Alfred Ströer ist verstorben  

erstellt am
22. 08. 11

Sozialdemokratische Freiheitskämpfer/innen trauern
Wien (sk) - Alfred Ströer, langjähriger Vorsitzender der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer/innen und Ehrenvorsitzender ab Ende 2007 ist am Samstag, dem 20. August, 91-jährig verstorben. Vor kurzem hat er noch an einer Veranstaltung anlässlich des 110.Geburtstages von Rosa Jochmann teilgenommen. "Nicht nur der Bund Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer/innen, sondern auch die gesamte Sozialdemokratie und die österreichischen Gewerkschaften verlieren einen großen, immer sozial engagierten Politiker und Zeitzeugen", sagte Ernst Nedwed, Bundesvorsitzender der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer/innen.

Alfred Ströer war schon in der Ersten Republik in einer sozialdemokratischen Familie und bei den Roten Falken eng in Verbindung mit der Arbeiterbewegung. Während der Zeit der Dollfuß-Diktatur arbeitete er politisch in einer illegalen Gewerkschaftsgruppe gegen das damalige autoritäre Regime. 1938 setzte er den politischen Widerstand, diesmal gegen die Nationalsozialisten fort. Er wurde 1939 von der Gestapo gemeinsam mit anderen Mitgliedern seiner Gruppe verhaftet und zu achteinhalb Monaten Gestapohaft verurteilt. Später war er Volksgerichtshofhäftling im Landesgericht Wien und Wiener Neustadt, angeklagt wegen Vorbereitung zum Hochverrat. Anschließend wurde er für wehrunwürdig erklärt. Trotzdem erhielt er im Dezember 1942 von den NS-Behörden die Einberufung zur Strafeinheit 999, in der er sich bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges durchschlagen musste.

Sofort nach seiner Rückkehr trat er in den Gewerkschaftsbund ein und wurde bald als Jugendsekretär eine wichtige Bezugsperson für die jungen Menschen. Bereits 1959 wurde er Leitender Sekretär des ÖGB und Mitglied des ÖGB-Präsidiums. In dieser Funktion spielte er eine große Rolle in der ÖGB-Politik. Von März 1966 bis zum Oktober 1972 war er Abgeordneter zum Nationalrat, und übte auch verschiedene Funktionen in der SPÖ aus. Er war Mitglied des Bundesparteivorstandes und Vorsitzender der SPÖ-Bezirksorganisation Purkersdorf.

Ströer war in vielen überparteilichen und menschenrechtlichen Organisationen aktiv, wie etwa in der Liga für Menschenrechte, bei CARE Österreich, im Institut für Entwicklungspolitik und technische Zusammenarbeit. Er war Mitbegründer und Vizepräsident des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, geschäftsführender Direktor der Bruno-Kreisky-Stiftung für Menschenrechte und Vorstandsmitglied der Stiftung "Bruno Kreisky Archiv". Außerdem war er Vizepräsident des Vereines der Geschichte der Arbeiterbewegung. Er war auch in verschiedenen Kommissionen, z.B. in der Opferfürsorgekommission des Sozialministeriums, in der Arbeitsgemeinschaft der Opferverbände und außerdem in Institutionen für die Entschädigung von NS-Opfern tätig.

1995 wurde er zum Bundesvorsitzenden der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus gewählt. In dieser Funktion war er bestrebt, junge Menschen dafür zu gewinnen, sich in Fragen der Aufarbeitung der Geschichte und im Kampf gegen Neofaschismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus zu engagieren. Unter seiner Führung ist es gelungen, dem Bund in einer wichtigen Zeit eine starke Bedeutung innerhalb der Sozialdemokratie aber auch in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit zu geben.

Ströer war unermüdlich als Zeitzeuge und als Motivator junger Menschen aktiv und die Früchte zeigten sich, als er nach zwölf Jahren seine Funktion zurücklegte und eine gut aufgestellte Organisation übergeben konnte.

