Österreich bekommt einen „Golden Spike“. Er markiert den weltweit besten Referenzpunkt für
den Beginn der geologischen Zeitperiode des Jura.
Wien (öaw) - Die rund 500 Millionen Jahre durch Fossilien belegte Geschichte der Erde wird in
charakteristische geologische Zeiteinheiten untergliedert, wovon der Jura und die Kreidezeit zu den bekanntesten
gehören. Der Jura stellt unter anderem die erste Blütezeit der Dinosaurier dar, besonders der riesigen
Pflanzenfresser. Am Ende der vorangehenden Trias kam es zu einem weltweiten Massensterben der Tierwelt, das neuesten
Untersuchungen zufolge durch von gigantischen Vulkanausbrüchen bedingte Umweltschäden (globale Überhitzung,
saurer Regen, Kohlendioxidvergiftung) erklärt wird.
„Golden Spike“: Exakte Grenze zwischen geologischen Zeitabschnitten
Zur vergleichenden zeitlichen Erfassung eines solchen Ereignisses auf globaler Basis bedarf es jedoch exakter
Grenzen zwischen den geologischen Zeitabschnitten. Um diese Einheitlichkeit zu erreichen, hat die UNESCO-Organisation
„International Union of Geological Sciences“ (IUGS) eine „Global Time Scale“ eingeführt, in der jede Zeitgrenze
der Erdgeschichte durch einen „Global Stratotype Section and Point“ (GSSP) definiert wird. Ein solcher GSSP legt
an einem einzigen Ort der Erde innerhalb der dort vorkommenden Gesteinsschichten einen Punkt fest, der die Basis
der zu definierenden Zeiteinheit mit einem goldenen Nagel fixiert (das „Golden Spike“-Prinzip). Dieser Ort ist
fortan die weltweite Referenz für alle geologischen Forschungen, die auf diese Grenze Bezug nehmen. Wer auch
immer in diesem Abschnitt der Erdgeschichte forscht, kommt um diesen Punkt nicht herum und muss ihn entsprechend
berücksichtigen.
„Große Ehre für Österreich“
Nach mehr als 20 Jahren intensiver Forschung hat eine internationale Kommission aus fast 100 Forschern den GSSP
für die Basis des Jura am Kuhjoch, Gemeinde Eben am Achensee, Tirol, in 1760 m Seehöhe (Koordinaten:
N 47°29’01,82‘‘/E 11°31’47,44‘‘) ausgewählt. Die Grenze wird mit dem Erstauftreten des Ammoniten Psiloceras
spelae tirolicum vor 201,58 Millionen Jahren zentimetergenau markiert. Das Kuhjoch wurde auf Grund des obigen Ammoniten
und weiterer Vorteile den anderen Kandidaten in Nevada, Peru und England vorgezogen. „Die Wahl ist eine große
Ehre für Österreich und eine außerordentliche Anerkennung der Leistung der heimischen geologischen
Forschung“, freut sich Werner E. Piller, Vorsitzender der Österreichischen Kommission für Stratigraphie,
Obmann der Kommission für die paläontologische und stratigraphische Erforschung Österreichs der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Vorsitzender des International Geoscience Programme
(IGCP) der UNESCO an der ÖAW.
Festveranstaltung am 20. August 2011
Um das Ereignis gebührend zu würdigen, laden das Österreichische Nationalkomitee für Geowissenschaften,
die Österreichische Kommission für Stratigraphie, und das International Geoscience Programme am 20 August
2011 zu einer Festveranstaltung, in deren Rahmen der „Goldene Nagel“ am Kuhjoch, Tirol, feierlich eingesetzt wird.
Die internationale Bedeutung dieses Ereignisses wird durch die Präsenz von Bundesminister Karlheinz Töchterle,
des Vorsitzenden der Internationalen Kommission für Stratigraphie, Stan Finney (USA), und des Vorsitzenden
der stratigraphischen Subkommission für den Jura, József Pálfy (Budapest), unterstrichen. Ein
öffentlicher Vortrag durch Rainer Brandner (Innsbruck) wird den Festakt abrunden. |