Faymann:
Vorbildliches Beispiel für demokratischen Diskussionsprozess und Konfliktlösung
Staatssekretär Ostermayer: "Wir haben es geschafft, die
beste mögliche Lösung zu finden" - Festakt im Bundeskanzleramt
Wien (sk) - Die Lösung der Ortstafelfrage ist ein bedeutender Schritt für Österreich, der
am Ende eines langwierigen, aber demokratisch vorbildlichen und konstruktiven Diskussionsprozesses steht, betonte
Bundeskanzler Werner Faymann am 26.07. bei einem Festakt anlässlich der Finalisierung der Ortstafellösung
für Kärnten. Am Ende stehe ein Ergebnis, "das vorbildlich in Österreich und in der internationalen
Diskussion ist", sagte Faymann bei einem Empfang im Bundeskanzleramt. Staatssekretär Josef Ostermayer
bekräftigte, dass unter Einbindung aller betroffenen Gruppen und der fast einstimmigen Zustimmung aller Parteien,
die beste Lösung gefunden wurde.
"Ich bin sehr froh, dass diese Diskussion mit gegenseitigem Respekt geführt wurde", betonte Faymann.
Gerade angesichts der Gräueltaten in Norwegen und der Diskussion um eine "Abrüstung der Worte"
und Austragungsweisen von Konflikten, stelle sich die Frage, "ob wir gerade jungen Leuten auch in unserer
Republik diese solidarische Diskussion, diese konstruktive Diskussion, die die Demokratie braucht, auch vorleben",
so Faymann. Die Frage eines respektvollen Zusammenlebens stelle sich auch im politischen Prozess. Die Verhandlungen
zur Ortstafelfrage seien hier positiv hervorzuheben, da "in guter österreichischer Tradition das Gemeinsame
vor das Trennende gestellt" wurde. Die Lösung im Verfassungsrang, "die 56 Jahre nach dem Staatsvertrag
ein sehr bedeutender Schritt ist", sei ein vorbildliches Beispiel dafür, dass auch bei Beteiligung vieler
Gruppen eine ernsthafte und respektvolle Diskussion möglich sei, betonte Faymann.
"Wir haben ein gemeinsames Ziel erreicht", sagte auch Ostermayer. Am Ende kam es zu dem Beschluss von
164 neuen zweisprachigen Ortstafeln und der Ausweitung der Amtssprache. Die Lösung sei zudem ein "Zukunftspaket".
"Auch die Finanzierung und Sicherung der zweisprachigen Musikschulen, Kindergärten und vieles mehr"
sei darin behandelt worden. Ostermayer dankte allen Beteiligten, insbesondere auch Bundeskanzler Werner Faymann,
für das Vertrauen und die wichtigen Ratschläge mit Einzelgesprächen zu arbeiten und einen Zeitrahmen
bis 2012 zu setzen. "Es war ein ganz weiser Ratschlag, nämlich Zeit zu geben", sagte Ostermayer.
"Ich danke all jenen, die dazu beigetragen haben, diesen Beschluss zu ermöglichen", so Ostermayer. |
Eine sehr gute Lösung, ein großer Fortschritt für
Österreich und Kärnten
Festakt im Bundeskanzleramt aus Anlass der Ortstafellösung - LH Dörfler: Basis
für die Lösung war Vertrauen statt Misstrauen, Freude auf gemeinsame Zukunft im Land und mit Nachbarn
Klagenfurt (lpd) - Beim Festakt im Bundeskanzleramt aus Anlass der Ortstafellösung standen am 26.07.
die Freude und der Dank aller Beteiligten und die Gemeinsamkeit im Mittelpunkt. Unter den Festgästen beim
Bundeskanzler fanden sich zahlreiche Spitzenvertreter aus der Bundes- und Landespolitik ein, weiters die Vertreter
der slowenischen Volksgruppe, aus Slowenien, Kärntner Bürgermeister, Heimatverbände und der Konsensgruppe.
Von einer Sternstunde sprachen Bundespräsident Heinz Fischer und Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Das
Volksgruppengesetz sei ein großer Fortschritt für Österreich und Kärnten, unterstrich der
Bundespräsident. Er sprach von einem guten Kompromiss.
"Uns lagen nicht Stolpersteine, sondern Stolperberge im Weg - es waren einige Großglockner. Doch wir
haben daraus Pflastersteine für unseren gemeinsamen Weg gemacht." So beschrieb der Landeshauptmann den
Prozess hin zur historischen Ortstafellösung. Diese Lösung sei auch ein neues Modell politischer Kultur.
