Energie sparen, aber zugleich das Subsidiaritätsprinzip wahren
Wien (pk) - Der EU-Ausschuss des Bundesrates eröffnete am 20.07. die Verhandlungen über
Vorlagen der Europäischen Union zum Thema "Energieeffizienz". Auf der Tagesordnung standen der "Energieeffizienzplan
2011" und ein Richtlinienvorschlag des EU-Parlaments und des Rates zur Energieeffizienz. Angesichts offener
Subsidiaritätsfragen wurde ein Abschluss der – noch zu vertiefenden – Diskussion mit den Ländern und
Gemeinden, wie Ausschussobmann Georg Keuschnigg und SP-Bundesrat Stefan Schennach feststellten, für September
oder Oktober ins Auge gefasst.
Ausschussobmann Georg Keuschnigg stellte einleitend fest, die Energieeffizienzziele der EU seien identisch mit
jenen der österreichischen Energie-Strategie. Der Richtlinienentwurf enthalte aber einzelne sehr kritische
Punkte, zu denen derzeit noch keine gefestigte österreichische Position bestehe, es werde daher notwendig
sein, in eine vertiefte Diskussion einzutreten und eine gemeinsame Position zu erarbeiten. Auffassungsunterschiede
ortete Keuschnigg bei der geplanten Einführung von Smart Meters, deren Kosten insgesamt auf bis zu 1 Mrd.
€ geschätzt werden. Die generellen Ziele der Richtlinie seien mitzutragen, ihre Umsetzung führe aber
weit in Subsidiaritätsfragen hinein, sagte Keuschnigg, der den EU-Ausschuss des Bundesrates bei diesem Thema
vor großen Herausforderungen stehen sah.
Heidelinde Adensam (Wirtschaftsministerium) erläuterte die Position des Ressorts zum Richtlinienentwurf und
führte aus, das geplante verpflichtende Einsparungsziel von 1,5 % für Energieunternehmen und Netzbetreiber
sei ein "starres und sehr ambitioniertes Ziel". Für nicht zielführend halte das Ressort verpflichtende
Energie-Audits und präferiere demgegenüber Anreiz-Systeme. Die Einführung einer Verbrauchserfassung
mit Smart Meters brauche nach Ansicht des Ressorts mehr Zeit als die vorgesehene Frist bis 2014. Weiters sei vorgesehen,
3 % der öffentlichen Gebäude jährlich zu sanieren.
Eine Verpflichtung für Industrieunternehmen, Abwärme auszukoppeln, werde schwierig umzusetzen sein. Auch
die dazugehörigen Raumplanungserfordernisse sieht das Ministerium ebenso problematisch wie die vorgesehene
Bevorzugung von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungen beim Netzzugang.
Bundesrätin Ana Blatnik (S/K) vermisste die Einbeziehung des Verkehrssektors in die Energieeffizienzrichtlinie
und plädierte für Maßnahmen zur Hebung des Energiespar-Bewusstseins, die möglichst schon in
der Schule ansetzen sollten.
Bundesrätin Angelika Winzig (V/O) wies darauf hin, dass die Unternehmen aus Kostengründen ohnedies Energie
sparen und wandte sich daher gegen die verpflichtende Einführung eines Energieeffizienz-Audits. Bei der Einsparung
von 1,5 % bei den Energieversorgern sollte auch die Preisentwicklung beachtet werden, sagte die Bundesrätin.
Bundesrätin Sonja Zwazl (V/N) machte auf hohe Investitionskosten bei den Smart Meters aufmerksam und brach
eine Lanze für Bewusstseinsbildung durch Energieberatung. Eine klare Absage erteilte die Bundesrätin
Eingriffen in die Raumordnung und der Verpflichtung, Wohngebäude in der Nähe von Industrieanlagen zu
errichten, um die Abwärme nutzen zu können.
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/V) wollte wissen, welche Energieeffizienz-Ziele mit den derzeitigen freiwilligen
Vereinbarungen erreicht werden sollen. Smart Meters können sehr wohl Energieeinsparungen bringen, zeigte sich
die Bundesrätin überzeugt. Kritisch sah sie den bevorzugten Netzzugang für Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen,
die ihre Abwärme zur Verfügung stellen. Dies würde es Energieversorgern leicht machen, "billig"
zu einem bevorzugtem Netzzugang zu gelangen, gab Kerschbaum zu bedenken.
Heidelinde Adensam (Wirtschaftsministerium) hielt die Bewusstseinsbildung bei der Steigerung der Energieeffizienz
für wichtig, gab aber zu bedenken, dass die Kommission die Informationstätigkeit von Unternehmen nur
in geringem Ausmaß zur verpflichtenden Effizienzsteigerung von 1,5 % jährlich zählen wolle. Die
Kosten-Nutzen-Rechnungen für Smart Metering seien derzeit schwierig anzustellen, weil man noch nicht wisse,
welche Standards gelten werden. Eine Einführung ab 2015 komme insbesondere bei Gas jedenfalls zu früh.
