Fähigkeit Europas zur Bekämpfung von Krankheitserregern    

erstellt am
08. 08. 11

EU finanziert neues Forschungsvorhaben zur Reaktion auf unerwartete Epidemierisiken wie E.-coli-Infektionen
Brüssel (ec.europa) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, weitere 12 Mio. EUR aus dem EU-Forschungsrahmenprogramm bereitzustellen, um die Fähigkeit Europas zur Bekämpfung von Krankheitserregern wie den virulenten Escherichia-coli-Bakterien (E. coli) zu steigern, mit denen sich unlängst nahezu 4000 Menschen in Europa infiziert haben, wovon 46 starben. In diesem Herbst wird ein grenzüberschreitendes Konsortium mit der Bezeichnung ANTIGONE Forschungsarbeiten mit dem Ziel aufnehmen, ein möglichst umfassendes wissenschaftliches Bild des neuen Stamms von E. coli – dem speziell ein Budget von 2,1 Mio. EUR gewidmet ist – und einer Reihe anderer virulenter Krankheitserreger, die eine Bedrohung für die menschliche Gesundheit darstellen könnten, zu erarbeiten. Durch ein besseres Verständnis dieser Erreger können die Wissenschaftler die Entwicklung von Verfahren zur ihrer Bekämpfung weiter voranbringen; die Forschung wird sich auf Möglichkeiten zur Verhinderung künftiger Epidemien und zur Reaktion auf neue Ausbrüche konzentrieren. Das Konsortium wird eng mit einem anderen, bereits früher zur Förderung ausgewählten Projekt – PREDEMICS – zusammenarbeiten.

Hierzu erklärte Máire Geoghegan-Quinn, EU-Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft: „Unser Konzept sieht vor, den Schwerpunkt der Forschung und Innovationsförderung der EU auf die Themen zu legen, die für die Europäer am wichtigsten sind, und da steht Gesundheit natürlich ganz oben auf der Liste. Daher bin ich sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, diese zusätzlichen Mittel zu mobilisieren, mit denen die Fähigkeit Europas, den Ausbruch von Epidemien zu erkennen und darauf zu reagieren, weiter gestärkt werden kann.“

Da Projekt ANTIGONE (ANTIcipating the Global Onset of Novel Epidemics – Früherkennung des globalen Auftretens neuartiger Epidemien) soll nach derzeitiger Planung 14 Partner aus sieben Ländern vereinen. Es dient der Verbindung spezifischer Fachkenntnisse bezüglich eines breiten Spektrums von Viren und Bakterien, darunter Shiga-Toxin bildende Escherichia-coli-Bakterien (STEC). Im Rahmen von ANTIGONE wird durch den Aufbau von Wissen und die Bündelung von Ressourcen ein Beitrag zur Ermittlung, Untersuchung, Verhinderung und Bekämpfung unerwarteter neuer Epidemierisiken geleistet. Ziel des Projekts ist es insbesondere, die Faktoren zu bestimmen, die Viren und bakterielle Erreger dazu befähigen, die Speziesbarriere zu überwinden und so von Tieren auf Menschen überzugehen. Beim Auftreten neuer und unbekannter Krankheiten kann im Rahmen von ANTIGONE eine Analyse der beteiligten Bakterien oder Viren, der Epidemiologie der betreffenden Krankheit sowie der Art und Weise ihrer Übertragung vorgenommen und koordiniert werden. Daneben wird im Zuge des Projekts angestrebt, Möglichkeiten der Tilgung von Krankheiten zu ermitteln und Lehren zu ziehen, die bei der künftigen Abwehr von Gefahren hilfreich sein können.

Hintergrund
In den letzten Monaten verzeichnete Deutschland einen der größten Ausbrüche des hämolytisch-urämischen Syndroms und blutiger Durchfallerkrankungen, verursacht durch enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC), die auch als Shiga-Toxin produzierende Escherichia coli (STEC) bezeichnet werden. Nach aktualisierten Zahlen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) vom 27. Juli starben 46 Menschen infolge der Infektion mit STEC, davon 45 in Deutschland.

Die Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher (GD SANCO) der Europäischen Kommission aktivierte unverzüglich das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF) und das Frühwarn- und Reaktionssystem (EWRS). Diese Netze gewährleisteten eine rasche Verbreitung von Informationen sowohl über mögliche Nahrungsmittelquellen als auch über Krankheitsfälle beim Menschen in der gesamten EU.

Die Generaldirektion Forschung und Innovation unterstützt seit langem hochwertige Forschungsprojekte, in deren Rahmen die wissenschaftlichen Instrumente zur Reaktion auf neu auftretende Epidemien erarbeitet werden.

Die Gesamtpalette der Forschungsarbeiten zu neu auftretenden Epidemien, für die im Zuge des RP7 (2007-2013) ein Budget von über 170 Mio. EUR verfügbar ist, umfasst Arbeiten zur Verbesserung der Fähigkeit, neu auftretende unbekannte Viren aufzuspüren (Projekt EMPERIE), zur Entwicklung von Arzneimitteln gegen sämtliche Viren (Projekt SILVER) sowie zur Eindämmung mehrerer vektorübertragener neu auftretender Krankheiten wie West-Nil-Fieber und Dengue-Fieber, Chikungunya usw. (Projekt EDENext).

Die Europäische Kommission hat bereits früher die Erforschung pathogener enterohämorrhagischer E.-coli-Bakterien finanziert, und zwar vorwiegend mit Blick auf die Aspekte Lebensmittel- und Wassersicherheit.

Zwei vor Kurzem im Rahmen einer Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen (Aufruf zur Bewerbung um Fördermittel) im Bereich der epidemiologischen Forschung vorgeschlagene Projekte wurden als ausgezeichnet bewertet. Der erste Projektvorschlag trägt den Titel PREDEMICS und betrifft Vorsorge, Vorhersage und Verhütung in Bezug auf Zoonose-Viren mit pandemischem Potenzial mit Hilfe multidisziplinärer Konzepte. Der Schwerpunkt dieses Projekts liegt auf vier Virusgruppen mit epidemischem Potenzial in Europa: Influenza, Hepatitis E, Tollwut und andere von Lyssaviren verursachte Krankheiten sowie vom Japanische-Enzephalitis-Virus oder vom West-Nil-Virus verursachte Infektionen.

Dank der vor dem Hintergrund der jüngsten EHEC-Infektionen erfolgten Bereitstellung von weiteren 12 Mio. EUR an EU-Mitteln für diesen Forschungsbereich kann nun auch das Projekt ANTIGONE finanziert werden. Dieses integriert die Forschungsarbeiten zu STEC in die Erforschung anderer Bakterien und Viren, z. B. der Erreger von Krim-Kongo-Fieber, Ebola, SARS, Pest oder Q-Fieber.

Das Projekt beinhaltet auch eine „Flexibilitätsklausel“, die künftig eine rasche Reaktion auf das unerwartet auftretende Risiko einer Humanepidemie ermöglicht, ohne dass die Kommission eine neue Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen veröffentlichen muss.

Zwischen den Projekten ANTIGONE und PREDEMICS wird eine enge Zusammenarbeit bestehen.
     
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