Die Diskussion sei nämlich in Freundschaft, mit Respekt und Vertrauen geführt worden. Lob und Dank gab
es von Dörfler neben allen Beteiligten vor allem für Staatssekretär Ostermayer, der Sanftheit und
Konsequenz vereint habe und als Chefverhandler des Bundes eine gute Wahl des Bundeskanzlers gewesen sei.
Dörfler erklärte auch seine Vorstellungen von Zukunftspolitik. Diese brauche Werte wie Respekt, Würde,
Freundschaft und Verantwortung. Er betonte, dass Kärnten anders funktioniere, als viele gemeint hätten,
was auch die erzielte Lösung bestätige. Sieger sei das Land Kärnten. Volksgruppe und Mehrheitsbevölkerung
würden sich hier auf gleicher Höhe bewegen. Der Landeshauptmann verwies auf Mitglieder der Volksgruppe,
die in vielen Bereichen sehr erfolgreich seien. Auch sein Büroleiter Johannes Graber sei Kärntner Slowene
und habe für ihn bei den Ortstafelverhandlungen eine wichtige Rolle gespielt. Die Volksgruppe sei auch Brücke
zum Nachbarn Slowenien. In der Zusammenarbeit in der Region sieht Dörfler enormes Potential: "Ich freue
mich auf die gemeinsame Zukunft."
Es sei ein guter Kompromiss, erklärte der Bundespräsident, weil er mit einem erfreulich hohen Maß
an Zustimmung zustande gekommen sei und weil er der Reputation Kärntens und Österreichs diene. Die sehr
guten Beziehungen zwischen Österreich und Slowenien seien von einem Problem befreit worden, das immer wieder
im Raum gestanden habe. Der beschlossene und beurkundete Gesetzestext wäre vor zehn Jahren wohl noch gescheitert,
meinte Fischer und wies auf die positiven Änderungen hin, die es seither gegeben habe. "Alle, die sich
um die Lösung bemüht haben und daran beteiligt waren, haben etwas Gutes für Kärnten und Österreich
getan", so der Bundespräsident.
Bundeskanzler Werner Faymann wies unter dem Eindruck der Tragödie in Oslo auf die konstruktive Diskussion
hin, die eine Demokratie brauche. Mit der Ortstafellösung sei ein bedeutender Schritt gemacht worden. Nicht
ein Diktat sei richtig, vielmehr sei die Lösung ein gutes, vorbildliches Beispiel für eine ernsthafte
und respektvolle Diskussion, die alle einbindet. "Gut, dass wir nicht von Wien die Lösung vorgegeben
haben und uns nicht gegenseitig mit Fristen sekkiert haben", so Faymann. Respektvolles Miteinander vorzuleben
sei viel wertvoller als Resolutionen, weil damit der Demokratie ein guter Dienst getan werde.
Chefverhandler Staatssekretär Josef Ostermayer sagte, dass gut Ding Weile brauche. "Ich bin überzeugt,
dass wir ein gutes Ding geschaffen haben". Es sei die beste Lösung, die es je gegeben habe und die auch
mehrheitsfähig sei. Alle fünf Parteien haben zugestimmt und fast einstimmig. Er erinnerte an die vielen
marathonhaften Verhandlungen und dankte allen Beteiligten, insbesondere sei auch Landeshauptmann Dörfler ein
wunderbarer Gesprächspartner gewesen, so Ostermayer. Er dankte auch Faymann für das Vertrauen und dafür,
ihm genügend Zeit gegeben zu haben. "Ich bitte sie, arbeiten sie weiterhin so konstruktiv in Kärnten,
Österreich und Europa zusammen", so Ostermayer.
Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger sagte, dass nun diese immer wieder diskutierte Frage von
der Tagesordnung gestrichen werde. Damit sei eine außenpolitische Flanke geschlossen, die uns immer wieder
belastet habe. Es sei ein Meilenstein gesetzt worden und damit eine gute Grundlage für die Zukunft und zur
Stärkung der regionalen Zusammenarbeit gelegt worden.
Volksgruppenvertreter Marjan Sturm wies auf die große emotionale Belastung von Volksgruppenfragen hin. Hier
brauche es eine besondere Sensibilität, um die Minderheit nicht zu enttäuschen und die Toleranz der Mehrheit
nicht zu überfordern. Gerade Kärnten müsse mit so vielen Bruchlinien zurecht kommen wie sonst kein
anderes Land, zitierte er den Historiker Stefan Karner. Er sei froh über diesen Kompromiss, der für ganz
Kärnten als wertvoll gesehen werde. Auch die Diskussion in der Konsensgruppe habe ihn persönlich bereichert.
Nun gehe es darum, alle Kritiker ins Boot zu holen durch Dialog und Überzeugungsarbeit. Es gebe keine Alternative
zum Dialog, so Sturm. Ein Kapitel sei abgeschlossen, viel Arbeit sei noch zu tun. |