Eine jährliche Energieeffizienzsteigerung von 1,5 % liege zehnmal höher als das Effizienzsteigerungs-Ziel
der derzeit geltenden freiwilligen Vereinbarungen, sagte Adensam. Schließlich machte sie auf die vielen delegierten
Akte aufmerksam, die der Richtlinienentwurf der Kommission einräumen würde, was juristisch problematisch
sei.
Wolfgang Jilek (Landesenergiebeauftragter der Steiermark) fasste die Position der Bundesländer gegenüber
dem Richtlinienentwurf als sehr positiv zusammen, wies aber darauf hin, dass der Entwurf unterschiedlich detailliert
sei. Kritik sei an Eingriffen in die Raumordnung zu üben, bei der Nutzung der Abwärme gab Jilek freiwilligen
Modellen den Vorzug. Eine 3 %-Sanierungsquote bei öffentlichen Gebäuden sei ein unangemessen hoher Wert.
Die Bundesländer plädierten für einen Mix aus Bauvorschriften und Investitionsanreizen. Bei den
Smart Meters sollte man erste praktische Erfahrungen nutzen. Generell seien die Fristen im Richtlinienvorschlag
der Kommission zu kurz, kritisierte Jilek. Bei den Folgenabschätzungen sollte überdies stärker auf
regionale Gegebenheiten geachtet werden.
Dorothea Herzele (Arbeiterkammer) sah den Richtlinienentwurf ebenfalls grundsätzlich positiv, weil er darauf
gerichtet sei, Energiekosten langfristig zu senken. Eine 3-prozentige Sanierungsquote pro Jahr bei den öffentlichen
Gebäuden zu erreichen, werde in Zeiten der Budgetkonsolidierung schwierig sein. Herzele schlug einen Masterplan
für die thermische Gebäudesanierung vor.
Freiwillige Vereinbarungen greifen nach Auffasssung der Arbeiterkammer bei der Energieeffizienz-Steigerung zu kurz,
die Unternehmen brauchen klare verpflichtende Effizienzziele, sagte die Expertin, die überdies für leistbaren
Zugang zu Raumwärme eintrat. Immerhin könnten sich die Menschen in 330.000 österreichischen Haushalten
im Winter keine ausreichend geheizten Wohnräume leisten. Bei der Einführung von Smart Meters sah Herzele
offene Datenschutzfragen. Zu fragen sei auch, wer die hohen Investitionskosten tragen soll.
Alexander Gabl (Wirtschaftskammer Österreich) begrüßte den Richtlinienentwurf, wandte sich aber
gegen verbindliche Ziele vor 2014 und plädierte dafür, den öffentlichen Fuhrpark und den privaten
Sektor in die Energieeffizienz-Bemühungen einzubeziehen. Problematisch sei es, Energielieferanten zu Energieeinsparungen
zu verpflichten, die deren Kunden erzielen müssen. Der Vertreter der Wirtschaftskammer brach eine Lanze für
freiwillige Lösungen und wollte den "Faktor Zeit" bei der Einführung verpflichtender Effizienzziele
beachtet sehen. Außerdem sollten die Energieeffizienz-Maßnahmen so gestaltet werden, dass sie sich
wirtschaftlich rechnen. Das Smart Metering sah Gabl positiv, weil Österreich zu den Herstellerländern
zähle und auf diesem Gebiet Exportchancen wahrnehmen könne.
Bundesrat Stefan Schennach (S/W) entnahm dem Richtlinienentwurf, dass die EU den dringenden Handlungsbedarf bei
der Steigerung der Energieeffizienz erkannt hat. Auch Österreich sei von den bisher geltenden Zielsetzungen
weit entfernt, klagte Schennach und meinte, ohne Verpflichtung werde es nicht gehen. Auch Energieeffizienz-Audits
seien wichtig, weil sie für die Kunden Transparenz schaffen. Österreich sah Schennach aufgerufen, seine
führende Rolle bei der Energieeffizienz – Beispiel Güssing – wahrzunehmen und auszubauen. Hinsichtlich
der Ziele, die Energieeffizienz um 1,5 % jährlich zu steigern, und die Sanierungsquote bei öffentlichen
Gebäuden auf 3 % zu steigern, sah der Bundesrat Diskussionsbedarf mit Städten und Gemeinden. Wichtig
sei es auch, den privaten Sektor und den Verkehrssektor einzubeziehen und die Diskussion generell zu vertiefen.
Es werde aber nicht ausreichen, nur "Energieeffizienz-Literatur zu produzieren", gefragt seien verpflichtende
Systeme, schloss Schennach. |