Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Juni mit 53 Punkten zum vierten Mal in Folge rückläufig
seit Februar-Rekordwert von 61,9 Punkten – Industrieaufschwung verliert an Kraft
Wien (ba) - Die österreichische Industrie zeigt nach dem sehr dynamischen Start ins Jahr 2011
nun immer deutlichere Abkühlungstendenzen. „Die Auftragslage der heimischen Industriebetriebe verschlechterte
sich im Juni gegenüber dem Vormonat. Weniger Neuaufträge verringerten die Auftragspolster, sodass das
Produktionswachstum spürbar zurückging. Der kräftige Jobaufbau im Sektor hielt hingegen um die Jahresmitte
noch an“, kommentiert Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer die Ergebnisse der aktuellen Umfrage unter
Österreichs Einkaufsmanagern. Seit dem Rekordwert im Februar von 61,9 hat sich der Indikator kontinuierlich
verschlechtert. „Der Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Juni auf 53 Punkte“, so Bruckbauer. „Wenn auch der
aktuelle Indexwert den tiefsten Stand seit Anfang 2010 erreicht hat, so wird dennoch weiterhin die Marke von 50
Punkten überschritten, die auf eine Aufwärtsentwicklung im Sektor hinweist.“
Die Verlangsamung der Industriekonjunktur zeigt sich auf breiter Basis. Alle Teilindizes des aktuellen Bank Austria
EinkaufsManagerIndex notieren schwächer als im Vormonat. Der Rückgang des Gesamtindex im Juni wurde vor
allem durch die Verschlechterung der Auftragslage herbeigeführt. „Erstmals seit zwei Jahren verringerte sich
das Neugeschäft. Sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland gingen im Juni weniger Aufträge als im
Vormonat ein“, so Bruckbauer. Als Folge der schwächeren Entwicklung der Neugeschäfte nahmen die Auftragspolster
erstmals seit dem Winter 2009 ab.
Trotz weniger Neu- und Folgeaufträge erhöhten die österreichischen Industriebetriebe im Juni erneut
ihre Produktionsleistung. „Das Tempo der Produktionsausweitung der heimischen Sachgütererzeuger geht seit
März kontinuierlich zurück und war im Juni so niedrig, wie zuletzt im Dezember 2009“, sagt Bank Austria
Ökonom Walter Pudschedl.
Die anhaltende Produktionsausweitung führte in den Betrieben ungeachtet der verschlechterten Auftragslage
zu einer weiteren Erhöhung der Personalkapazitäten. „Bereits seit 15 Monaten in Folge werden in der österreichischen
Industrie neue Jobs geschaffen. Zwar hat sich das Tempo des Beschäftigungsaufbaus mittlerweile erheblich verringert,
noch ist es jedoch recht robust“, so Pudschedl. Angesichts der Verlangsamung der Industriekonjunktur sieht nach
Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria der Jobaufbau in der Industrie in der zweiten Jahreshälfte
2011 seinem - zumindest - vorläufigen Ende entgegen.
Die ruhigere Nachfrageentwicklung im Juni hat den Anstieg der Einkaufspreise deutlich abgebremst. Verschiedene
Vormaterialien haben sich jedoch erneut verteuert, allerdings so wenig, wie letztmals im September des Vorjahres.
Nur noch 30 Prozent der befragten Unternehmen waren mit höheren Einkaufspreisen konfrontiert, gegenüber
44 Prozent im Vormonat. Allerdings schlugen sich lediglich bei 5 Prozent der Befragten die niedrigeren Kosten auch
zu Buche. „Infolge der abermaligen Verteuerung von Rohstoffen und Energie wurden die durchschnittlichen Verkaufspreise
angehoben. Weiterhin liegt die Preisdynamik im Einkauf über jener im Absatz, was die Ertragssituation der
Betriebe anhaltend belastet, wenn auch nunmehr mit etwas abnehmender Tendenz“, so Bruckbauer.
Die Verlangsamung der Dynamik im Produktionssektor schlägt sich in der Entwicklung der Lagerstände nieder.
Bei nur noch geringfügig gesteigerter Einkaufsmenge blieben die Vormateriallager im Juni gegenüber dem
Vormonat fast unverändert. Bei den Fertigwaren kam es zum viertstärksten Lageraufbau seit Umfragebeginn
im Oktober 1998. Für die kommenden Monate weist das Indexverhältnis „Neuaufträge zu Lager“ auf ungünstigere
Zeiten für die österreichische Industrie hin. Erstmals seit April 2009 liegt der Quotient sogar unter
1, was ein klares Zeichen ist, dass die Stärke der Nachfrage unter Berücksichtigung der vorhandenen Lagerkapazitäten
in den kommenden Monaten voraussichtlich kaum zu Produktionsanstiegen im Vergleich zum jeweiligen Vormonat führen
wird. „Die jährlichen Wachstumsraten in der Industrie werden in der zweiten Jahreshälfte 2011 an die
durchschnittlichen 11,5 Prozent der ersten vier Monaten nicht mehr heranreichen. Wir erwarten, dass die Industrie
im Gesamtjahr ein Produktionsplus von 8 Prozent erzielen kann“, meint Bruckbauer.
Nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria werden alle zentralen Industriebranchen im Verlauf des
Jahres 2011 trotzdem ihre krisenbedingten Einbußen wieder aufgeholt haben. Vor allem die Metallwarenerzeugung,
der Maschinenbau und Teile der Elektroindustrie können mit zweistelligen Wachstumsraten überdurchschnittlich
kräftig zulegen, gestützt auf die ausgezeichnete internationale Wettbewerbsfähigkeit. Auch die Fahrzeugindustrie
profitiert von der hervorragenden Position einzelner Unternehmen. Diese wiederum profitieren besonders stark von
ihren wichtigsten Kunden, den erfolgreichen deutschen Kfz-Premiumherstellern.
„2012 wird das Plus in der österreichischen Industrie mit 5 Prozent geringer als im laufenden Jahr ausfallen.
Damit wird die Industrie im kommenden Jahr weiterhin der wichtigste Träger des Wirtschaftswachstums in Österreich
bleiben“, so Bruckbauer. Die baunahen Industriebranchen, wie die Metallwarenhersteller und Teile der Elektroindustrie,
werden von der Stabilisierung der Baukonjunktur profitieren. Bremsend wirken die engen öffentlichen Budgets,
worunter unter anderem Teile der heimischen Elektrotechnik leiden werden. |