AFRIKA. AFRIQUE. AFRICA. Die Sammlung Stepic   

erstellt am
29. 07. 11

26. August - 30. September 2011 im Bank Austria Kunstforum
Wien (kunstnet) - Von 26. August bis 30. September 2011 präsentiert die Sammlung Stepic im Bank Austria Kunstforum, auf der Freyung 8, 1010 Wien die Ausstellung AFRIKA. AFRIQUE. AFRICA. Im Mittelpunkt dieser außergewöhnlichen Präsentation Schwarzafrikanischer Stammeskunst stehen ca. 200 ausgewählte Exponate aus Holz, Metall und Terracotta sowie Webe- und Perlenarbeiten. Zusammengetragen hat diese in den letzten 30 Jahren der Sammler Herbert Stepic auf seinen zahlreichen Reisen nach Afrika.

"Vor mehr als einem Vierteljahrhundert habe ich mit Afrika Bekanntschaft gemacht - und es erging mir wie vielen anderen Europäern: Afrika löst Emotionen aus, es lässt nicht kalt - mit seinen Landschaften, seinen Menschen, seinen Mythen, Riten und seiner Magie. Anlässlich etlicher Geschäftsreisen und einiger privater Besuche habe ich versucht, den Dialog aufzunehmen: zwischen mir - Europa - und Afrika, zwischen Vergangenheit und Gegenwart", beschreibt Herbert Stepic seine ersten Begegnungen mit dem dunklen Kontinent mit seiner kulturellen Vielfalt und seiner Widersprüchlichkeit. Stepic, der die Ausstellung als Privatmann organisiert, ist Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Bank International AG.

Afrika, die Wiege der Menschheit lässt keinen unberührt. Für die einen das Safari- und Badeparadies schlechthin, für die anderen der Kontinent der Hungersnöte, Todeskrankheiten, Stammeskriege und Korruption, der verstört und verschreckt; aber auch das Zentrum einer nicht enden wollenden Fantasie und Kreativität und ein unverzichtbarer Impulsgeber der Weltkulturgeschichte.

Mitte des 19. Jahrhunderts brachten Missionare, Kaufleute und Kolonialbeamte erste Artefakte nach Europa. Mit dem Entstehen von ethnographischen Sammlungen Ende des 19. Jahrhunderts wurden die mitgebrachten Objekte zum ersten Mal der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Es waren vor allem Künstler, die sich vorurteilslos von der Ästhetik des schwarzen Kontinents inspirieren ließen und sich mit den formalen Aspekten beschäftigten. In den Skulpturen und Plastiken bedeutender Bildhauer wie Henry Moore (1898-1986) oder Alberto Giacometti (1901-1966) tauchen immer wieder Elemente auf, deren Ursprung in der Kultur Afrikas zu finden ist: Kompositionen mit Figuren, die spezifische Darstellung weiblicher Körper oder die Reduktion auf extrem vereinfachte Formen. Ebenfalls beeindruckt von der Formensprache waren Henri Matisse (1869-1954), Georges Braque (1882-1963) und Pablo Picasso (1881-1973), deren Ästhetik die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts prägte.

Auch afrikanische Musik, Gesänge und Tanzformen haben seit Beginn des 20. Jahrhunderts die Musik und den Tanz in Europa und Nordamerika nachhaltig beeinflusst. Gospel und Jazz, Blues und Soul, Funk und Hip-Hop sind ohne die afrikanische Tradition und Gegenwart kaum vorstellbar. Als Afrikanische Kunst wird die Kultur Schwarzafrikas unter Aussparung des arabischen Nordens und den Maghreb-Staaten definiert. Wie die kulturgeschichtlichen und archäologischen Forschungen der letzten Jahrzehnte immer deutlicher bestätigen, ist der afrikanische Kontinent die Wiege der Menschheit. Die Kunst der Stämme und Völker Schwarzafrikas hat ihren Ursprung im Kult und ist untrennbar mit Religion, Mythologie, Ritualen und Festen verbunden. Genauso vielfältig wie der Verwendungszweck der ausgestellten Objekte gestaltet sich auch die ästhetische Palette der Exponate. So spannt sich der Bogen von humorvollen über faszinierende und bezaubernde bis hin zu furchterregenden, hässlichen und abstoßenden Objekten. Die Sammlung Stepic, die mittlerweile über 400 Exponate umfasst, zählt heute weltweit zu den bedeutenden Sammlungen von Kunst aus Schwarzafrika. Einige in der Ausstellung gezeigte Exponate - wie z.B. die NOK Kunst - sind 2.000 Jahre alt, andere sind jüngeren Datums oder in der Jetztzeit entstanden. Die Mehrheit der Ausstellungsstücke stammt aus dem Grasland des heutigen Kamerun, ein Hochland, das auf etwa 2.000 Metern Höhe liegt.

