Gemeinden sollen bald enger zusammenarbeiten dürfen   

erstellt am
29. 06. 11

Verfassungsausschuss gibt grünes Licht für Antrag des Bundesrats
Wien (pk) - Die österreichischen Gemeinden sollen schon bald enger zusammenarbeiten dürfen. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats gab heute mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ grünes Licht für einen entsprechenden Gesetzesantrag des Bundesrats. Damit wird der Kooperationsspielraum für die Kommunen erheblich ausgeweitet. Allerdings bedarf es für manche Formen der Zusammenarbeit noch detaillierter Landesgesetze bzw. Vereinbarungen zwischen den betroffenen Bundesländern.

Die Initiative des Bundesrats wurde am 28.06. von den Abgeordneten weitgehend begrüßt. Die Grünen machten eine Zustimmung zum Gesetz aber davon abhängig, ob ein von ihnen vorgelegter Abänderungsantrag noch berücksichtigt wird. Ausschussobmann Peter Wittmann stellte Gespräche darüber in Aussicht. Den Grünen geht es darum, dass alle GemeinderätInnen der an einem Gemeindeverband beteiligten Gemeinden befugt sind, die Geschäftsführung des Gemeindeverbands zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Ein Entschließungsantrag des BZÖ, der auf eine verpflichtende Zusammenlegung von Kleingemeinden unter 2.500 EinwohnerInnen abzielt, fand keine Mehrheit.

Konkret wird mit dem heute vom Verfassungsausschuss gebilligten Gesetzentwurf die derzeit in der Verfassung verankerte Beschränkung für Gemeindeverbände gestrichen. Damit können Kommunen in Zukunft auch hoheitliche, und nicht nur privatwirtschaftliche, Aufgaben gemeinsam erledigen, also etwa ein gemeinsames Meldeamt einrichten. Außerdem werden Vereinbarungen zwischen Gemeinden jedweder Art gestattet, wenn durch Landesgesetze die Rahmenbedingungen dafür geschaffen wurden. Auch für Gemeindeverbände und Gemeindevereinbarungen über Bundesländergrenzen hinweg braucht es grünes Licht der betroffenen Bundesländer.

Darüber hinaus werden mit dem Gesetzesantrag die verfassungsrechtlichen Grundlagen für eine sprengelübergreifende Zusammenarbeit von Bezirksverwaltungsbehörden gelegt. Dabei geht es vor allem um die Kompetenzkonzentration bei Verfahren, die nicht sehr häufig durchgeführt werden.

Mit verhandelt mit dem Gesetzentwurf wurde ein Entschließungsantrag des BZÖ, der auf die Zusammenlegung von Kleingemeinden abzielt. Aus verwaltungsökonomischen und wirtschaftlichen Gründen sollten Gemeinden nicht weniger als 2.500 EinwohnerInnen haben, halten BZÖ-Chef Josef Bucher und seine FraktionskollegInnen fest. Derzeit erreichen laut Entschließungsantrag 1.708 der 2.537 österreichischen Gemeinden diese Einwohnerzahl nicht.

In der Debatte warb der als Auskunftsperson geladene Bundesrat Gerald Klug für den Antrag der Länderkammer. Dort, wo ein Wille zur Zusammenarbeit zwischen Gemeinden bestehe, solle das Gesetz dem nicht entgegenstehen, begründete er die vorliegende Gesetzesinitiative. Der Bundesrat habe mit dem Antrag außerdem eine Anregung aus dem Österreich-Konvent aufgegriffen, skizzierte er.

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) qualifizierte größere Verwaltungsstrukturen auf Gemeindeebene als durchaus sinnvoll, wertete den vom BZÖ vorgelegten Entschließungsantrag aber als "unausgegoren". Man könne nicht gleichzeitig für eine verpflichtende Zusammenlegung von Kleingemeinden und ein Mitspracherecht der Bevölkerung sein, erklärte er.

Der Gesetzesantrag des Bundesrats wurde von Rosenkranz demgegenüber begrüßt, wobei er insbesondere auch auf eine engere Zusammenarbeit der Bezirksverwaltungsbehörden hofft. Einem "Wildwuchs" bei der Zusammenarbeit ist ihm zufolge durch notwendige Landesgesetze ein Riegel vorgeschoben. Bedauert wurde von Rosenkranz, dass kein Begutachtungsverfahren zum Gesetzentwurf durchgeführt wurde, den Abänderungsantrag der Grünen unterstützte er.

