Polens Präsident Komorowski in Österreich  

erstellt am
14. 07. 11

Erster Besuch von polnischem Staatsoberhaupt in Mauthausen
Besuch bei Bundespräsident Heinz Fischer in der Hofburg
Wien (hofburg/apa) - Der polnische Präsident Bronislaw Komoroswki trifft am 13.07. zu einem offiziellen Besuch in Wien ein. Nach einem Treffen mit Bundespräsident Heinz Fischer am Vormittag gab es am Nachmittag ein Gespräche mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer.

Themen bei dem Besuch waren unter anderem die polnische EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli begonnen hat, sowie die Hilfspakete der EU-Staaten für überschuldete Euroländer und die Annäherung des Westbalkan an die Europäische Union, hieß es aus der Präsidentschaftskanzlei. Am Abend sprach Komorowski im Rahmen des österreichisch-polnischen Wirtschaftsforums in der Wirtschaftskammer.

Als erster polnischer Präsident hat Komorowski am 14.07. das ehemalige NS- Konzentrationslager in Mauthausen besucht. Nach einer Schweigeminute und dem Niederlegen eines Kranzes hielten Komorowski und Bundespräsident Fischer Reden und besuchten die polnische Gedenkstätte in Mauthausen. Die beiden Präsidenten wurden in Mauthausen von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und dem oberösterreichischen Landeshauptmann Josef Pühringer begleitet. Komorowski ist erstmals als Staatsoberhaupt in Österreich zu Gast. 

Rede von Bundespräsident Heinz Fischer:

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Frau Komorowska!
Sehr geehrte Frau Bundesministerin!
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Sehr geehrte Mitglieder der polnischen Delegation!
Meine Damen und Herren!


An der KZ-Gedenkstätte Mauthausen stehe ich jedes Mal mit Demut, Trauer und Fassungslosigkeit darüber, mit welcher Missachtung des Lebens, mit welcher grenzenlosen Inhumanität Menschen und Nationen gegeneinander vorgehen können.

Wenn ich aber heute diesen Ort hier mit unseren polnischen Gästen besuche, dann empfinde ich auch Dankbarkeit und Hoffnung, weil sie in den letzten Jahrzehnten bereit waren, mit allen Menschen guten Willens einen Weg aus dieser dunklen Geschichte in eine gemeinsame friedliche Zukunft zu suchen und einzuschlagen.

Für Polinnen und Polen ist Mauthausen ein Symbol für das polnische Martyrium. Bis zuletzt stellten Häftlinge aus Polen die größte, nationale Gruppe im Konzentrationslager, deren Arbeitskraft zunächst in Steinbrüchen, später in der Rüstungsindustrie rücksichtslos ausgebeutet wurde.

Die unmenschlichen Haftbedingungen, die Brutalität der Wachmannschaften und nicht zuletzt gezielte und systematische Massentötungen trugen zu einer immens hohen Sterblichkeit bei. Weniger als die Hälfte der inhaftierten Polen und Polinnen überlebte das Lager.

Der Größe des geschehenen Verbrechens halten wir unseren unbedingten Willen nach einem friedvollen und toleranten Miteinander entgegen, sowie das Versprechen, alles in unserer Macht stehende zu tun, den Weg der Toleranz in einem vereinten Europa zu gehen. Gerade an dieser Stätte des Gedenkens soll bekräftigt werden, dass wir im Kampf um Demokratie und Menschenrechte sowie gegen jede Art von Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus über alle nationalen und politischen Interessen hinweg verbündet sind.


Herr Präsident!

Meine Damen und Herren!


Die Konzentrationslager sind ein Symbol für Leid, Terror und jene menschenverachtende Politik, die den Tod abertausender Menschen verursacht hat. Wir haben die Pflicht, dieser Tragödie eine auf gemeinsamen Werten basierende Zukunft entgegenzustellen.

Und wir tun dies nicht nur im nationalen Rahmen, sondern auch durch unsere bewährte polnisch-österreichische Zusammenarbeit. Ich denke hier z.B. an das Kooperationsabkommen zwischen den Gedenkstätten Ausschwitz-Birkenau und Mauthausen oder an die am 7. Mai 2011 eröffnete Ausstellung: „Der Mensch dem Menschen. Die Vernichtung der polnischen Intelligenz in den Jahren 1939 – 1945. KZ Mauthausen/Gusen“, die wir in Kürze besuchen werden. Diese Ausstellung ist Ausdruck unseres festen Willens, dem Vermächtnis der einstmals hier Gefangenen zu entsprechen, welcher lautet: „Wir leben so lange, solange die leben, die sich an uns erinnern.“

In diesem Sinne wollen wir gemeinsame Taten gegen das Vergessen setzen im Sinne des Ehrengrundsatzes "Niemals wieder".

Ich danke Ihnen.

