NR-Präsidentin Prammer lädt zu Podiumsdiskussion ins Hohe Haus
Wien (pk) - Wenn es um das Thema Lobbyismus geht, sind brisante und vor allem auch kontroverse Diskussionen
vorprogrammiert. Die Beleuchtung dieses nicht unumstrittenen Gegenstands vor dem Hintergrund des jüngst in
Begutachtung geschickten "Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetzes" stand am Abend des
22.09. auch im Mittelpunkt einer Veranstaltung, zu der Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ins Hohe Haus
geladen hatte. Dabei gingen Georg Kathrein (Bundesministerium für Justiz), Hubert Sickinger (Universität
Wien), Karl Krammer (Krammer Consultants), Karl Jurka (Jurka P.S.A GmbH) und Ingeborg Zerbes (Strafrechtsexpertin)
der Frage nach, ob transparenter Lobbyismus ein Widerspruch in sich sein müsse. Für die Moderation der
facettenreichen Diskussion zeichnete Rainer Nowak (Die Presse) verantwortlich.
Nationalratspräsidentin Prammer plädiert für mehr Transparenz
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hieß die zur Veranstaltung erschienen Gäste willkommen
und freute sich auf eine spannende Debatte. Dem Thema, das man heute behandle, werde man sich im Hohen Haus in
näherer Zukunft noch eingehend zu widmen haben, zeigte sie sich überzeugt, schließlich laufe die
Vorbereitung einer Regierungsvorlage zum "Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz" bereits
auf Hochtouren. Dass keine Enquete zum Thema zustande gekommen ist, bedauerte die Nationalratspräsidentin:
Spätestens im Zuge der Vorberatung des Gesetzesentwurfs im Ausschuss werde es aber nötig sein, in einen
Dialog mit der Praxis einzutreten, zeigte sie sich überzeugt.
Die zentralen Frage, denen man sich in diesem Zusammenhang zu stellen habe, lauteten: Wer ist ein Lobbyist? Was
darf ein Lobbyist? Und wie geht der Gesetzgeber mit dieser Tätigkeit um? In der gegenwärtigen öffentlichen
Debatte würden jedoch Dinge verknüpft, die grundsätzlich nichts miteinander zu tun hätten:
So käme es etwa nicht selten zu einer Gleichsetzung der Begriffe Lobbyismus und Korruption, die nicht der
Realität entspreche. Lobbying, das klaren Regelungen unterliege, sei schließlich nicht per se schlecht.
Es gelte deshalb Transparenz zu schaffen, obgleich sie wisse, dass dies angesichts zahlreicher Grauzonen kein leichtes
Unterfangen sei.
Kathrein: Arbeiten am Gesetzesentwurf laufen auf Hochtouren
Georg Kathrein, Sektionschef im Bundesministerium für Justiz, kam im Rahmen eines Impulsreferats auf den Entwicklungsprozess
des angesprochenen Gesetzesentwurfs zu sprechen und umriss jene Herausforderungen, denen man sich im Rahmen seiner
Überarbeitung zu stellen habe. Im Laufe der Begutachtungsfrist seien mehr als 80 Stellungnahmen zum Entwurf
eingetroffen, die weitgehende Unterstützung für das Vorhaben zum Ausdruck gebracht hätten, aber
auch kritische Anmerkungen zu mehreren Details enthielten, informierte Kathrein. So gelte es unter anderem noch
darüber zu entscheiden, ob die Differenzierung zwischen kollektiven Interessensvertretungen und individuellen
Lobbying-Unternehmen aufrecht erhalten bleiben sollte. Derzeit arbeite man mit Hochdruck an der Vereinfachung,
Verdichtung und Verkürzung dieser Grundlage. Außerdem befasse man sich mit der notwendigen grundrechtlichen
Abstimmung, um sicherzustellen, dass keine überschießenden Maßnahmen verankert werden. Ziel sei
es, die parlamentarische Diskussion des Gesetzesentwurfs ehest baldig zu ermöglichen, schloss Kathrein.
Jurka: Ohne Interessensvertretung gibt es keine Demokratie
Karl Jurka (Jurka P.S.A. GmbH) zeigte sich davon überzeugt, dass an der Berufsbezeichnung Lobbyist nichts
Anrüchiges sei: Lobbying bedeute schließlich Interessensvertretung, skizzierte Jurka, und ohne diese
gebe es keine Demokratie. Den vom Justizministerium in Begutachtung geschickten Entwurf kritisierte er dahingehend,
dass er unterschiedliche Behandlungsmodalitäten für Unternehmen und Institutionen schaffe, die die gleichen
Ziele verfolgten: Ein diesbezügliches Gesetz sei aber nur dann sinnvoll, wenn die Eintragung im Lobbyisten-Register
verpflichtend vorgeschrieben werde und man alle, die von Berufswegen Interessensvertretung anbieten, erfasse.
Zerbes: Gesetz könnte "Unsachlichkeit" eindämmen
Grundsätzlich positiv zum Gesetzesentwurf äußerte sich Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes, die
in diesem Zusammenhang von einer gewissen Präventivwirkung sprach. Zarte Kritik übte die Juristin allerdings
an der Forderung nach Preisgabe konkreter Projekte im Rahmen einer Lobbyisten-Datenbank: Dieser Weg werde aus wirtschaftlicher
Sicht schließlich schwer gangbar sein, konstatierte sie. Was die Branche insgesamt so "verdächtig"
mache, sei die "Möglichkeit der Unsachlichkeit", die durch Vermögensflüsse, Nahebeziehungen
und Eigeninteresse verstärkt werde. Zur Verhinderung derartiger Entwicklungen regte Zerbes deshalb auch die
Überarbeitung bestehender Strafrechtstatbestände an.
Krammer: Die letzte Entscheidung liegt immer bei der Politik
Für Karl Krammer (Krammer Consultants) stand außer Frage, dass es die Politik ist, die am Ende des
Tages Entscheidungen trifft. Er verstehe deshalb nicht, warum man das Thema Lobbyismus derart negativ behandle.
Was den Gesetzesentwurf anbelangte, hielt es Krammer für notwendig, darauf zu achten, dass das angestrebte
Register nicht einen Markt zerschlage, der sich erst aufgebaut habe. Warum die Öffentlichkeit außerdem
über alle Kunden und Projekte informiert werden solle, könne er nicht nachvollziehen: Schließlich
werde auch anderen Berufsgruppen – etwa Rechtsanwälten – die Wahrung von Klienteninteressen zugestanden, monierte
er. Gegen inakzeptable Eingriffe in den Markt und in Grundrechte gelte es deshalb entschieden aufzutreten.
Sickinger: Lobbyisten-Register ist zu befürworten
Politikwissenschaftler Hubert Sickinger hielt es für eine positive Entwicklung, dass man sich des Themas nun
auch legistisch annehme. Das bereits mehrfach angesprochene Lobbyisten-Register hielt er vor dem Hintergrund, dass
es Sinn mache, zu wissen, wer für welche Interessen einstehe, für durchaus zielführend. Wenngleich
eine echte "Landkarte des Lobbyismus" wahrscheinlich nicht möglich sein werde, hoffe er, dass zumindest
der Name des Kunden, der Zeitraum der Betreuung und der grundsätzliche Themenbereich der Beratung angeführt
werden müssen. Seriösen Lobbyisten sei die Unterstützung dieses Gesetzes sehr zu empfehlen, meinte
Sickinger, schließlich sei es ein probates Mittel, um gegen unseriöse Mitbewerber vorzugehen. |