Wien (wifo) - Nach der kräftigen Erholung seit Herbst 2010 ist nunmehr
eine gewisse Abschwächung der internationalen Konjunktur zu beobachten. Während aus Asien nach wie vor
starke Wachstumsimpulse kommen, fiel das Wirtschaftswachstum im II. Quartal in den USA mäßig aus, und
auch die jüngsten Daten für den Euro-Raum lassen für die kommenden Monate eine geringere Expansion
erwarten. Die Abschwächung der Konjunktur und die Entwicklungen um die Verschuldung der öffentlichen
Haushalte in den USA und im Euro-Raum erhöhten die Spannungen auf den Finanzmärkten zuletzt deutlich
und zogen massive Kursverlusten nach sich. Die Dynamik der Weltwirtschaft schwächte sich zuletzt ab. Zwar
kommen nach wie vor starke Wachstumsimpulse aus den Schwellenländern in Asien und Lateinamerika. In den USA
wuchs die Wirtschaft im II. Quartal mit +0,3% aber neuerlich mäßig (I. Quartal +0,1%). Gleichzeitig
verläuft die Erholung auf dem Arbeitsmarkt unverändert zäh, die Arbeitslosenquote lag im Juli nahezu
unverändert bei 9,1%, um nur 0,4 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Aufgrund der anhaltenden Schwierigkeiten
auf dem Arbeitsmarkt und der prekären Lage der Staatsfinanzen sind in den USA auch die Unternehmererwartungen
über die Wirtschaftsentwicklung im 2. Halbjahr gedämpft. Das Conference Board rechnet in seiner Prognose
vom Juli für das 2. Halbjahr 2011 mit anhaltend mäßigem Wachstum
Für den Euro-Raum sind noch keine Zahlen zum Wirtschaftswachstum im II. Quartal verfügbar. Die Industrieproduktion
nahm im April und Mai weiterhin zu, die jüngsten Konjunkturumfragen deuten aber auch hier auf eine Verlangsamung
des Aufschwungs hin. Nach einer stetigen Verbesserung seit dem II. Quartal 2009 ist etwa das Industrievertrauen
laut EU-Konjunkturumfragen seit April 2011 wieder rückläufig. Es liegt allerdings immer noch deutlich
über dem langjährigen Durchschnitt. In Deutschland beurteilen die Unternehmen laut ifo-Geschäftsklimaindex
die aktuelle Lage nach wie vor als gut, die Geschäftserwartungen trüben sich aber auch hier ein.
Die schwächeren Konjunkturaussichten, die kontroverse Diskussion um das Staatsschuldenlimit in den USA und
die Schuldenkrise im Euro-Raum lösten im Juli Spannungen auf den Finanzmärkten aus. Nach einem Hilfspaket
für Portugal von insgesamt 78 Mrd. € im Mai wurden im Euro-Raum im Juli auch für Griechenland weitere
Kredite im Ausmaß von 109 Mrd. € und eine Restrukturierung der Schulden notwendig. Der Dow-Jones-Index fiel
in der ersten August-Woche gegenüber dem Höchstwert von Anfang Mai um etwa 11%, der DAX um etwa 17%.
Die Sekundärmarktrenditen für italienische und spanische Staatsanleihen stiegen zeitweise auf über
6%. Zuletzt stufte die Ratingagentur Standard & Poor's die Bewertung von Staatsanleihen der USA von "AAA"
auf "AA+" herab.
In Österreich waren die monatlichen Veränderungsraten der Industrieproduktion gemäß den bislang
verfügbaren Daten im II. Quartal im Vergleich zum I. Quartal nahezu unverändert (April +1,5%, Mai 0,5%,
I. Quartal durchschnittlich +1,1%). Die aktuellen Auftragsbestände beurteilten die Sachgütererzeuger
im WIFO-Konjunkturtest nach wie vor günstig. Die vorlaufenden Indikatoren (Produktionserwartungen, Geschäftslage
in sechs Monaten) sind allerdings seit mehreren Monaten rückläufig und lagen im Juli nahe dem langjährigen
Durchschnitt. Weiterhin schwach entwickelt sich der Tiefbau, der Produktionsindex unterschritt den Vorjahreswert
im April um 13,9%. Der Tourismussektor setzte im Frühsommer (Mai und Juni) real um 1,7% mehr um als im Vorjahr.
Im Juni und Juli 2011 stieg die aktive Beschäftigung saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um jeweils
0,2%. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote beträgt nach österreichischer Berechnungsmethode seit Jänner
unverändert 6,7%. Das Stellenangebot war in den letzten Monaten allerdings leicht rückläufig, während
die Arbeitslosenzahlen wieder stiegen. Mit der Konjunkturabschwächung verringert sich der Preisdruck auf den
Rohstoffmärkten. Im Vorjahresvergleich erhöht die Rohstoffpreishausse jedoch die Inflation in den Industrieländern.
Im Euro-Raum erreichte die Inflationsrate im Juni 2011 laut HVPI 2,7%. Der Preisauftrieb ohne Energie und unverarbeitete
Nahrungsmittel ist aber mäßig (Juni 1,8%). In Österreich betrug die Inflationsrate gemäß
harmonisiertem VPI im Juni 3,7% (laut nationalem VPI 3,3%). Die Kerninflationsrate laut HVPI (ohne Energie und
unverarbeitete Nahrungsmittel) war mit 3,0% um 1,2 Prozentpunkte höher als im Durchschnitt des Euro-Raumes.
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