Wissenschaftsminister im Ö1-Interview  

erstellt am
26. 09. 11

 Studiengebühren: Doch Volksbefragung?
Wissenschaftsminister hält sich Option offen
Wien (oe1.orf.at) - Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle hält sich die Möglichkeit einer Volksbefragung über Studiengebühren im Ö1-Interview doch wieder offen. Nach einem ersten Rückzieher beharrt Töchterle auf dieser Option für den Fall, dass sich die SPÖ der Diskussion über sein Studiengebührenmodell weiterhin verweigern sollte.

"Die Möglichkeit bleibt mir offen"
Töchterle appelliert an den Koalitionspartner, nicht weiter Diskussionsverweigerung zu betreiben. Dabei bringt Töchterle neuerlich die Möglichkeit einer Volksbefragung über Studiengebühren ins Spiel, auch wenn er aktuell nicht daran denke: "Diese Möglichkeit bleibt mir offen", auch wenn er sie vorerst einmal "aus taktischen oder anderen Erwägungen" ausschließe. Er hoffe noch immer auf die Kraft seiner Argumente. Dass die Studiengebühren zur Koalitionsfrage werden könnten, glaubt Töchterle derzeit nicht. Man müsse in einer Koalition eben Kompromisse finden

"Nein-Reflex" der ÖH
Was den Widerstand der Studierendenvertretung gegen Studiengebühren betrifft, ortet der Wissenschaftsminister einen "Reflex, immer sofort Nein zu sagen und so wie die SPÖ nicht auf die Diskussions- und Argumentationsebene zu gehen"

Zugangsregeln für Massenstudien
Töchterle verlangt außerdem Zugangsbeschränkungen in der Art der strengen Eignungstests bei Medizin für alle Massenstudien, wo der Andrang die Kapazität der Universität übersteigt. Der freie Hochschulzugang sei damit ja weiter gegeben, nur eben für manche Studien nicht, argumentiert Töchterle. Es sei "unehrlich und unzumutbar", weiter so zu tun, als könnte jeder jederzeit einen Studienplatz bekommen, sagt Töchterle. Der freie Hochschulzugang werde damit aber aufrechterhalten, so der Minister, denn "das ist ein Ausschluss von einem bestimmten Studium, aber kein Ausschluss von der Universität." Jede gute Universität der Welt wisse, wie das geht. Es gebe unterschiedliche, auch ausgefeilte und wertschätzende Formen, so Töchterle. Welche Studien Zugangsregeln einführen dürfen, müsste gemeinsam mit den Unis in den Leistungsvereinbarungen festgelegt werden.

Geld für Reformen
Praktisch fix ist laut Töchterle, dass die Universitäten ab 2013 300 Millionen Euro pro Jahr mehr kriegen - das frische Geld werde von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) aber mit Strukturverbesserungen verknüpft, nämlich mit Synergien, Kooperationen und Profilschärfungen etc. Die Ministerin stehe zur ihrer Ansage, den Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsbereich vom Budgetkonsolidierungskurs auszunehmen. Das zusätzliche Geld stehe in Zusammenhang mit dem Gesamtkonzept, das er vorgelegt habe und in diesem Herbst konkretisieren werde.
"Mit Latein nicht am Ende"

Insgesamt zieht Töchterle eine positive Bilanz seiner ersten fünf Monate als Wissenschaftsminister: Er habe "bei aller Bescheidenheit" in dieser Zeit schon viel erreicht und sei "mit seinem Latein noch lange nicht am Ende".

 

Kuntzl: Und wieder nur Ideen, die junge Menschen von den Unis fernhalten sollen
SPÖ strikt gegen soziale Zugangshürden - SPÖ-Wissenschaftssprecherin fordert rasche Ausarbeitung des Hochschulplans und Stufenplan zur Finanzierung
Wien (sk) - Die heute von Wissenschaftsminister Töchterle im Ö1-Mittagsjournal präsentierten Ideen zur Zukunft von Österreichs Universitäten hätten bei ihrer Umsetzung nur eines zu Folge: Sie wären soziale Schranken, die junge Menschen vom Studium abhalten. Das betonte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl am 24.09. im Gespräch mit dem SPÖ-Pressedienst. "Für die SPÖ steht fest, dass der freie Hochschulzugang bestehen bleiben muss. Unser Land braucht mehr Akademikerinnen und Akademiker, gute und höhere Bildung darf kein Privileg von Kindern aus reichem Elternhaus sein, sie muss allen Menschen offen stehen", betonte Kuntzl, die von Töchterle die rasche Ausarbeitung des Hochschulplans und einen Stufenplan zur künftigen Finanzierung der Universitäten fordert.

