Wohnungsneubau am stärksten betroffen
Wien (wifo) - 2011 schrumpft die europäische Bauwirtschaft zum vierten Mal in Folge. Dabei unterscheidet
sich die Entwicklung deutlich zwischen den Ländern: In Spanien, Irland und Portugal setzt sich der Abschwung
fort, auch in den kleinen Ländern Ostmitteleuropas ist noch keine Erholung zu verzeichnen. Umgekehrt boomt
der Bausektor in Polen und expandiert in den skandinavischen Ländern kräftig. Nach einem Einbruch des
Wohnungsneubaus in zahlreichen Ländern kommen nun die ersten Hinweise auf eine Erholung ebenfalls aus dieser
Sparte. Relativ stabil ist der Wohnbau in Österreich. Nach einem Rückgang zwischen 2007 und 2010 festigen
sich die Wohnbaubewilligungen derzeit bei etwa 4,5 Wohnungen je 1.000 Personen.
Das Bauforschungsnetzwerk "Euroconstruct" erwartet in den 19 vertretenen Ländern heuer einen Rückgang
der Bauproduktion um 0,4%. Für 2012 und 2013 wird eine nur schwache Erholung prognostiziert. 2013 wird die
Bauproduktion um 12% unter dem Vorkrisenniveau (2007) liegen. Aufgrund umfangreicher Konjunkturbelebungsmaßnahmen
war der Tiefbau von der Wirtschaftskrise am wenigsten betroffen. Umgekehrt trübt der Druck auf die öffentlichen
Haushalte zur Budgetkonsolidierung nun die Wachstumsaussichten bis 2013.
Besonders große Einbußen verzeichnete infolge der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise der Wohnungsneubau.
Das Produktionsvolumen schrumpfte seit 2007 um nahezu zwei Fünftel. In Spanien, Irland und Portugal war der
Rückgang nach der massiven Ausweitung in den Vorjahren besonders groß und spiegelt sich auch in der
Entwicklung der gesamten Bauwirtschaft. Deutliche Aufwärtstendenzen sind 2011 im Wohnungsneubau der skandinavischen
Länder, von Frankreich und Deutschland zu beobachten. In den ostmitteleuropäischen Ländern fehlen
noch Impulse. In Österreich stagniert der Wohnungsneubau derzeit.
Waren in den 19 untersuchten europäischen Ländern 2007 noch etwa 2,4 Mio. Häuser und Wohnungen bewilligt
wurden, so werden es 2013 lediglich 1,5 Mio. Wohneinheiten sein. Gemessen an der Gesamtbevölkerung bedeutet
dies einen Rückgang von 6 auf 4 Bewilligungen je 1.000 Personen. Aufgrund des günstigeren makroökonomischen
Umfeldes und der stabilisierenden Wohnbaupolitik war weder die Neubautätigkeit in den Vorjahren zu stark ausgeweitet
worden noch sind derzeit drastische Einbrüche zu beobachten. Dennoch nahmen die Baubewilligungen im Vergleichszeitraum
auch in Österreich merklich ab: Zwischen 2007 und 2010 verringerten sie sich von 41.800 auf 37.600 Bewilligungen,
2011 und 2012 werden es wieder etwas über 38.000 Einheiten sein (Übersicht 1, Übersicht 2). Damit
werden gemessen an der Bevölkerung etwa 4,5 Baubewilligungen pro 1.000 Personen erwartet. Insgesamt schrumpfte
die österreichische Wohnungsneubauproduktion zwischen 2008 und 2011 um 10,5% auf 8,2 Mrd. €. Auch 2011 ist
in Österreich noch nicht mit einer nachhaltigen Erholung des Wohnungsneubaus zu rechnen.
Hinweis: Bauforschung im Rahmen des Euroconstruct-Netzwerkes
Dem Euroconstruct-Netzwerk gehören Bau- und Konjunkturforschungsinstitute aus 19 europäischen Ländern
an, darunter auch das WIFO. Zweimal jährlich werden im Rahmen einer Konferenz Analysen und Prognosen zur Baukonjunktur
und zur Entwicklung in den einzelnen Sparten (Wohnbau, sonstiger Hochbau, Tiefbau) vorgelegt.
Als die "19 Euroconstruct-Länder" werden hier 15 westeuropäische Länder (Belgien, Dänemark,
Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich,
Portugal, Schweden, Schweiz und Spanien) und 4 ostmitteleuropäische Länder bezeichnet (Polen, Slowakei,
Tschechien, Ungarn). |