Die Ortstafeldiskussion ist abgeschlossen  

erstellt am
26. 07. 11

 Faymann: Vorbildliches Beispiel für demokratischen Diskussionsprozess und Konfliktlösung
Staatssekretär Ostermayer: "Wir haben es geschafft, die beste mögliche Lösung zu finden" - Festakt im Bundeskanzleramt
Wien (sk) - Die Lösung der Ortstafelfrage ist ein bedeutender Schritt für Österreich, der am Ende eines langwierigen, aber demokratisch vorbildlichen und konstruktiven Diskussionsprozesses steht, betonte Bundeskanzler Werner Faymann am 26.07. bei einem Festakt anlässlich der Finalisierung der Ortstafellösung für Kärnten. Am Ende stehe ein Ergebnis, "das vorbildlich in Österreich und in der internationalen Diskussion ist", sagte Faymann bei einem Empfang im Bundeskanzleramt. Staatssekretär Josef Ostermayer bekräftigte, dass unter Einbindung aller betroffenen Gruppen und der fast einstimmigen Zustimmung aller Parteien, die beste Lösung gefunden wurde.

"Ich bin sehr froh, dass diese Diskussion mit gegenseitigem Respekt geführt wurde", betonte Faymann. Gerade angesichts der Gräueltaten in Norwegen und der Diskussion um eine "Abrüstung der Worte" und Austragungsweisen von Konflikten, stelle sich die Frage, "ob wir gerade jungen Leuten auch in unserer Republik diese solidarische Diskussion, diese konstruktive Diskussion, die die Demokratie braucht, auch vorleben", so Faymann. Die Frage eines respektvollen Zusammenlebens stelle sich auch im politischen Prozess. Die Verhandlungen zur Ortstafelfrage seien hier positiv hervorzuheben, da "in guter österreichischer Tradition das Gemeinsame vor das Trennende gestellt" wurde. Die Lösung im Verfassungsrang, "die 56 Jahre nach dem Staatsvertrag ein sehr bedeutender Schritt ist", sei ein vorbildliches Beispiel dafür, dass auch bei Beteiligung vieler Gruppen eine ernsthafte und respektvolle Diskussion möglich sei, betonte Faymann.

"Wir haben ein gemeinsames Ziel erreicht", sagte auch Ostermayer. Am Ende kam es zu dem Beschluss von 164 neuen zweisprachigen Ortstafeln und der Ausweitung der Amtssprache. Die Lösung sei zudem ein "Zukunftspaket". "Auch die Finanzierung und Sicherung der zweisprachigen Musikschulen, Kindergärten und vieles mehr" sei darin behandelt worden. Ostermayer dankte allen Beteiligten, insbesondere auch Bundeskanzler Werner Faymann, für das Vertrauen und die wichtigen Ratschläge mit Einzelgesprächen zu arbeiten und einen Zeitrahmen bis 2012 zu setzen. "Es war ein ganz weiser Ratschlag, nämlich Zeit zu geben", sagte Ostermayer. "Ich danke all jenen, die dazu beigetragen haben, diesen Beschluss zu ermöglichen", so Ostermayer.

 

Eine sehr gute Lösung, ein großer Fortschritt für Österreich und Kärnten
Festakt im Bundeskanzleramt aus Anlass der Ortstafellösung - LH Dörfler: Basis für die Lösung war Vertrauen statt Misstrauen, Freude auf gemeinsame Zukunft im Land und mit Nachbarn
Klagenfurt (lpd) - Beim Festakt im Bundeskanzleramt aus Anlass der Ortstafellösung standen am 26.07. die Freude und der Dank aller Beteiligten und die Gemeinsamkeit im Mittelpunkt. Unter den Festgästen beim Bundeskanzler fanden sich zahlreiche Spitzenvertreter aus der Bundes- und Landespolitik ein, weiters die Vertreter der slowenischen Volksgruppe, aus Slowenien, Kärntner Bürgermeister, Heimatverbände und der Konsensgruppe. Von einer Sternstunde sprachen Bundespräsident Heinz Fischer und Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Das Volksgruppengesetz sei ein großer Fortschritt für Österreich und Kärnten, unterstrich der Bundespräsident. Er sprach von einem guten Kompromiss.

"Uns lagen nicht Stolpersteine, sondern Stolperberge im Weg - es waren einige Großglockner. Doch wir haben daraus Pflastersteine für unseren gemeinsamen Weg gemacht." So beschrieb der Landeshauptmann den Prozess hin zur historischen Ortstafellösung. Diese Lösung sei auch ein neues Modell politischer Kultur. Die Diskussion sei nämlich in Freundschaft, mit Respekt und Vertrauen geführt worden. Lob und Dank gab es von Dörfler neben allen Beteiligten vor allem für Staatssekretär Ostermayer, der Sanftheit und Konsequenz vereint habe und als Chefverhandler des Bundes eine gute Wahl des Bundeskanzlers gewesen sei.