 

Schwerpunkte der polnischen EU-Ratspräsidentschaft
Nationalratspräsidentin Prammer im Gespräch mit Präsident Komorowski
Wien (pk) - Nationalratspräsidentin Barbara Prammer begrüßte Präsidente Bronislaw Komorowski am 13.07. im Hohen Haus zu einem Gedankenaustausch. Der Präsident der Republik Polen hält sich zu einem zweitägigen Staatsbesuch in Österreich auf. An dem Gespräch, in dessen Mittelpunkt wichtige Vorhaben der derzeitigen polnischen Ratspräsidentschaft standen, beteiligten sich auch Zweiter Nationalratspräsident Fritz Neugebauer und Abgeordneter Karl Donabauer (V) als Obmann der parlamentarischen Freundschaftsgruppe Österreich-Polen sowie Abgeordneter Johannes Hübner (F).

Die polnische Ratspräsidentschaft hat mit der zweiten Jahreshälfte 2011 begonnen und erfolgt im Trio mit Dänemark und Zypern. Einen der Schwerpunkte stellen dabei die Vertiefung des europäischen Integrationsprozesses und die damit verbundene Stärkung des Wirtschaftswachstums dar. In diesem Zusammenhang kommt den Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU 2014, die während der polnischen Präsidentschaft beginnen, besondere Bedeutung zu.

Nationalratspräsidentin Prammer zeigte sich überzeugt, dass Polen in seiner ersten EU-Präsidentschaft seine Rolle effizient und erfolgreich ausfüllen werde. Sie sprach dann Fragen in Zusammenhang mit der Erstellung des EU-Finanzrahmens ab 2014 an. Österreichs unterstütze Überlegungen hinsichtlich der Erschließung neuer Eigenmittel der EU und sei von Anfang an vehement für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer eingetreten. Es herrsche nicht nur Übereinstimmung zwischen Regierung und Parlament, im Nationalrat gebe es auch einen parteiübergreifenden Konsens in dieser Frage, erläuterte Prammer.

Präsident Komorowski betonte, dass das EU-Budget auf eine solide Grundlage gestellt werden müsse. Zur Finanztransaktionssteuer sei die Meinungsbildung von Seiten Polens noch nicht abgeschlossen, es zeichne sich aber ab, dass man sie befürworten werde. Aus polnischer Sicht komme einem effektiven und sparsamen Einsatz der EU-Mittel zentrale Bedeutung zu. Er unterstrich außerdem die Wichtigkeit der Vertiefung des Integrationsprozesses in Europa vor dem Hintergrund der derzeitigen Finanz- und Währungskrise im Euroraum. Komorowski befürwortete in diesem Zusammenhang wirksame Mechanismen des Monitorings für nationale Haushalte, um mehr Transparenz innerhalb der EU zu erreichen. Er sprach sich auch für die Einführung einer "Schuldenbremse" für die Haushalte von EU-Mitgliedsstaaten aus. Polen habe eine solche bereits im Grundgesetz festgeschrieben. Nationalratspräsidentin Prammer gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass es zweifellos notwendig sei, von verschiedenen Seiten an die Aufgabe der Bewältigung der Finanzkrise heranzugehen. Die angesprochenen Mechanismen stellten aber eine sehr komplexe Herausforderung dar, da die Möglichkeit zu budgetären Schwerpunktsetzungen jedenfalls im autonomen Entscheidungsbereich der Mitgliedsstaaten verbleiben müsste.

In Zusammenhang einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Energieversorgung unterstrich Nationalratspräsidentin Prammer den breiten Konsens über den Verzicht auf Nuklearenergie in Österreich. In diesem Zusammenhang sei erst unlängst im Sinne einer konsequenten Atompolitik auch beschlossen worden, dass Österreich auch auf Importe von Atomstrom verzichten werde. Präsident Komorowski hielt dazu fest, dass Polen derzeit kein Kernkraftwerk besitze und auch kein dezidierter Befürworter der Nuklearenergie sei. Allerdings sei eine erneute Diskussion über die mögliche Option einer Nutzung der Atomkraft durch Polen, selbstverständlich unter Berücksichtigung strengster Sicherheitsauflagen, entstanden. Diese Debatte müsse in Zusammenhang mit der Frage, wie Polen, dessen Hauptenergieträger nach wie vor Braun- und Steinkohle sind, die CO2-Ziele erreichen könne, und einer Debatte über die Sicherheit grenznaher Kernkraftwerke gesehen werden.

Die polnische Präsidentschaft wird auch intensiv mit Erweiterungsfragen der EU befasst sein. Komorowski plädierte in diesem Zusammenhang dafür, neben den Ländern des Westbalkans auch der Ukraine und Moldawien eine europäische Perspektive zu eröffnen.

