NR-Präsidentin verteidigt Entwurf zur Neuregelung der Immunität
Wien (pk) - "Ich lege großen Wert darauf, dass der Untersuchungsgegenstand eines parlamentarischen
Untersuchungsausschusses klar gefasst ist". Das betonte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer am 14.09.
im Hinblick auf die Forderungen nach Einsetzung eines solchen Kontrollinstruments zur Klärung jüngster
Korruptionsvorwürfe. Es sei daher wichtig, sich für eine exakte Definition ausreichend Zeit zu nehmen,
um Unklarheiten und unnötige Diskussionen im Ausschuss selbst zu vermeiden. Es dürfe zu keiner Überfrachtung
eines derartigen Ausschusses kommen. Wolle man mehr untersuchen, dann sei zu überlegen, die Themen auf mehrere
Untersuchungsausschüsse aufzuteilen.
Die Nationalratspräsidentin geht davon aus, dass die Fraktionen nun "zügig" an der Formulierung
eines gemeinsamen Standpunkts, wie der Untersuchungsgegenstand zur Prüfung der im Raum stehenden Vorwürfe
zu lauten hat, arbeiten und sagte, offensichtlich werde der Oktober für einen entsprechenden Antrag "stark
ins Auge gefasst".
Grundsätzlich, so Prammer, sollte man sich aber auch im Vorfeld vertrauensbildende Maßnahmen überlegen,
um gegenseitige Schuldzuweisungen möglichst hintanzuhalten. Sie bedauerte in diesem Zusammenhang, dass es
noch keine neue rechtliche Grundlage für den Untersuchungsausschuss gibt, denn dabei gehe es nicht nur um
die Etablierung eines Minderheitenrechts. Derzeit lägen die Verhandlungen darüber jedoch auf Eis, informierte
die Nationalratspräsidentin.
Neuregelung der Immunität: Alles ist Oppositionsrecht
Prammer nahm im Rahmen des Pressegesprächs auch zur Diskussion um die Neuregelung der Immunität Stellung
und bekräftigte aus ihrer Sicht, dass der am Tisch liegende Vorschlag "in der Grundlinie völlig
richtig" sei. Man könne aber Bestimmungen sicherlich noch nachschärfen und einiges weniger missbrauchsanfällig
machen. Der Entwurf bringe mehr Transparenz und stelle in keiner Weise eine Behinderung der Justiz dar, verteidigte
Prammer den Gesetzesantrag gegenüber Kritik aus dem Justizressort. Vielmehr sei die bisherige Praxis der Justiz
äußerst unbefriedigend gewesen, merkte sie an.
Das geltende Immunitätsrecht entspreche in keiner Weise der modernen Auffassung von Kontrollrecht, hielt sie
fest, und es sei enorm wichtig, die Kontrolle ernst zu nehmen. Die Nationalratspräsidentin wies auch darauf
hin, dass die Neugestaltung der Immunität eine Stärkung der Oppositionsrechte darstellt.
Kernpunkt des Gesetzesantrags ist die Abschaffung der außerberuflichen Immunität von Abgeordneten bei
gleichzeitiger Ausweitung der so genannten "sachlichen Immunität". Außerdem wird – analog
zum Redaktionsgeheiminis – eine Art "Parlamentsgeheimnis" geschaffen, um Abgeordneten eine ungestörte
Ausübung ihrer parlamentarischen Arbeit zu ermöglichen.
Die Ausweitung der "sachlichen Immunität" soll schließlich sicherstellen, dass Abgeordnete
Vorwürfe, die sie im Zuge von Parlamentsdebatten oder schriftlichen Anfragen erhoben haben, in Presseaussendungen
oder Weblogs wiederholen können, ohne sich vor Anzeigen fürchten zu müssen. Laut einem OGH-Urteil
sind derzeit nur dritte Personen, aber nicht die Abgeordneten selbst, geschützt, wenn sie wahrheitsgemäß
über Parlamentsdebatten und parlamentarische Materialien berichten.
Dem Gesetzesentwurf zufolge soll es der Staatsanwaltschaft künftig untersagt sein, Sachverhalte zu ermitteln,
die unmittelbar die "Vorbereitung und Erfüllung parlamentarischer Aufgaben" durch Abgeordnete betreffen.
Mutmaßliche strafbare Handlungen von MandatarInnen, wie etwa Bestechung, sollen von diesem Ermittlungsverbot
allerdings nicht betroffen sein. Alle Ermittlungsmaßnahmen gegen Mitglieder des Nationalrats müssen
jedenfalls dem jeweils zuständigen Rechtschutzbeauftragten gemeldet werden, er hat bei Zweifel an deren Rechtmäßigkeit
den betreffenden Abgeordneten zu informieren und kann überdies bei klarer Sachlage einen Ermittlungsstopp
anordnen. In nicht so eindeutigen Fällen obliegt die Letztentscheidung dem Nationalrat. |