Der Computer als Hilfsarzt   

erstellt am
19. 07. 11

Auch wenn wir lieber von menschlichem Krankenhauspersonal behandelt werden als von Computern: Computerprogramme können besser mit großen Datenmengen umgehen.
Wien (tu) - Computer, die medizinische Diagnosen erstellen und uns im Krankenhaus versorgen, werden wohl auch weiterhin nur in Science-Fiction-Serien zu finden sein. Doch auch Menschen die Entscheidungen treffen, werden Computerprogramme immer stärker in den medizinischen Alltag eingewoben. An der TU Wien wurde untersucht, wie Mensch und Maschine ein möglichst harmonisches und effizientes Gesamtsystem ergeben können. Durch die richtige visuelle Aufarbeitung sollen sich automatisierte Computerdaten und menschliche Intuition perfekt ergänzen.

Zahlen für Computer – Bilder für Menschen
Wer sich erschlagen fühlt von komplizierten Tabellen und manchmal entnervt an der Datenfülle von Computerprogrammen scheitert, der weiß: Für lange Zahlenkolonnen, wirre Datenberge, Bildschirme voll mit unüberblickbarer Information ist unser Gehirn einfach nicht gebaut. In der Medizin können Menschenleben davon abhängen, dass große, komplizierte Datenmengen rasch richtig verstanden werden. Im Grenzgebiet zwischen Informatik und Psychologie ist die Frage angesiedelt, wie die Kommunikation zwischen Menschen und Computern optimal gestaltet werden kann. „Der entscheidende Punkt ist die visuelle Aufbereitung“, erklärt Prof. Silvia Miksch. Sie entwickelte gemeinsam mit Prof. Margit Pohl das Computerprogramm „VisuExplore“ – eine Software, die Daten automatisch optimal graphisch darstellen soll. „Unser Gehirn ist nicht für die rasche Analyse von Zahlen gemacht, aber wir sind sehr gut darin, optische Darstellungen rasch zu durchschauen“, erklären die Informatikerinnen der TU Wien (Ins!
titut für
Softwaretechnik und interaktive Systeme bzw. Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung).

Intensive Praxistests
Silvia Miksch, Margit Pohl und ihre Teams führten intensive Gespräche mit Ärztinnen und Ärzten, beobachteten medizinisches Personal beim Umgang mit PatientInnen und führten praktische Tests mit Studierenden durch. So konnten Sie theoretisches Wissen und praktisches Verständnis darüber aufbauen, wie die wichtigen Daten am besten präsentieren werden können. Blutwerte, Herzfrequenz, Fieberkurve – oft steht eine umfangreichere Fülle an Befunden und Gesundheitsdaten zur Verfügung als sich überblicken lässt. Dazu kommen noch Aufzeichnungen über die Medikation, über Operationstermine oder Kuraufenthalte. Als besonders wichtig erweist es sich, Ereignisse und Befunde zeitlich darzustellen. „Wenn man am Computerbildschirm eindeutig sieht, dass ein bestimmtes Verhalten immer eine Verschlechterung von gewissen Gesundheitswerten mit sich bringt, dann versteht der Patient das viel eher, als wenn man ihm nur gute Ratschläge gibt“, meint Silvia Miksch.

Neu entstehendes Forschungsgebiet
„Punktgenaue psychologische Theorien dazu gibt es noch nicht“, erklärt Margit Pohl. „Die Erforschung der Frage, wie Menschen mit Daten umgehen, steht noch am Anfang – aber das Gebiet entwickelt sich.“ Das neue Computerprogramm VisuExplore soll keine fertigen Diagnosen anbieten. Aber die Diagnosen des medizinischen Personals werden sicher treffsicherer und zuverlässiger, wenn man am Bildschirm die wichtigen Daten und Zusammenhänge intuitiv verständlich präsentiert bekommt. Weitere Verbesserungen und Erweiterungen des Programmes sind noch geplant – die erste Version von VisuExplore ist nun einsetzbar und soll sich jetzt im Klinik-Alltag bewähren.
     
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