 

Komorowski: Europäische Integration ist Medizin gegen Probleme Europas
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Polen und Österreich sind Erfolgstory - heuer Rekordwert von 5,5 Mrd. Euro im bilateralen Außenhandel
Wien (pkw) - "Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Polen und Österreich sind eine Erfolgstory - egal ob beim Warenverkehr, im Dienstleistungsaustausch oder bei Investitionen", mit diesen Worten eröffnete Richard Schenz, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), am Abend des 13.07. das "Österreichisch-Polnische-Wirtschaftsforum" der Außenwirtschaft Österreich (AWO), anlässlich des offiziellen Besuchs des polnischen Staatspräsidenten Bronislaw Komorowski in der WKÖ.

Polens Staatspräsident Komorowski ging in seiner Festrede auf die allgemein positive wirtschaftliche Position Polens ein. So war Polen im Krisenjahr 2009 das einzige Land der EU mit einem Wirtschaftswachstum. Im Vorjahr lag das polnische BIP-Plus bei rund 4% und es wäre ohne die verheerenden Überschwemmungen im Frühjahr 2010 noch höher ausgefallen. Wachstumsträger waren im Vorjahr die Industrieproduktion, die Bauwirtschaft und der Privatkonsum. Für heuer wird wieder mit einem Wirtschaftswachstum von bis zu 4% gerechnet. Komorowski: "Polen hat aus seiner Geschichte seit der politischen Wende gelernt, dass Krisen genützt werden müssen, um Entscheidungen zu treffen, die die Politik in wirtschaftliche guten Zeiten nicht treffen würde." Das sei ein Grund dafür, warum Polen heute so gut dastehe. Ein weiterer Glücksfall war für Polen der Beitritt zur Europäischen Union. "Ich betrachte die europäische Integration generell als die wichtigste Medizin gegen viele der vergangenen und auch noch aktuellen Probleme in Europa", so Komorowski. Im Rahmen des Besuchs des polnischen Präsidenten im Haus der Wirtschaft wurde ein Kooperationsabkommen zwischen der Austrian Business Agency (ABA) und der polnischen Investitionsagentur unterschrieben.

Für den bilateralen Außenhandel zwischen Polen und Österreich erwartet WKÖ-Vizepräsident Schenz heuer einen neuen Rekordwert in der Höhe von etwa 5,5 Mrd. Euro. Schenz: "Polen belegt unter den österreichischen Außenhandelspartnern den zehnten Rang und wird in Zukunft sicherlich noch an Bedeutung gewinnen, wie auch die Außenhandelsdaten für das laufende Jahr eindrucksvoll beweisen." So legten die österreichischen Exporte nach Polen im ersten Jahresdrittel um 39,9% gegenüber der Vorjahresperiode auf 1,1 Mrd. Euro und die Importe um 40,7% auf 750 Mio. Euro zu. Zurzeit sind rund 600 österreichischen Unternehmen mit Niederlassungen in Polen vertreten und Österreich ist mit einem Investitionsvolumen von fünf Milliarden Euro unter den Top-acht der Auslandsinvestoren in Polen - vor Ländern wie Großbritannien, der Schweiz oder Japan.

"Für österreichische Produkte bleibt Polen ein attraktiver Markt und österreichische Unternehmen werden in Polen als erfahrene und gute Geschäftspartner geschätzt", betonte der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Polen, Ernst Kopp. Besondere Chancen für österreichische Produkte und Dienstleistungen sieht Kopp vor allem in den Bereichen Lebensmittel, Umwelttechnologie, Alternativenergien, Energieeffizienz sowie Bau und Infrastruktur - letztere auch im Zusammenhang mit der in Polen (und der Ukraine) stattfindenden Fußball-Europameisterschaft 2012. Der Wirtschaftsdelegierte nannte auch exemplarisch einige Erfolge österreichischer Unternehmen aus jüngster Vergangenheit in Polen: Im Immobilienbereich schloss etwa Warimpex an den Erfolg seiner Hotels in Krakau und \x{2588}ód\x{2588} an, eröffnete ein Hotel in Katowice und begann mit der Errichtung eines Bürokomplexes in Warschaus Innenstadt. Alpine Bau hat als Konsortialmitglied die Aufträge zum Bau bzw. zur Renovierung der EM-Stadien in Warschau, Gda\x{2588}sk, Pozna\x{2588} sowie eines weiteren Stadions in Krakau gewonnen. Eröffnet wird der derzeit größte Business Park Polens in Warschau, ein 50-50 Joint Venture von UBM und CA Immo, bei dem Porr als Generalunternehmer auftritt. Die STRABAG errichtet in Stettin ein Einkaufszentrum und baut 106km der polnischen Autobahn A2. Kapsch gewann die Ausschreibung zur Einführung der elektronischen Maut für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen. Wienstrom, Bewag und Raiffeisen errichten einen Windpark mit einer Kapazität von 60 Megawatt.
 
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