Budget bestimmt Zukunft der Landwirtschaft - bäuerlich
oder industriell?
Wien (aiz.info) - Der von der Europäischen Kommission kürzlich präsentierte Entwurf des EU-Budgets
für die Jahre 2014 bis 2020 wird von der österreichischen Agrarvertretung als unzureichend zurückgewiesen.
Sowohl der Landwirtschaftsminister als auch die Landwirtschaftskammer warnen gleichermaßen vor den Konsequenzen,
die Einbußen bei Direktzahlungen und der Abgeltung von Umweltleistungen für die Agrarbranche, aber auch
für die gesamte Gesellschaft hätten. Es sei der falsche Weg bei der Landwirtschaft einzusparen, erklärten
Ressortchef Nikolaus Berlakovich und die Präsidenten der Landwirtschaftskammern Österreich, Gerhard Wlodkowski,
und Burgenland, Franz Stefan Hautzinger, am 15.07. bei einer Pressekonferenz in Lutzmannsburg. Ihre Forderung:
Das künftige EU-Agrarbudget müsse eine Fortsetzung der erfolgreichen, österreichischen Agrarpolitik
ermöglichen. "Wenn die Bauern davon profitieren - durch Sicherheit und planbare Bedingungen - dann haben
auch die Konsumenten Vorteile - durch die Versorgungssicherheit mit Qualitätslebensmitteln, mit der Gewissheit,
dass ihre Steuergelder für die Bauern gut veranlagt sind und der Garantie, dass diese auch künftig ökologische
Leistungen erbringen werden", so der Minister.
Berlakovich: Bauern dürfen nicht verlieren
Die von EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski ursprünglich vermittelten Kürzungen von 25 bis 30% im
Agrarbereich konnten abgewendet werden. Für die heimische Landwirtschaft wäre dies tödlich gewesen,
so Berlakovich. Allerdings sei auch nicht hinnehmbar, dass das EU-Budget 2014-2020 zwar um rund 5% erhöht,
die Landwirtschaft aber als einzige Sektor gekürzt werden soll. "Jedes Prozent weniger für die Bauern
ist ein Prozent zu viel", so der Minister. Diese Einschränkung der nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft
würde eine Verschlechterung der Wettbewerbssituation für die österreichischen Bauern bedeuten. Die
gesamte Gesellschaft, die auf die Versorgung mit hochwertigen und leistbaren Lebensmitteln aus heimischer Produktion
vertraue, ebenso wie auf die Pflege der Kulturlandschaft, würde daraus Nachteile ziehen, mahnt der Minister.
"Ich will, dass unsere Landwirte ihren nachhaltigen Erfolgsweg, der der gesamten Bevölkerung zugute kommt,
fortsetzen können. Dazu sind jedoch ausreichende Finanzmittel nötig."
Es seien erst einige Hürden genommen worden, betonte Berlakovich weiter. Die heimische Bauernvertretung sei
weiter aktiv daran, Allianzen mit anderen Mitgliedstaaten zu schmieden, um letztendlich eine gute Lösung für
die Bauern und damit auch für die Konsumenten zu erzielen. "Unsere Landwirtschaft ist für ihre Nachhaltigkeit
von höchster europäischer Stelle gelobt worden und darf für diese Vorleistungen keinesfalls bestraft,
sondern sollte vielmehr belohnt werden", unterstrich der Minister. "Wir kämpfen dafür, dass
es im Zuge der Reform zu keinen extremen Brüchen kommt und die bäuerliche Landwirtschaft in Österreich
weiter eine Chance hat."
Budget entscheidet über künftige Ausrichtung der Landwirtschaft
"Die Verhandlungen in den kommenden Monaten werden sicher nicht einfach werden. Alle Verantwortlichen werden
gefordert sein, um eine feste Basis für die Landwirtschaft in Österreich in den Jahren 2014 bis 2020
zu legen. Doch dafür lohnt es sich zu kämpfen", ist auch Wlodkowski überzeugt. Schließlich
gehe es um die Zukunft der bäuerlichen Betriebe und mit dem Budget werde sich entscheiden, welche Landwirtschaft
die Gesellschaft bekommt, "eine bäuerliche oder eine industrialisierte".
Die österreichische Bevölkerung verlange eine nachhaltige, bäuerliche Landwirtschaft ohne Gentechnik
und mit strengen Tierhaltungsbestimmungen. Bei global offenen Märkten sei dies ohne entsprechende Abgeltung
nicht machbar, mahnt der Präsident. "Um gegenüber dem Druck freier Märkte besser bestehen zu
können, müssen unsere Betriebe die Wettbewerbsfähigkeit weiter steigern, wozu sie ausreichend finanzielle
Mittel benötigen", sprach sich auch Wlodkowski gegen Budgetkürzungen aus.
Eine Aushöhlung der bäuerlichen Landwirtschaft ziehe auch eine Schwächung des ländlichen Raumes
nach sich. Schließlich würden in Österreich rund 500.000 Arbeitsplätze an der Landwirtschaft
hängen, gibt Wlodkowski zu bedenken. Nun gelte es, "das Verständnis der Gesellschaft für die
Bauern zu wecken".
Höherer Strukturwandel in Landwirtschaft entvölkert die ländlichen Regionen
Für das Burgenland etwa hätte dies fatale Folgen, musste das östlichste Bundesland doch bereits
nach dem EU-Beitritt den höchsten Strukturwandel in der Landwirtschaft bundesweit (58,5%, Österreich-Durchschnitt
6%) verkraften. "Wir müssen verhindern, dass es in den sensiblen Regionen, zu welchen ein Großteil
des Burgenlandes gehört, zu einer noch stärkeren Abwanderung kommt und die Dörfer entvölkert
werden. Denn mit den meist kleineren und mittleren bäuerlichen Betrieben würden die ländlichen Regionen
den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Motor verlieren. Nur ein Agrarbudget, das einerseits die Wettbewerbsfähigkeit
stärkt und andererseits die Leistungen der Bauernfamilien für die Gesellschaft abgilt, ist imstande,
diese drohende Entwicklung zu verhindern", erläuterte Hautzinger die spezielle Situation in seinem Bundesland.
Deshalb seien Kürzungen von 6 bis 7% wie im präsentierten EU-Budget-Entwurf "kein tauglicher Vorschlag"
und Einsparungen bei der Landwirtschaft definitiv "der falsche Weg".
Ohne Unterstützung für die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013 werde es nur mehr eine Frage der Zeit sein,
wie lange es der heimischen Landwirtschaft noch möglich sein werde, die Lebensmittelversorgung flächendeckend
zu sichern. Sicherheit für die Bauern bedeute demnach auch Sicherheit für die Konsumenten, unterstrich
Hautzinger.
Fördermittel müssen bei produzierenden Betrieben landen
Er unterstütze die Pläne von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos die "Aktivierung der Landwirtschaft"
zu fördern, die eben die Eigenversorgung sicherstellt. Bei den "Feinabstimmungen" der dafür
notwendigen Regionalmodelle müsse der Agrarsektor gemeinsam gegen weitere Kürzungen bei den Bauern kämpfen
und es seien "intelligente" Wege notwendig, um die Gelder bei den produzierenden Betrieben abzusichern,
so der Präsident der LK Burgenland. |