Aus dem Ministerrat  

erstellt am
13. 09. 11

Faymann: Stabile Eurozone im Interesse Österreichs
Regierung diskutiert Griechenlandhilfe, Fremdwährungskredite in Ungarn und beschließt im Ministerrat Beiträge zu Nationalfonds und ÖBB
Wien (bpd) - "Wir haben kein Interesse, die Diskussion um die Griechenlandhilfe aufzuschaukeln und die Situation damit noch schwieriger zu machen", sagte Bundeskanzler Werner Faymann am 13.09. beim Pressefoyer nach dem Ministerrat im Parlament. "Eine Insolvenz bedeutet nicht, dass es uns nichts kostet. Wir haben in jedem Fall Vor- und Nachteile für Österreich abzuwägen. Eine stabile Eurozone und ein stabiler Handel sind immer auch von den schwächsten Mitgliedern abhängig." Der Bundeskanzler gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass Griechenland die gestellten Bedingungen für weitere Kredithilfen erfüllen werde. "Wir warten nun den Bericht der Troika (EZB, EU, IWF; Anm.) ab. Auf dessen Basis werden wir weiter beraten und uns mit größter Sorgfalt auf alle Eventualitäten vorbereiten."

Zur weiteren Vorgangsweise gegenüber Ungarn, das in Fremdwährungskredite mit gesetzlich verordneten Wechselkursen eingreifen will, sagte Werner Faymann: "Es liegt nun einerseits bei den Banken, aber auch bei der Europäischen Kommission als Hüterin der Verträge, dies rechtlich zu untersuchen." Außenminister Michael Spindelegger, der am Vortag mit EU-Amtskollegen darüber Gespräche führte, sagte: "Man kann das Risiko von Fremdwährungskrediten nicht einfach auf Dritte abwälzen, das entspricht nicht der Rechtsordnung der EU. Wir haben daher bei der Kommission angeregt, den EuGH damit zu befassen."

Vor dem Hintergrund des gestern bekanntgeworden Atomreaktorunfalls in Frankreich, erinnerte der Bundeskanzler daran, dass morgen, Mittwoch, die Stromkennzeichnungsverordnung in Österreich in Kraft treten werde. "Diese Verordnung ist Ergebnis des Atomgipfels im Frühjahr, bei dem auch NGOs einbezogen waren. Das ist ein positiver und richtiger Schritt. Wenn man keine Atomstrom-Importe will, dann muss man bei der Kennzeichnung beginnen", so Faymann.

Die Regierung hat heute auch beschlossen, sechs Millionen Euro für den Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus beizutragen. Damit werde unter anderem auch die österreichische Gedenkstätte in Auschwitz-Birkenau grundlegend saniert. "Das ist eine Verpflichtung Österreichs und der Regierung ein besonderes Anliegen."

Ebenso beschlossen wurde der Zuschuss für die Österreichischen Bundesbahnen in der Höhe von 730 Millionen Euro. "Die ÖBB bringen auf umweltfreundliche Weise viele tausende Pendler zur Arbeit, ohne unseren Beitrag wäre das nicht möglich", unterstrich der Kanzler.

Vizekanzler Spindelegger berichtete vom Vorhaben der Regierung, dass es bei Rechtgeschäften mit dem Bund oder mit Unternehmen des Bundes künftig keine Provisionen oder Honorare für Mittelsmänner geben dürfe (siehe unten). "Finanz- und Justizministerin werden nun rasch eine Gesetzesvorlage dafür entwickeln." Bundeskanzler Faymann dazu: "Ich unterstütze diesen Vorschlag vorbehaltlos."

 

Spindelegger: "Sümpfe trocken legen"
Konsequenzen aus Causa Telekom ziehen – Gesetzesvorschlag in Arbeit – Mehr Transparenz, künftig keine Honorare für Mittelsmänner
Wien (övp-pd) - "Ich möchte nicht mehr, dass bei Rechtsgeschäften des Bundes Provisionen oder Honorare an Mittelsmänner bezahlt werden", stellt Vizekanzler Michael Spindelegger nach dem Ministerrat mit aller Deutlichkeit klar. "Für mich ist entscheidend, dass wir aus der Causa Telekom entsprechende Konsequenzen ziehen. Darum habe ich auch den Vorstoß gemacht, dass es künftig andere Regeln braucht, was Provisionen bei Rechtsgeschäften oder bei Unternehmen des Bundes betrifft", so Vizekanzler Michael Spindelegger, der bereits Gespräche für einen entsprechenden Gesetzesvorschlag aufgenommen hat.

"Es gibt einige Sümpfe, die trocken gelegt werden müssen. Wir brauchen klare Regeln und mehr Transparenz", betont Vizekanzler Michael Spindelegger. In der Bundesregierung bestehe bereits Einigkeit für die Erarbeitung eines entsprechenden Gesetzesvorschlags. Ein Instrument im Rahmen des Gesetzes müsse sein, dass Rechtsgeschäfte auch rückabgewickelt werden können.

Leistung erkennbar sein
Spindelegger fordert, dass Berater-Honorare vom Staat nur im Gegenzug für eine klar erkennbare Leistung geben sollen und dass diese öffentlich gemacht werden muss. Andernfalls soll das Geschäft rückabgewickelt werden oder die Höhe der Zahlung an die Staatskassa abgeliefert werden.

Des Weiteren setzt sich Spindelegger für einen raschen Abschluss des Lobbyisten-Gesetztes, der Regelung über Regierungsinserate und eine Reform bei der Parteispenden-Regelung ein.

 

Strache: Faymann verschließt die Augen vor der Wirklichkeit
Angeblicher Schutzschirm ist in Wahrheit Haftungs- und Knebelungsschirm
Wien (fpd) - "Die Bundesregierung verschließt nach wie vor die Augen vor der Wirklichkeit", meint FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache zu den Aussagen von SPÖ-Bundeskanzler Faymann zu Griechenland und zum Euro-"Schutzschirm", der laut FPÖ-Chef in Wahrheit ein Haftungs- und Knebelungsschirm ist.

"Faymann kommt mir vor wie jemand, der die Augen schließt, sich die Ohren zuhält und laut vor sich hin summt, weil er glaubt, dass ihm auf diese Weise nichts passieren kann", charakterisiert Strache das Verhalten des SPÖ-Vorsitzenden. Leider sei dieses Phänomen aber innerhalb der EU weit verbreitet. Anstatt sich dem Problem zu stellen, sehe man die Lösung in einer immer weiteren Ausdehnung des Haftungsschirms. Strache bekräftigte in diesem Zusammenhang auch den entschiedenen Widerstand der Freiheitlichen gegen die Ausweitung der EFSF, mit der sich der Haftungsrahmen Österreichs auf 21,6 Milliarden Euro erhöhen würde. Dazu käme eine Zusatzbelastung von Kosten und Zinsen von 7,1 Milliarden Euro. Insgesamt wird der gesamte Haftungsrahmen des EFSF von 440 Milliarden Euro auf 779 Milliarden Euro erhöht.

Es sei auch bezeichnend, dass sich Faymann dagegen wehre, einen Ausschluss bzw. Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion auch nur zu diskutieren. Besonders absurd sei seine Aussage, dass eine Insolvenz Griechenlands "Kosten verursachen" würde. "Offenbar übersieht der Herr Bundeskanzler, dass die Eurokrise schon jetzt Kosten verursacht, die völlig untragbar sind", so Strache. Wenn man den jetzigen Weg einfach weitergehe, drohe der finanzielle Kollaps aller Euro-Länder, warnte der FPÖ-Obmann.
     

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