Wer die Umwelt schonen möchte, sollte weniger Fleisch essen – das sagt eine Studie der Technischen
Universität (TU) Wien.
Wien (tu) - Eigentlich wissen wir ja, wie ausgewogene Ernährung aussehen würde: Reichlich
Getreide, Kartoffeln und Reis, dazu viel Gemüse, Fleisch dafür nur in geringerem Ausmaß. Trotzdem
finden sich auf Österreichs Speisezetteln noch immer zu viele Fleisch- und Wurstprodukte. Professor Matthias
Zessner (Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft, TU Wien) hat nun gemeinsam
mit einem interdisziplinären Forschungsteam untersucht, welche ökologischen Auswirkungen eine ausgewogenere
Ernährung in Österreich haben würde. Das Ergebnis: Gesunde Ernährung schont die Umwelt, spart
Ressourcen und Anbaufläche. Auf Bio-Nahrung umzusteigen hat hingegen deutlich geringere ökologische und
gesundheitliche Auswirkungen. Will man sich und der Umwelt etwas Gutes tun, ist der Griff zu frischem Obst und
Gemüse viel wichtiger als jener zum Bio-Fleisch.
Unser Essen braucht zu viel Fläche
Auch wenn Österreich ein grünes, fruchtbares Land ist, kann unsere Natur nicht beliebig viele Menschen
mit Nahrung versorgen. 3600 Quadratmeter Landfläche werden derzeit pro Person für die Ernährung
benötigt – ziemlich genau so viel, wie uns in Österreich zur Verfügung steht. Allerdings entspricht
die Aufteilung nicht unserem Verbrauch: Österreich hat zwar ein Überangebot an Grünland, dafür
aber zu wenig Ackerfläche. Bei unseren derzeitigen Ernährungsgewohnheiten bleibt uns also nichts Anderes
übrig, als Futtermittel zu importieren – etwa aus Brasilien. Zusätzliches Ackerland lässt sich in
Österreich kaum mehr gewinnen, meint Matthias Zessner: „Die Flächen, die man sinnvollerweise als Ackerland
verwenden kann, sind bereits Ackerland.“ Ein ressourcensparender Umgang mit Österreichs Anbauflächen
ist also wichtig.
Weniger Dünger, weniger Platzbedarf, weniger CO2
Was würde es für unsere Umwelt bedeuten, wenn sich die österreichische Bevölkerung gesund ernähren
würde? Diese Frage lässt sich nur durch interdisziplinäre Forschung beantworten. Ermöglicht
wurde das breit aufgestellte Forschungsprojekt durch das Förderprogramm proVISION des österreichischen
Wissenschaftsministeriums (BMWF). So untersuchte die TU Wien gemeinsam mit der Österreichischen Vereinigung
für Agrarwissenschaftliche Forschung (ÖVAF), dem Institut für Ernährungswissenschaften der
Uni Wien und dem Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz, welche Folgen es hätte, wenn
sich Österreich an die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung hielte. Der Konsum
an Fleisch und Wurst müsste dazu etwa halbiert werden, Gemüse und Getreide würden hingegen deutlich
häufiger auf Österreichs Tellern landen. „Das würde nicht nur Krebsraten reduzieren und Herz-Kreislauferkrankungen
vorbeugen, der Flächenbedarf für die Ernährung würde durch ausgewogenere Ernährung von
3600m² auf 2600m² pro Person sinken“, erklärt Matthias Zessner. Österreich könnte sich
dann ohne Futtermittelimporte selbst versorgen, es bliebe sogar noch zusätzliche Fläche übrig. Die
Umstellung würde zu einer Reduktion des Energieverbrauchs der Nahrungsmittelproduktion und zu einem deutlich
geringeren Bedarf an Düngemitteln führen. Besonders relevant wäre der Rückgang an klimaschädlichen
Gasen: Etwa 10% unseres Ausstoßes an CO2-Äquivalenten fällt in der Nahrungsmittelproduktion an.
Eine ausgewogene Ernährung würde etwa ein Drittel davon einsparen. Stark profitieren würden auch
unsere Gewässer, durch die sinkende Belastung mit Stickstoff aus der Landwirtschaft.
Bio alleine bringt wenig
Gleichzeitig wurde in der Studie untersucht, welche Folgen ein Umstieg auf Bio-Lebensmitteln hätte. „Die Auswirkungen
in Hinblick auf Energiebedarf, Ausstoß klimarelevanter Gase wie CO2 und Methan und auf die Belastung von
Gewässern mit Stickstoff und Phosphor wären gering, und nicht unbedingt nur positiv“, meint Matthias
Zessner. Die Erzeugung von Bio-Lebensmitteln bedingt zwar einen deutlich reduzierten Einsatz von potentiell umweltschädlichen
Pflanzenschutzmitteln, braucht aufgrund geringerer Produktionsintensität aber mehr Anbaufläche. Das Platzproblem
der österreichischen Landwirtschaft und damit die Abhängigkeit von Ackerflächen in anderen Erdteilen
würde durch Bio-Produktion also noch weiter verschärft. Einen weitreichenden Umstieg auf Bio-Landwirtschaft
könnten wir uns in Österreich überhaupt nur leisten, wenn damit eine Reduktion des Fleisch- und
Wurstkonsums einhergeht.
Gesünder sind Bio-Lebensmittel auch nicht unbedingt: Was Vitamine und andere wertvolle Inhaltsstoffe betrifft,
gibt es keinen eindeutig nachweisbaren Unterschied zwischen Bio-Landwirtschaft und konventioneller Produktion.
„Der einzige nachweisbare Unterschied besteht in Rückständen von Pflanzenschutzmitteln“, meint Matthias
Zessner. „Doch hier sind die gesetzlichen Grenzwerte so niedrig, dass man auch bei Produkten aus der konventionellen
Landwirtschaft Österreichs keine Bedenken haben muss.“ |