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Budgetausschuss debattiert aktuelle europäische Finanzprobleme |
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erstellt am
14. 09. 11
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Fekter zu Griechenland: Pleite viel teurer als Fortsetzung der Hilfe
Wien (pk) - Der Budgetausschuss trat am 13.09. nach Schluss der Sondersitzung des Nationalratsplenums
zu einer Sitzung zusammen, die mit einer Aktuellen Aussprache zu den Themen ESM-Vertrag, Griechenland sowie die
Pläne Ungarns zur Aufwertung des Forint gegenüber dem Schweizer Franken eingeleitet wurde. Finanzministerin
Maria Fekter trat Kritik der FPÖ am Europäischen Stabilitätsmechanismus entgegen, bekannte sich
zur Fortsetzung des Griechenlandhilfe, weil "eine Pleite um Häuser teurer wäre" und informierte
über Gespräche mit Ungarn, um negative Auswirkungen der dort geplanten Währungsmaßnahmen auf
österreichische Banken zumindest abzumildern. Fekter bekannte sich weiters zur Einführung einer verfassungsrechtlichen
"Schuldenbremse", sprach sich dafür aus, konjunkturbedingte Mehreinnahmen zum Schuldenabbau einzusetzen,
plädierte für eine Steuerreform zur Entlastung des Mittelstandes und zeigte sich optimistisch, das Wachstum
in Österreich so wie bisher über den WIFO-Prognosen halten zu können.
Abgeordneter Alois GRADAUER (F) leitete die Debatte mit heftiger Kritik an der Absicht ein, einen Europäischen
Stabilitätsmechanismus einzuführen. Der Abgeordnete zitierte Details aus dem dazu vorliegenden Vertragsentwurfs,
um zu untermauern, dass Österreich durch den ESM seine Finanz- und Budgethoheit an Brüssel verlieren
und einer europäischen Finanzdiktatur unterworfen werden würde. Dem müsse man sich im Interesse
Österreichs widersetzen, verlangte Gradauer.
Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) problematisierte die budgetären Auswirkungen des Eurorettungsschirms und des
geplanten Eurostabilisierungsmechanismus und warnte vor einer weiteren Erhöhung der österreichischen
Staatsschulden durch die Beiträge Österreichs zum Rettungsschirm. Beim Thema "Schuldenbremse",
für die die Ministerin kürzlich eingetreten sei, erinnerte der Abgeordnete an einen Antrag seiner Fraktion.
Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) machte darauf aufmerksam, dass die Absicht der ungarischen Regierung, einen
höheren Wechselkurs des Forint gegenüber dem Schweizer Franken festzulegen, massive Probleme für
österreichische Banken bei der Rückzahlung von Frankenkrediten in Ungarn mit sich bringen würde.
Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) befasste sich mit dem Budgetvollzug in den ersten sieben Monaten des laufenden
Jahres und wollte von der Finanzministerin wissen, ob die Budgetkonsolidierung planmäßig verlaufe.
Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) kritisierte es einmal mehr als eine Illusion, man könne Griechenland
nur mit Auflagen sanieren. Er hielt es für notwendig, die Nachfrageausfälle infolge der Einschränkung
öffentlicher Ausgaben durch Wachstumsimpulse auszugleichen. Außerdem problematisierte Matznetter Nachteile
für die österreichischen Steuerzahler, die aus den Sicherstellungen rekrutieren könnten, die sich
Finnland bei der Griechenlandhilfe ausbedungen hat und unterbreitete Vorschläge für eine Treuhandlösung.
Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) befasste sich mit den Verhandlungen in der EU über den neuen EU-Finanzrahmen
und trat dafür ein, in der EU mehr Geld für Forschung, Innovation und Zukunftsinvestitionen aufzuwenden.
Finanzministerin Maria FEKTER stellte gegenüber der FPÖ fest, der Europäische Stabilitätsmechanismus
werde keine Transferunion bringen, weil er klare Insolvenzregeln für Staaten enthält. Die Budgethoheit
der Mitgliedsstaaten werde nicht in Frage gestellt. Verfügungen über das ESM-Grundkapital von 700 Mrd.
€ bedürfen einstimmiger Beschlüsse, informierte Fekter weiter. "Der ESM bedeute keine Finanzdiktatur",
sagte sie.
Beim Thema "Griechenland" sprach die Ministerin ihre Hoffnungen aus, dass es zu keinem "Haircut"
kommt, weil Österreich einen Anteil an den Schulden Griechenlands hat. Das Hauptproblem in Griechenland sei
aktuell die Privatisierung, für die Griechenland Voraussetzungen nach dem Vorbild des österreichischen
ÖIAG-Gesetzes geschaffen hat. Die Stimulierung des Wirtschaftswachstums in Griechenland durch entsprechende
Reformen, etwa der noch sehr "zünftlerischen" Wirtschaftsverfassung, sind ebenso vorgesehen wie
technische Hilfe beim Aufbau effizienter regionaler Infrastruktur. Gegenüber dem Vorschlag Christof Matznetters,
einen Treuhandfond zur Besicherung der Schulden einzuführen, sprach sich die Ministerin für ein Garantieentgelt
aus, das Gläubiger zahlen sollen, die Sicherheiten verlangen. Sicherheiten sind bei der Griechenlandhilfe
jedenfalls kein Privileg Finnlands, hielt die Ministerin fest.