Als Ehrenvorsitzender wirkte er auch im wissenschaftlichen Bereich durch Vorträge und Kontakte mit ehemaligen Verfolgten des NS-Regimes bis in die letzte Zeit weiter. Durch seine freundschaftliche und positive Art konnte er viele Freunde gewinnen und war für die Jugend ein Vorbild. Das Lebenswerk von Alfred Ströer bleibt unvergessen.

Ehrungen und Publikationen:
Unter den Ehrungen, die Alfred Ströer im Verlauf seines Lebens erhielt, sind hervorzuheben, das große silberne und das goldene Ehrenzeichen für die Verdienste um die Republik Österreich. Außerdem erhielt er Auszeichnungen der Bundesländer Niederösterreich, Burgenland, Salzburg, Kärnten und Wien sowie die Professor Dr. Julius Tandler Medaille in Gold. Im Jahre 2000 wurde ihm der Professorentitel verliehen. Außerdem war er Ehrenbürger der Stadtgemeinde Purkersdorf.

Von Alfred Ströer erschienen eine Reihe von Publikationen über gewerkschaftliche und historische Themen, sowie eine Biografie über ihn von Wilhelm Toth unter dem Titel: "Vom Volksgerichtshof in die Gewerkschaftsspitze".

 

Faymann: Sein unermüdlicher Einsatz gegen den Faschismus wird immer in Erinnerung bleiben
Wien (sk) - Mit großer Trauer reagierte Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann auf die Nachricht vom Tod Alfred Ströers. "Alfred Ströer war ein großes Vorbild im Kampf gegen den Nationalsozialismus. Bis zuletzt setzte er sich gegen Ausgrenzung, Rassismus und gegen das Vergessen ein. Mit Ströer verliert die Sozialdemokratie einen großen und bedeutenden Mitstreiter", sagte Faymann am 21.08. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Alfred Ströer, Jahrgang 1920, widersetzte sich bereits Ende der dreißiger Jahre dem Nationalsozialismus. Eine Flugblattaktion brachte ihn 1939 ins Gefängnis. Er wurde wegen Hochverrats verurteilt und blieb bis 1941 inhaftiert. Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges setzte sich Ströer mit vollem Engagement für die sozialdemokratische Bewegung ein - vor allem im Gewerkschaftsbund, in dem er unter anderem ÖGB-Jugendsekretär und später Präsidiumsmitglied war. Darüber hinaus war Ströer Vizepräsident des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, Vizepräsident des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung, Vorsitzender des Bundes sozialdemokratischer Freiheitskämpfer sowie bis 1972 Abgeordneter zum Nationalrat.

"Der unermüdliche und umsichtige Einsatz Alfred Ströers gegen Faschismus und für soziale Gerechtigkeit und Freiheit wird uns immer in Erinnerung bleiben. Meine tiefe Anteilnahme gilt seiner Familie und allen Hinterbliebenen", sagte Faymann.

 

Prammer: Österreich verliert einen wichtigen Zeitzeugen
Wien (pk) - Betroffen äußert sich Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zum Ableben des ehemaligen SPÖ-Abgeordneten Alfred Ströer, der 90jährig verstorben ist. "Sein Tod stimmt uns traurig und macht uns ärmer", sagte Prammer. Die österreichische Zivilgesellschaft verliere eine große Persönlichkeit, denn Alfred Ströer habe sich unermüdlich für Gerechtigkeit und Freiheit stark gemacht.

Der 1920 in Wien geborene Alfred Ströer stammte aus einer Arbeiterfamilie und ging früh in den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Er wurde wegen Hochverrats inhaftiert und 1942 in die berüchtigte 999er-Strafkompanie eingezogen.

Nach dem Krieg engagierte sich Alfred Ströer für die Sozialdemokratie und für den Gewerkschaftsbund. Von 1966 bis 1972 war er Abgeordneter der SPÖ zum Nationalrat. Darüber hinaus war er in verschiedenen Funktionen tätig, um gegen Faschismus, Rassismus und jede Form von Totalitarismus aufzutreten. Er war viele Jahre Vizepräsident des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes (DÖW), gehörte dem Bund sozialdemokratischer Freiheitskämpfer an und war bis zuletzt Mitglied des Kuratoriums des Österreichischen Nationalfonds. In dieser Funktion habe Ströer wesentlich dazu beigetragen, das historische Erbe Österreichs aus der NS-Ära aufzuarbeiten, so die Kuratoriumsvorsitzende Prammer.

