu verschonen, die bisher Gewinne gemacht haben. Er, Kogler könne die Behauptung nicht akzeptieren, eine Teilentschuldung Griechenlands wäre nicht möglich.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) warnte hingegen vor einer Pleite Griechenlands, die jene, die mit CDS auf diese Pleite gewettet haben, ermuntern würde, ihre Jagd auf andere europäische Länder fortzusetzen. Eine solche Kettenreaktion gelte es zu vermeiden.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) erinnerte daran, dass die EU bereits durch den Beitritt südeuropäischer Länder zu einer Transferunion geworden sei. Fehlinvestitionen in griechische Panzer sowie spanische Immobilien und eine Explosion der Staatsschulden in den nördlichen EU-Mitgliedsländern seien die Folge. Eine Pleite Griechenlands würde es erlauben, dem Land 40 % bis 50 % seiner Schulden zu erlassen. Auf österreichische Banken hätte das nur geringe Auswirkung. Man soll den Konkurs Griechenlands nicht nur deshalb vermeiden, um zu verhindern, dass CDS-Anteilseigner profitieren.

Abgeordneter Robert Lugar (B) bezeichnete es als einen teuren Fehler, Griechenland nicht in Konkurs gehen zu lassen. Man müsse Griechenland nicht retten, um die CDS-Mafia kollabieren zu lassen. Man sollte vielmehr internationale Regelungen für CDS schaffen.

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder hielt es angesichts der hohen Risiken, die eine Pleite Griechenlands für andere Länder, aber auch für die Sparer in Österreich bedeuten würden, für sinnvoll, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. In Griechenland werde ein Wirtschaftswachstum von 3 % als ausreichend angesehen, um eine nachhaltige Schuldenrückzahlung zu ermöglichen.

FPÖ will mehr Transparenz in der Eigenwerbung der Regierung
Schließlich legte Abgeordneter Alois Gradauer FPÖ-Antrag 958/A(E) vor und argumentierte für die Vorlage von Jahresberichten über Informations- und Werbemaßnahmen sämtlicher der Prüfung des Rechnungshofes unterlegenden Stellen und Rechtsträger. – Die von Abgeordnetem Günter Stummvoll (V) mit der Ausarbeitung entsprechender Vorlagen auf Regierungsebene begründete Empfehlung auf Vertagung wurde mit S-V-Mehrheit beschlossen.

Die Abgeordneter Alois Gradauer (F) und Werner Kogler (G) forderten die Regierung unisono auf, zu sparen, statt in Zeitungen Werbeinserate zu schalten, die keinerlei Informationswert für die BürgerInnen haben. Kogler sprach in diesem Zusammenhang von reiner Geldverschwendung und kritisierte, dass zugleich in der Steiermark bei Behinderten gespart werde. Kogler drängte einmal mehr auf wirksame Antikorruptionsmaßnahmen und auf die Offenlegung der Parteispenden.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) wandte sich ebenfalls gegen Zeitungsinserate der Bundesministerien und anderer öffentlicher Stellen, wie etwa die Wiener Stadtwerke.

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder räumte ein, dass die Werbetätigkeit der Bundesregierung geregelt werden soll, hielt aber fest, dass es der Regierung möglich sein müsse, bei Bedarf über ihre Arbeit zu informieren.

Ein spezielles Bundesgesetz zum Verkauf einer vom Außenministerium nicht mehr benötigten Liegenschaft in Rio de Janeiro ( 1214 d.B.) verabschiedete der Ausschuss mit S-V-F-G-Mehrheit. In der Debatte korrigierten die Abgeordneten Christoph Matznetter (S) und Jakob Auer (V) die Auffassung des Abgeordneten Werner Königshofer, es könnte sinnvoll sein, das Gebäude wegen des hohen Grundstückwerts im Eigentum der Republik zu halten. Auch Staatssekretär Schieder plädierte dafür, die Liegenschaft, deren Wert auf 9 Mio. € geschätzt wird, an einen noch zu ermittelnden Testbieter zu verkaufen. Eine Untergrenze beim Verkaufspreis, nach der sich Abgeordneter Robert Lugar (B) erkundigte, nannte der Staatssekretär nicht.
     
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