Österreich besitze mit dem neuen Haushaltsrecht, das in der EU als ein Best-practice Modell gilt, an sich
ein besseres Instrument als eine "Schuldenbremse". Sie habe sich aber dennoch für eine verfassungsrechtliche
Verschuldungsschranke ausgesprochen, weil die österreichische Staatsverschuldung der kritischen Marke von
80% des BIP entgegengehe und es gelte, künftig Ausgabenentscheidungen des Parlaments wie im September 2008
zu verhindern. Eine Regierungsvorlage dafür sei in Vorbereitung.
Die Absicht der ungarischen Regierung, ihre Währung gegenüber dem Schweizer Franken aufzuwerten, belaste
auch österreichische Banken. Die Bundesregierung hat darauf reagiert und auf mehreren Ebenen Kontakt mit Ungarn
aufgenommen. In der nächsten Woche werde sie mit ihrem ungarischen Amtskollegen in Brüssel zusammentreffen
und Gespräche mit dem Ziel führen, die ungarische Regierungsvorlage zu ändern, um den Schaden für
Österreich zu reduzieren.
Österreich sei auf seinem Budgetpfad gut unterwegs, vermeldete die Ministerin mit Stolz und konzedierte den
Ressorts sorgsam hauszuhalten. Ihre Absicht sei es, die konjunkturbedingten Steuereinnahmen in den Schuldenabbau
fließen zu lassen. Sorgen bereiten ihr die bevorstehenden Gehaltsverhandlungen im öffentlichen Dienst,
weil die Inflation über der Prognose liege.
Beim künftigen EU-Budget trete die Bundesregierung für eine Reduktion des vorliegenden Vorschlags um
100 Mrd. € ein. Österreichs Prioritäten liegen bei der Förderung der Bergbauern, der ökologischen
Landwirtschaft sowie von Jugend, Forschung und Green Jobs.
In der weiteren Debatte merkte Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) an, dass die aktuelle Schuldenproblematik nicht
Folge der parlamentarischen Beschlüsse vom September 2008 sind, sondern zu 90 % auf die Finanz- und Wirtschaftkrise
zurückzuführen sind. |
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Abgeordneter Werner KOGLER (G) plädierte einmal mehr für eine besser koordinierte Finanzpolitik in Europa.
Seine Fraktion stehe grundsätzlich positiv zum ESM und zu einem geordneten und genau geregelten Entschuldungsverfahren.
Da kleine Staaten nicht mehr im Stande seien, gegen Spekulanten vorzugehen, haben sie in Europa gar keine andere
Wahl als Souveränitätsverzicht in Kauf zu nehmen und sich gemeinsam auf europäischer Ebene zur Wehr
zu setzen. Mehr Vergemeinschaftung sei gefragt und ebenso mehr Verantwortung des europäischen Parlaments,
hielt Kogler fest und sah in einer europäischen Finanzpolitik einen Weg, um der Politik auf diesem Kontinent
wieder die Möglichkeit zu geben, dort in den Markt einzugreifen, wo dies notwendig sei. Griechenland wiederum
ist für Kogler ein Insolvenz- und kein Liquiditätsproblem, er vermisse Wachstumsimpulse und klare Bekenntnisse
von Seiten Europas.
Eurobonds sollte man nicht von vornherein schlecht reden und nicht behaupten, sie würden automatisch zu steigenden
Zinsen führen. Außerdem könnte man von Ländern, die das Eurobondsystem in Anspruch nehmen,
aber gegen Haushaltsvorschriften verstoßen, mit besonderen Gebühren belegen. Außerdem drängte
Werner Kogler auf die Einführung der Finanztransaktionssteuer.
Abgeordneter Robert LUGAR (B) sah Griechenland unrettbar pleite und Österreich an Griechenland gekettet. Die
Frage laute, wie lange Österreich noch zahlen soll und wann Fekter sagen werde: "Es ist genug".
Für besonders problematisch hielt Lugar die CDS-Wetten auf eine Pleite Griechenlands im Umfang von 3.500 Mrd.
€, die im Pleitefall für viele Banken problematisch werden können.
Das Verhalten Ungarns hielt Lugar für unsozial, weil es jenen nütze, die sich durch Fremdwährungskredite
in der Vergangenheit Zinsenvorteile verschafft haben. Deren Risiko werde jetzt auf jene überwälzt, die
sich in heimischer Währung verschuldet haben. Dieses Verhalten des Nachbarlands verlange ein rigoroses Einschreiten.
Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) verteidigte ebenfalls die parlamentarischen Beschlüsse vom September
2008, die etwa einen Inflationsausgleich für die Familien gebracht haben. Grundsätzlich setzte sich der
Abgeordnete mit dem Unvermögen Griechenlands und Europas auseinander, Steuern einzuheben und seine Steuerpolitik
zu koordinieren. Allzu lange habe man in Europa und beim IWF auf die Ratschläge der neoliberalen "Chicago
Boys" gehört, der IWF folge dem immer noch, obwohl er in den letzten Jahrzehnten damit eine "Blutspur"
in den Ökonomien vieler Länder hinterlassen habe. Auch habe die europäische Politik darauf verzichtet,
die Spekulation effektiv zu bekämpfen, daher sei sie jetzt gezwungen, finanzielle Schutzwälle gegen die
Krise zu bauen.
Finanzministerin Maria FEKTER räumte ein, dass Österreich die Krise auch dank der Beschlüsse vom
September 2008 besser überstanden habe als andere Länder. Man dürfe aber nicht vergessen, dass die
Staatsschulden gewachsen sind und ein Sparpaket notwendig wurde.
Griechenland brauche keinen Schuldenerlass, weil ihm 7½ Jahre tilgungsfreie Zeit eingeräumt wurden.
Viele Medien bedienten die Interessen der Zocker, demgegenüber müsse die Politik ihren Weg konsequent
fortsetzen und Griechenland die Zeit geben, die es braucht um wieder auf die Beine zu kommen. Eine Griechenlandpleite
würde das dortige Bankensystem zusammenbrechen lassen, die Probleme in der Eurozone verschärfen und hohe
Kosten für weitere notwendige Hilfsaktionen zu Gunsten Griechenlands nach sich ziehen. Eine Pleite Griechenlands
wäre ein "worst case" und würde "um Häuser" mehr Geld kosten als die Fortsetzung
des derzeitigen Rettungsprogramms.
Gegen Eurobonds als Allheilmittel wandte die Ministerin ein, diese würden die Zinsen für österreichische
Staatsanleihen erhöhen, daher sei sie dagegen. Außerdem gebe es für europäische Zwecke schon
jetzt die Möglichkeit, europäische Anleihen auszugeben.
Die europäische Kommission erhebe derzeit Voraussetzungen für eine Finanztransaktionssteuer, Österreich
trete für dieses Finanzierungsinstrument ein und verlange dabei die Einbeziehung von Derivaten.
Auf eine Konjunkturabschwächung sei die österreichische Budgetpolitik vorbereitet, sie hoffe aber, dass
die Konjunktur - so wie in den letzten Monaten - die WIFO-Prognosen weiterhin übertreffe.
Kenntnisnahme von Berichten zur begleitenden Budgetkontrolle
Nach der Aktuellen Aussprache befassten sich die Ausschussmitglieder unter der Verhandlungsleitung von Ausschussobmann
Jakob Auer mit Berichten der Finanzministerin über den Haushaltsvollzug im zweiten Quartal 2011 (überplanmäßige
Ausgaben, Vorbelastungen, Monatserfolg im Juni) sowie über die Ausgaben und Einnahmen vom Juli des laufenden
Budgetjahres. Über die Details der Vorlagen informieren die PK-Meldungen Nr.784/2011 und Nr.786/2011). Die
Berichte wurden nach lebhafter Debatte jeweils mit S-V-Mehrheit zur Kenntnis genommen. Die Monatsberichte akzeptierten
auch die Grünen.
Zunächst beantworteten Finanzministerin Maria Fekter und Staatssekretär Andreas Schieder Detailfragen
zu überplanmäßigen Ausgaben. Die Abgeordneten erfuhren, dass Mehrausgaben im Außenressort
auf das Krisenmanagement wegen der dramatischen Ereignisse in Nordafrika zurückzuführen sind. Im Bereich
der Arbeitsmarktförderung erläuterte die Ministerin gemeinsame Projekte des AMS und der Wirtschaft zur
Wiedereingliederung von Arbeitslosen, die außerordentlich erfolgreich verlaufen.
Beim Thema Steuerreform bekundet Finanzministerin Maria Fekter ihre Absicht, das Steuersystem zu vereinfachen und
leistungsgerechter zu gestalten. Dabei sei für sie auch der Spitzensteuersatz kein Tabu, weil er Familienerhalter
treffe. Dieser Auffassung widersprachen die SPÖ-Abgeordneten Kai Jan Krainer und Christoph Matznetter.
Abgeordneter Werner KOGLER plädierte dafür, eine Steuerreformkommission einzusetzen, die ein Steuersystem
konzipieren soll, mit dem Österreich der Steuerstruktur der OECD-Staaten näher kommt. Sollte es nicht
möglich sein, eine Finanztransaktionssteuer in der EU durchzusetzen, bot Kogler hinsichtlich der Aussage Bundeskanzler
Faymanns, der sich für eine "Reichensteuer" in Österreich ausgesprochen hat, die Unterstützung
der Grünen und überdies die Zustimmung seiner Fraktion zum ESM an.
Staatssekretär Andreas SCHIEDER bekannte sich zu einer Steuerstrukturreform, die darauf gerichtet ist, das
Steuersystem zu vereinfachen, es an die OECD-Durchschnittswerte anzunähern und den Faktor Arbeit zu entlasten.
Das Thema "Reichensteuer" sollte zunächst in der Steuerstrukturkommission diskutiert werden, lautete
der Vorschlag des Staatssekretärs. |
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