Abgeordneter Karl Donabauer (V) erklärte, er halte nichts von einer Mindesteinwohnerzahl von Gemeinden. Kooperationen seien sinnvoller. Wichtig sei, dass Gemeinden auch über Ländergrenzen hinweg zusammenarbeiten könnten. Das gleiche gelte für die Kooperationen von Bezirkshauptmannschaften mit Behörden von Städten mit eigenem Statut.

Abgeordneter Herbert Scheibner (B) kündigte die Zustimmung des BZÖ zur Initiative des Bundesrats an. Er glaube aber, dass eine engere Zusammenarbeitsmöglichkeit nicht ausreichend sei, sagte er. Kleinstgemeinden könnten die vielfältigen Aufgaben von Kommunen schon allein aufgrund ihrer Größe nur schwer bewältigen.

Abgeordneter Otto Pendl (S) wies auf bisher gute Erfahrungen mit Gemeindeverbänden im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit hin. Ob es auch im Bereich der Hoheitsverwaltung zu Kooperationen kommen werde, muss ihm zufolge abgewartet werden. Zum BZÖ-Antrag merkte Pendl an, man könne Gemeindezusammenlegungen nicht von oben aufoktroyieren, das würde nicht funktionieren.

Abgeordnete Daniela Musiol (G) führte aus, ein arbeitsteiliges System auf Gemeindeebene mache durchaus Sinn. Eine Ermächtigung der Gemeinden zur Zusammenarbeit ist ihrer Ansicht nach aber zu wenig, sie spricht sich dafür aus, Überlegungen in Bezug auf finanzielle Anreize zur Zusammenarbeit anzustellen. Die Zustimmung der Grünen zum Gesetzesantrag des Bundesrats machte sie von der Berücksichtigung eines von ihr vorgelegten Abänderungsantrags aufmerksam, der die Kontrolle von Gemeindeverbänden verbessern soll.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzesantrag des Bundesrats mit S-V-F-B-Mehrheit gebilligt. Der Abänderungsantrag der Grünen wurde lediglich von den drei Oppositionsparteien unterstützt und blieb damit in der Minderheit. Auch der Entschließungsantrag des BZÖ wurde abgelehnt.

Unabhängiger Infrastruktursenat: Ausschuss holt Stellungnahmen ein
Was die geplante Einrichtung eines Unabhängigen Infrastruktursenats als Berufungsinstanz für UVP-Verfahren bei Hochleistungsstrecken der Bahn und Bundesstraßen sowie die generelle Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für solche Infrastrukturprojekte betrifft, beschloss der Verfassungsausschuss die Durchführung eines Begutachtungsverfahrens. Eine Reihe von Ministerien und anderer Institutionen wird eingeladen, zum Gesetzesantrag der Koalitionsparteien bis spätestens 6. September eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Konkret sind das das Bundeskanzleramt, das Verkehrsministerium, das Umweltministerium, die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer, der Verwaltungsgerichtshof, der Rechnungshof, die Bundesländer, der Umweltdachverband, das Öko-Büro und der Umweltsenat.

Kritisch zum Gesetzentwurf äußerten sich die Grünen. Abgeordnete Christiane Brunner fragte sich, warum eine neue Behörde eingerichtet werden müsse. Ihrer Meinung nach wäre es am sinnvollsten, den bereits bestehenden Umweltsenat mit der zweitinstanzlichen Entscheidung in UVP-Verfahren für Hochleistungsstrecken der Bahn und für Bundesstraßen zu betrauen. Brunner begrüßte aber ausdrücklich die Einholung von Stellungnahmen.

Reform der Schulverwaltung: BZÖ-Antrag neuerlich vertagt
Neuerlich vom Verfassungsausschuss vertagt wurde ein Antrag des BZÖ, der auf eine umfassende Reform der Schulverwaltung abzielt. Abgeordnete Ursula Haubner und ihre FraktionskollegInnen sprechen sich unter anderem für die vollständige Übertragung der Kompetenzen im Schulwesen an den Bund, die Einrichtung von Bildungsdirektionen in den Ländern, die ersatzlose Abschaffung von Bezirksschulräten, ein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht für alle LehrerInnen sowie die völlige Autonomie der Schulstandorte in Personalangelegenheiten aus.

In einer kurzen Debatte drängten Abgeordneter Stefan Petzner (B) und Abgeordnete Daniela Musiol (G) auf Reformen im Bildungsbereich und sprachen von einer "Bildungsblockade". Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) äußerte sich zu einzelnen Punkten des BZÖ-Antrags skeptisch und sprach von Worthülsen.
     
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