Anstatt ständig neue Konzepte zu präsentieren, die jungen Menschen auf ihrem Weg zu akademischer Bildung Steine in den Weg legen oder für Kinder aus Arbeiterfamilien sogar unüberwindbare Hürden darstellen, sollte die ÖVP lieber gemeinsam mit der SPÖ Konzepte zur nachhaltigen Finanzierung der Universitäten erarbeiten. "Die Abschaffung der Studiengebühren ist nicht der Grund für die prekäre Lage von Österreichs Universitäten, denn diese werden ihnen bis 2013 jährlich zur Gänze ersetzt. Und Studiengebühren wären auch nicht die Antwort auf die Frage, wie die Finanzierung der Unis künftig gesichert werden kann", stellt Kuntzl klar.

"Österreich braucht gute Universitäten und mehr Akademikerinnen und Akademiker. Wir müssen junge Menschen dazu animieren, ein Studium zu beginnen und durchzuziehen und ihnen keine Hürden in den Weg stellen. Die ÖVP soll endlich aufhören, finanzielle Bildungsschranken als 'Allheilmittel' für Österreichs Unis anzupreisen und an sozial gerechten und nachhaltigen Finanzierungsformen arbeiten. Denn eine Wiedereinführung von Studiengebühren, direkt oder durch die Hintertür, wird es mit der SPÖ nicht geben", so die SPÖ-Wissenschaftssprecherin.

 

Graf: Ohne jeden Plan wird selbst eine Milliarde wenig verbessern
Ausschlusspolitik der ÖVP diskriminiert die Jugend und gefährdet Gesundheitsversorgung
Wien (fpd) - "Einmal mehr völlig enttäuschend" sind die Äußerungen von Wissenschaftsminister Töchterle (ÖVP) zur Lage der Hochschulen für den freiheitlichen Wissenschaftssprecher und Obmann des parlamentarischen Wissenschaftsausschuss, NAbg. Martin Graf. "Mit dem Versprechen einer Hochschulmilliarde hat Töchterle immerhin ein Stück Einsicht gezeigt, was die katastrophalen Zustände an den Unis betrifft", so Graf. Dem Minister fehle aber offensichtlich jeder Plan, wie und wo er das Geld einsetzen wolle. "Als ehemaliger Rektor einer Uni ein halbes Jahr nach Amtsantritt noch immer auf einen Hochschulplan zu vertrösten, der offenbar nicht einmal ansatzweise vorliegt, ist ausgesprochen schwach", stellt Graf zu Töchterles Einlassungen im heutigen Ö1-Mittagsjournal fest, bei denen man das Gefühl gehabt habe, es bereite ihm mehr Vergnügen über den Zustand der Koalition zu plaudern als über die Lage an den Unis.

Selbst eine Hochschulmilliarde ändere nichts an der grundfalschen Herangehensweise der ÖVP in der Bildungspolitik. "Der Ausschluss großer Gruppen unserer Jugend von vielen Studienfächern ist eine Diskriminierung gegenüber vergangenen Generationen und nicht haltbar. Die Universitäten und nicht zuletzt der Minister sollen Konzepte vorlegen, wie der aktuell größere Andrang an die Unis bewältigt werden kann, ohne die österreichischen jungen Menschen damit zu beachteiligen", fordert Graf. Dazu gehöre insbesondere das Herkunftslandprinzip bei der Zulassung ausländischer Studenten, womit der Andrang bundesdeutscher Studenten auf Grund des dort herrschenden Numerus Clausus blitzartig unterbunden werden könne.

Die Begrenzungspolitik bei der Medizin gefährde zudem die Gesundheitsversorgung der Österreicher. "Auf Grund zahlreicher anstehender Pensionierungen laufen wir in einen Ärztemangel. Gleichzeitig wird die Zahl der Studienplätze radikal begrenzt. Diese Entwicklung gefährdet mittelfristig die ärztliche Versorgung Österreichs", so Graf, der bedauert, dass Töchterle in diesen großen Zusammenhängen überhaupt nicht denke und sich lediglich darüber freue, dass es den wenigen, die heute noch Medizin studieren dürfen, jetzt an den Unis gut gefalle.

Solang diese und zahlreiche andere strukturelle Probleme an Österreichs Unis vom Wissenschaftsminister ignoriert würden, sei die FPÖ auch kein Partner für die Einführung flächendeckender Studiengebühren. "Das einzige konkrete Element in Töchterles Hochschulplan ist, dass er bei den Studenten abkassieren will", kritisiert Graf.