Dörfler erklärte auch seine Vorstellungen von Zukunftspolitik. Diese brauche Werte wie Respekt, Würde, Freundschaft und Verantwortung. Er betonte, dass Kärnten anders funktioniere, als viele gemeint hätten, was auch die erzielte Lösung bestätige. Sieger sei das Land Kärnten. Volksgruppe und Mehrheitsbevölkerung würden sich hier auf gleicher Höhe bewegen. Der Landeshauptmann verwies auf Mitglieder der Volksgruppe, die in vielen Bereichen sehr erfolgreich seien. Auch sein Büroleiter Johannes Graber sei Kärntner Slowene und habe für ihn bei den Ortstafelverhandlungen eine wichtige Rolle gespielt. Die Volksgruppe sei auch Brücke zum Nachbarn Slowenien. In der Zusammenarbeit in der Region sieht Dörfler enormes Potential: "Ich freue mich auf die gemeinsame Zukunft."

Es sei ein guter Kompromiss, erklärte der Bundespräsident, weil er mit einem erfreulich hohen Maß an Zustimmung zustande gekommen sei und weil er der Reputation Kärntens und Österreichs diene. Die sehr guten Beziehungen zwischen Österreich und Slowenien seien von einem Problem befreit worden, das immer wieder im Raum gestanden habe. Der beschlossene und beurkundete Gesetzestext wäre vor zehn Jahren wohl noch gescheitert, meinte Fischer und wies auf die positiven Änderungen hin, die es seither gegeben habe. "Alle, die sich um die Lösung bemüht haben und daran beteiligt waren, haben etwas Gutes für Kärnten und Österreich getan", so der Bundespräsident.

Bundeskanzler Werner Faymann wies unter dem Eindruck der Tragödie in Oslo auf die konstruktive Diskussion hin, die eine Demokratie brauche. Mit der Ortstafellösung sei ein bedeutender Schritt gemacht worden. Nicht ein Diktat sei richtig, vielmehr sei die Lösung ein gutes, vorbildliches Beispiel für eine ernsthafte und respektvolle Diskussion, die alle einbindet. "Gut, dass wir nicht von Wien die Lösung vorgegeben haben und uns nicht gegenseitig mit Fristen sekkiert haben", so Faymann. Respektvolles Miteinander vorzuleben sei viel wertvoller als Resolutionen, weil damit der Demokratie ein guter Dienst getan werde.

Chefverhandler Staatssekretär Josef Ostermayer sagte, dass gut Ding Weile brauche. "Ich bin überzeugt, dass wir ein gutes Ding geschaffen haben". Es sei die beste Lösung, die es je gegeben habe und die auch mehrheitsfähig sei. Alle fünf Parteien haben zugestimmt und fast einstimmig. Er erinnerte an die vielen marathonhaften Verhandlungen und dankte allen Beteiligten, insbesondere sei auch Landeshauptmann Dörfler ein wunderbarer Gesprächspartner gewesen, so Ostermayer. Er dankte auch Faymann für das Vertrauen und dafür, ihm genügend Zeit gegeben zu haben. "Ich bitte sie, arbeiten sie weiterhin so konstruktiv in Kärnten, Österreich und Europa zusammen", so Ostermayer.

Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger sagte, dass nun diese immer wieder diskutierte Frage von der Tagesordnung gestrichen werde. Damit sei eine außenpolitische Flanke geschlossen, die uns immer wieder belastet habe. Es sei ein Meilenstein gesetzt worden und damit eine gute Grundlage für die Zukunft und zur Stärkung der regionalen Zusammenarbeit gelegt worden.

Volksgruppenvertreter Marjan Sturm wies auf die große emotionale Belastung von Volksgruppenfragen hin. Hier brauche es eine besondere Sensibilität, um die Minderheit nicht zu enttäuschen und die Toleranz der Mehrheit nicht zu überfordern. Gerade Kärnten müsse mit so vielen Bruchlinien zurecht kommen wie sonst kein anderes Land, zitierte er den Historiker Stefan Karner. Er sei froh über diesen Kompromiss, der für ganz Kärnten als wertvoll gesehen werde. Auch die Diskussion in der Konsensgruppe habe ihn persönlich bereichert. Nun gehe es darum, alle Kritiker ins Boot zu holen durch Dialog und Überzeugungsarbeit. Es gebe keine Alternative zum Dialog, so Sturm. Ein Kapitel sei abgeschlossen, viel Arbeit sei noch zu tun.
     
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