EU finanziert neues Forschungsvorhaben zur Reaktion auf unerwartete Epidemierisiken wie E.-coli-Infektionen
Brüssel (ec.europa) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, weitere 12 Mio. EUR aus
dem EU-Forschungsrahmenprogramm bereitzustellen, um die Fähigkeit Europas zur Bekämpfung von Krankheitserregern
wie den virulenten Escherichia-coli-Bakterien (E. coli) zu steigern, mit denen sich unlängst nahezu 4000 Menschen
in Europa infiziert haben, wovon 46 starben. In diesem Herbst wird ein grenzüberschreitendes Konsortium mit
der Bezeichnung ANTIGONE Forschungsarbeiten mit dem Ziel aufnehmen, ein möglichst umfassendes wissenschaftliches
Bild des neuen Stamms von E. coli – dem speziell ein Budget von 2,1 Mio. EUR gewidmet ist – und einer Reihe anderer
virulenter Krankheitserreger, die eine Bedrohung für die menschliche Gesundheit darstellen könnten, zu
erarbeiten. Durch ein besseres Verständnis dieser Erreger können die Wissenschaftler die Entwicklung
von Verfahren zur ihrer Bekämpfung weiter voranbringen; die Forschung wird sich auf Möglichkeiten zur
Verhinderung künftiger Epidemien und zur Reaktion auf neue Ausbrüche konzentrieren. Das Konsortium wird
eng mit einem anderen, bereits früher zur Förderung ausgewählten Projekt – PREDEMICS – zusammenarbeiten.
Hierzu erklärte Máire Geoghegan-Quinn, EU-Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft:
„Unser Konzept sieht vor, den Schwerpunkt der Forschung und Innovationsförderung der EU auf die Themen zu
legen, die für die Europäer am wichtigsten sind, und da steht Gesundheit natürlich ganz oben auf
der Liste. Daher bin ich sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, diese zusätzlichen Mittel zu mobilisieren,
mit denen die Fähigkeit Europas, den Ausbruch von Epidemien zu erkennen und darauf zu reagieren, weiter gestärkt
werden kann.“
Da Projekt ANTIGONE (ANTIcipating the Global Onset of Novel Epidemics – Früherkennung des globalen Auftretens
neuartiger Epidemien) soll nach derzeitiger Planung 14 Partner aus sieben Ländern vereinen. Es dient der Verbindung
spezifischer Fachkenntnisse bezüglich eines breiten Spektrums von Viren und Bakterien, darunter Shiga-Toxin
bildende Escherichia-coli-Bakterien (STEC). Im Rahmen von ANTIGONE wird durch den Aufbau von Wissen und die Bündelung
von Ressourcen ein Beitrag zur Ermittlung, Untersuchung, Verhinderung und Bekämpfung unerwarteter neuer Epidemierisiken
geleistet. Ziel des Projekts ist es insbesondere, die Faktoren zu bestimmen, die Viren und bakterielle Erreger
dazu befähigen, die Speziesbarriere zu überwinden und so von Tieren auf Menschen überzugehen. Beim
Auftreten neuer und unbekannter Krankheiten kann im Rahmen von ANTIGONE eine Analyse der beteiligten Bakterien
oder Viren, der Epidemiologie der betreffenden Krankheit sowie der Art und Weise ihrer Übertragung vorgenommen
und koordiniert werden. Daneben wird im Zuge des Projekts angestrebt, Möglichkeiten der Tilgung von Krankheiten
zu ermitteln und Lehren zu ziehen, die bei der künftigen Abwehr von Gefahren hilfreich sein können.
Hintergrund
In den letzten Monaten verzeichnete Deutschland einen der größten Ausbrüche des hämolytisch-urämischen
Syndroms und blutiger Durchfallerkrankungen, verursacht durch enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC),
die auch als Shiga-Toxin produzierende Escherichia coli (STEC) bezeichnet werden. Nach aktualisierten Zahlen des
Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) vom 27. Juli starben
46 Menschen infolge der Infektion mit STEC, davon 45 in Deutschland.
Die Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher (GD SANCO) der Europäischen Kommission aktivierte unverzüglich
das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF) und das Frühwarn- und Reaktionssystem (EWRS).
Diese Netze gewährleisteten eine rasche Verbreitung von Informationen sowohl über mögliche Nahrungsmittelquellen
als auch über Krankheitsfälle beim Menschen in der gesamten EU.
Die Generaldirektion Forschung und Innovation unterstützt seit langem hochwertige Forschungsprojekte, in deren
Rahmen die wissenschaftlichen Instrumente zur Reaktion auf neu auftretende Epidemien erarbeitet werden.
Die Gesamtpalette der Forschungsarbeiten zu neu auftretenden Epidemien, für die im Zuge des RP7 (2007-2013)
ein Budget von über 170 Mio. EUR verfügbar ist, umfasst Arbeiten zur Verbesserung der Fähigkeit,
neu auftretende unbekannte Viren aufzuspüren (Projekt EMPERIE), zur Entwicklung von Arzneimitteln gegen sämtliche
Viren (Projekt SILVER) sowie zur Eindämmung mehrerer vektorübertragener neu auftretender Krankheiten
wie West-Nil-Fieber und Dengue-Fieber, Chikungunya usw. (Projekt EDENext).
Die Europäische Kommission hat bereits früher die Erforschung pathogener enterohämorrhagischer E.-coli-Bakterien
finanziert, und zwar vorwiegend mit Blick auf die Aspekte Lebensmittel- und Wassersicherheit.
Zwei vor Kurzem im Rahmen einer Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen (Aufruf zur Bewerbung um Fördermittel)
im Bereich der epidemiologischen Forschung vorgeschlagene Projekte wurden als ausgezeichnet bewertet. Der erste
Projektvorschlag trägt den Titel PREDEMICS und betrifft Vorsorge, Vorhersage und Verhütung in Bezug auf
Zoonose-Viren mit pandemischem Potenzial mit Hilfe multidisziplinärer Konzepte. Der Schwerpunkt dieses Projekts
liegt auf vier Virusgruppen mit epidemischem Potenzial in Europa: Influenza, Hepatitis E, Tollwut und andere von
Lyssaviren verursachte Krankheiten sowie vom Japanische-Enzephalitis-Virus oder vom West-Nil-Virus verursachte
Infektionen.
Dank der vor dem Hintergrund der jüngsten EHEC-Infektionen erfolgten Bereitstellung von weiteren 12 Mio. EUR
an EU-Mitteln für diesen Forschungsbereich kann nun auch das Projekt ANTIGONE finanziert werden. Dieses integriert
die Forschungsarbeiten zu STEC in die Erforschung anderer Bakterien und Viren, z. B. der Erreger von Krim-Kongo-Fieber,
Ebola, SARS, Pest oder Q-Fieber.
Das Projekt beinhaltet auch eine „Flexibilitätsklausel“, die künftig eine rasche Reaktion auf das unerwartet
auftretende Risiko einer Humanepidemie ermöglicht, ohne dass die Kommission eine neue Aufforderung zur Einreichung
von Vorschlägen veröffentlichen muss.
Zwischen den Projekten ANTIGONE und PREDEMICS wird eine enge Zusammenarbeit bestehen. |