 

Widmann: Töchterle ohne jegliche Durchsetzungskraft
Einführung von Studiengebühren ein Gebot der Stunde
Wien (bzö) - "ÖVP-Wissenschaftsminister Töchterle ist ein Minister ohne jegliche Durchsetzungskraft. Auch eine Woche vor Semesterbeginn und dem bevorstehenden Kollaps gibt es keinerlei konkrete Maßnahmen, um den österreichischen Studenten akzeptable Voraussetzungen an den Universitäten zu bieten. Für sein Studiengebührenmodell bekommt er von der SPÖ eine glatte Abfuhr. Seine Parteifreundin Fekter lässt ihn abblitzen und verweigert ein höheres Unibudget. Die schönen und verbindenden Worte des Ministers bringen den Studenten nichts, es müssen endlich Taten folgen", so BZÖ-Wissenschaftssprecher Abg. Mag. Rainer Widmann in einer Reaktion auf die Aussagen Töchterles im Ö1-MIttagsournal.

Das BZÖ fordert neben einer Wiedereinführung der Studiengebühren in der Höhe von 500 Euro pro Semester mit dazugehörigen leistungsorientierten und sozial gestaffelten Studienbeihilfen auch die sofortige Umsetzung des BZÖ-Uni-Bonus-Modells. "Wir wollen eine Einschreibgebühr von 5.000 Euro, wobei die Maturanten und Absolventen mit Studienberechtigungsprüfungen diese Gebühr in Form eines Uni-Bonus ersetzt bekommen. Dieses Modell würde die österreichischen Studenten finanziell schonen und den Ansturm von deutschen Studenten einbremsen", erklärt Widmann und verlangt, dass von Drittstaatangehörigen kostendeckende Gebühren eingehoben werden. "Wir haben "Genug gezahlt!" für die Ausbildung ausländischer Studenten!", betont Widmann.

 

 Grünewald: Töchterle schließt Junktimierung der Uni-Milliarde nicht mehr aus!
Töchterle soll Scheuklappen abnehmen - zu niedrige Studienkapazitäten sind kein Naturgesetz!
Wien (grüne) - "In einem Punkt hat Wissenschaftsminister Töchterle im Ö1-Mittagsjournal tatsächlich aufhorchen lassen: Im Gegensatz zu früheren Aussagen schließt er heute nicht aus, dass die versprochene Uni-Milliarde junktimiert ist", merkt der Grüne Wissenschaftssprecher NAbg. Kurt Grünewald zu den Ausführungen Töchterles an: "Nun macht er sie abhängig vom Gesamtpaket, das vieles von seinem Hochschulplan beinhaltet - und dieser enthält Studiengebühren und Zulassungsbeschränkungen", ruft er in Erinnerung. Für Grünewald "erweckt es den Eindruck, dass sich Töchterle eine Hintertür offen halten möchte um am Schluss sagen zu können: "Kein Geld.""

Apropos Geld: "Die 300 Millionen Euro jährlich wären jene Summe, die von den RektorInnen als jene Summe festgehalten werden, um den unbefriedigenden Status quo zu halten - das ist kein frisches Geld, sondern würde größtenteils zur Inflationsabdeckung dienen", betont der Grüne Wissenschaftssprecher an dieser Stelle. Außerdem erinnert der Grüne Nationalratsabgeordnete an das ursprüngliche Ziel der Regierung, die Mittel für den tertiären Bildungssektor auf zwei Prozent des BIP bis 2020 anzuheben: "Mit der angekündigten Milliarde bis 2015, ist dieses Ziel sicher nicht zu erreichen."

Kritik üben die Grünen auch an Töchterles Aussagen, wonach "Begrenzungen der Studienplätze ein Naturgesetz" wären: "Wir fragen uns, ob es auch ein Naturgesetz ist, dass Studienkapazitäten nicht ausgebaut werden?" so Grünewald: "Denn dass diese zu niedrig gehalten werden, ist aus Grüner Sicht jedenfalls kein Naturgesetz."

"Töchterle hat heute von den GegnerInnen der Studiengebühren gefordert, sich auf Argumente einzulassen", so Grünewald weiter. "Gut, wir haben eine Fülle von Argumenten - er selbst hat jedoch ein äußerst fokussiertes Röhrensehen und wäre aufgefordert, einmal die Scheuklappen abzunehmen!"

Zum Abschluss weist Grünewald noch darauf hin, dass Töchterle gerne von "sozialen Abfederungen" in Bezug auf Studiengebühren spricht: "Die von ihm bisher vorgestellten diesbezüglichen Maßnahmen sind nur kosmetische - hierbei ist keinesfalls von Abfederungen zu sprechen", so der Grüne, der in Erinnerung ruft: "In Österreich beziehen nur ein Viertel der Studierenden Beihilfen - in anderen Ländern sind es bis zu zwei Drittel."

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