Das Kameruner Grasland
In dieser bedeutenden Kulturregion leben heute die beiden Haupt-Volksgruppen Bamelike und Bamum als zwei selbstständige Königreiche, die weder eine politische, kulturelle noch sprachliche Einheit bilden. Der König, der als Gottheit verehrt wurde, führte rituelle Handlungen zur Sicherung der Fruchtbarkeit des Landes und seiner Untertanen durch. Die Masken des Kameruner Graslands, die einen Schwerpunkt in der Ausstellung bilden, sind groß und wuchtig, ihre Gesichter sind oft stilisiert. Im traditionellen Kontext verkörpern sie Ahnen- und Buschgeister und hatten immer eine bestimmte Funktion im sozialen Ablauf eines Dorfes. Sie agierten als Richter, als Kultleiter bei Initiationen und Agrarriten oder als Entscheidungsträger bei Fragen über die Neuanlage eines Dorfes oder der Kriegsführung. Sie waren fixer Bestandteil bei Totenritualen, dienten aber auch der Unterhaltung. Manche dieser Funktionen blieben bis heute erhalten, obwohl der ursprüngliche Inhalt vielfach verloren gegangen ist.

NOK - 2.000 Jahre afrikanische Kunst
Die NOK-Kultur trat um etwa 500 v. Chr. auf und verschwand 500 n. Chr. im Dunkel der Geschichte. Sie hat unsere Vorstellung über figurative Skulpturen in Afrika nachhaltig verändert. Entdeckt wurde das erste NOK-Objekt aus Terracotta 1902 vom britischen Chemiker Henry William Laws in Zentral-Nigeria auf dem Jos-Plateau. Bald schon sollte es das Interesse der Wissenschafter wecken und man begann mit archäologischen Ausgrabungen in einem Kreis von etwa 150 km rund um das Dorf Nok, das von dem Volk der Ham bewohnt wurde. Erstaunlich ist, dass NOK einen engen Zusammenhang mit der Eisenverarbeitung aufweist; und das schon vor 2.500 Jahren. Kulturhistorisch sind die Terracotta-Skulpturen der NOK-Kultur von besonderer Bedeutung, da sie trotz ihres einheitlichen Stils eine Vielzahl an unterschiedlichen Gestaltungsformen aufweisen unter Betonung des Kopfes, wie das auch in der jüngeren afrikanischen Kunst verbreitet ist.

Fetische
Der Begriff "Fetischismus" geht von unserer westlich geprägten Unterscheidung von Gottheit(en) und Schöpfung einerseits und von belebter und unbelebter Natur andererseits aus. Nur Göttern und Lebewesen schreiben wir in unserem westlichen Denken - wenn überhaupt - eine Wirkungsmacht zu. Naturreligionen, wie sie heute noch fallweise in Afrika praktiziert werden, kennen diese Unterscheidungen häufig nicht. Der Fetischismus - lateinisch facticius: nachgemacht, künstlich; französisch fétiche: Zauber(mittel) - bezeichnet einen Glauben an übernatürliche Eigenschaften bestimmter auserwählter oder ungewöhnlicher, meist selbstverfertigter Gegenstände unbelebter Art und deren Verehrung. Fetische dienen der Naturheilkunde und der zerstörerischen Magie. Nagelfetische, wie man sie z. B. bei den von den Bakongo, Vili und Yombe bevölkerten Gebieten nahe der Mündung des Kongo-Flusses findet, werden dort "nkonde (i)" genannt, abgeleitet vom Zeitwort "kondo", was "jagen" bedeutet. "nkonde (i)" werden sowohl in der zerstörenden Rache- und Schadenmagie aber auch in der Bewahrung von Ordnung und Recht eingesetzt. Übeltäter werden damit verfolgt und bestraft.

Gold- und Perlenobjekte
Kostbare Gold- und Perlenobjekte, Leihgaben des Museums Liaunig in Neuhaus, Kärnten, und von Peter Liaunig erweitern die Ausstellung und geben einen interessanten Einblick in die Goldkunst der Ashanti und in die Glasperlenindustrie, die in mehreren Regionen Westafrikas, später im südlichen Afrika - besonders bei den Zulu-Völkern - blühte. Perlen waren beliebter Ersatz zum einheimischen Schmuck, der aus Messing, Lehm, Elfenbein und Straußeneierschalen gefertigt wurde. Die ersten Hinweise auf Perlenarbeiten gehen auf das 10. Jahrhundert zurück. Im 16. Jahrhundert importierte man Glasperlen aus Venedig und Böhmen, die gegen Elfenbein und Sklaven eingetauscht wurden. In ihren Traditionen sind die Ashanti, die sich im 15. Jahrhundert im heutigen Ghana angesiedelt haben, bis heute fest verwurzelt. So dienen der königliche Goldschmuck und die prächtigen Insignien immer noch bei Festivitäten und zu außerordentlichen Repräsentationszwecken der Selbstdarstellung der königlichen Familien.

Ein Katalog, der in deutscher und englischer Sprache erscheint, dokumentiert und illustriert diese außergewöhnliche Ausstellung.
     
Informationen: http://www.bankaustria-kunstforum.at    
     
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