Vor allem sei es Alfred Ströer stets darum gegangen, als Zeitzeuge seine Erfahrungen und sein Wissen an junge Menschen weiterzugeben, würdigte Präsidentin Prammer sein Wirken. So trat er noch auf dem Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Jahr 2007 auf, der sich mit dem Thema "Widerstand 1938-1945 - Zivilcourage heute" auseinander setzte.

"Unsere Anteilnahme gilt seinen Angehörigen und allen, die Alfred Ströer nahe standen", erklärte Prammer abschließend.

 

Foglar: Alfred Ströer hat ÖGB maßgeblich mitgeprägt
Wien (ögb) - "Wir sind tief betroffen vom Ableben von Alfred Ströer, er war einer der maßgeblichen Architekten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und seiner Jugendorganisation", sagt ÖGB-Präsident Erich Foglar in einer ersten Reaktion.

"Die Jugend von Solidarität und gewerkschaftlichen Idealen zu überzeugen war, wohl auch als Lehre aus den Schrecken der Nazi-Herrschaft, für Alfred Ströer das wesentliche Leitmotiv seiner Tätigkeit als Leitender Sekretär des ÖGB, der für Jugendarbeit und Finanzen verantwortlich war." Erst im vergangenen Herbst hat der ÖGB Ströers Wirken zu seinem 90. Geburtstag mit einem Festakt im Sozialministerium gewürdigt.

Alfred Ströer hat sich bis zuletzt aus tiefstem Herzen für Antifaschismus engagiert, er war lange Jahre Vorsitzender der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer und Vizepräsident des Dokumentationsarchives des österreichischen Widerstandes. "Sein Engagement für die Jugend, für gute Ausbildung und für kritisches Denken, wird uns auch über seinen Tod hinaus Vorbild sein", sagt Foglar. "Mit Alfred Ströer verlieren wir einen Gewerkschafter, einen Antifaschisten, Kollegen und Freund. Unser Mitgefühl gilt nun seiner Familie."

 

Tumpel würdigt Ströer als unermüdlichen Kämpfer für soziale Gerechtigkeit
Wien (ak) - Tief bewegt zeigt sich AK Präsident Herbert Tumpel vom Tod des Wiener Kammerrats, langjährigen Gewerkschaftler und Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer Alfred Ströer. "Alfred Ströer hat sich Zeit seines Lebens unermüdlich gegen Faschismus und Ausgrenzung sowie für soziale Gerechtigkeit eingesetzt. Dieses Engagement lässt ihn über seinen Tod hinaus ein großes Vorbild sein. Mit dem Ableben von Alfred Ströer verlieren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Fürsprecher und Kämpfer für ihre berechtigten Anliegen. Ströer war von 1969 bis 1985 Kammerrat in der Arbeiterkammer Wien. "Mein Mitgefühl gilt heute auch ganz besonders seinen Angehörigen", so Tumpel.

 

Öllinger: Trauer um aufrechten und engagierten Demokraten
Wien (grüne) - "Wir trauern um einen aufrechten und engagierten Demokraten, Gewerkschafter und Antifaschisten, der zeit seines Lebens für eine Gesellschaft ohne Hass und für ein soziales Österreich eingetreten ist," sagt der Abgeordnete der Grünen und Sozialsprecher, Karl Öllinger, zum Tod von Alfred Ströer.

Öllinger verweist darauf, dass Alfred Ströer, der langjährige Vorsitzende des Bundes sozialdemokratischer Freiheitskämpfer, schon als Jugendlicher wegen seiner politischen Einstellung von den Nazis kriminalisiert und zu einer Strafeinheit der Wehrmacht abkommandiert worden ist: "Wir verneigen uns vor Alfred Ströer, seinem Lebenswerk, seiner aufrechten Gesinnung und trauern mit seiner Familie und den Hinterbliebenen, um unseren Freund."
 
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