Wien (tu) - Ein ERC-Grant wurde heuer an den Laserforscher Prof. Andrius Baltuska von der Fakultät
für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Wien vergeben. Sein Forschungsprojekt soll ultrakurze Laserpulse
mit maßgeschneiderter Wellenform ermöglichen.
Ultrakurze Laserpulse sind ein Forschungsgebiet, auf dem die TU Wien seit Jahren höchstes internationales
Ansehen genießt. Am Institut für Photonik an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
gelang es immer wieder, die Lasertechnik weiterzuentwickeln und neue Einblicke in die Wechselwirkung von Licht
und Materie zu erhalten. Dieser Forschungsbereich wird vom European Research Council nun zusätzlich gestärkt:
Professor Andrius Baltuska erhält ein „ERC Starting Grant“ für sein Projekt, in dem er eine Methode entwickeln
will, ultrakurze Laserpulse maßzuschneidern und ihnen die gewünschte Form zu geben. Dazu müssen
Lichtwellen unterschiedlicher Wellenlängen überlagert werden – mit einer Präzision im Bereich von
Milliardsteln einer Milliardstelsekunde.
Komplizierte Wellenformen
Wie sich Wellen überlagern, kennen wir aus der Akustik: Wenn verschiedene Musikinstrumente denselben
Ton spielen, produzieren sie Schallwellen mit derselben Grundwellenlänge. Trotzdem klingen sie alle anders.
Das liegt daran, dass jedes Musikinstrument zusätzlich zum Grundton auch noch höhere Frequenzen mitliefert.
Es werden also gleichzeitig mehrere Schallwellen mit unterschiedlicher Tonhöhe produziert, die sich zu einer
Gesamtwelle mit komplizierterer Wellenform zusammenfügen – und unser Gehirn nimmt die unterschiedlichen Wellenformen
als unterschiedliche Klangfarben wahr.
Unvorstellbar kurze Zeitskalen
Etwas Ähnliches soll nun mit den Lichtwellen von kurzen Laserpulsen gemacht werden: „Wenn es gelingt,
Lichtpulse unterschiedlicher Wellenlängen präzise kontrolliert zu überlagern, kann man maßgeschneiderte
Wellenformen erzeugen“, ist Andrius Baltuska zuversichtlich. Die Zeitskala, um die es hier geht, ist unvorstellbar
klein: Die Dauer der Lichtpulse bewegt sich im Attosekundenbereich. Eine Attosekunde (10-18 Sekunden) ist ein Milliardstel
einer Milliardstelsekunde. Sie verhält sich zu einer Sekunde etwa so, wie eine Sekunde zum Alter des Universums.
Mit Begriffen aus unserer Alltagserfahrung lässt sich eine Attosekunde kaum veranschaulichen. Selbst ein Überschall-Flugzeug
legt in einer Attosekunde nicht einmal den Weg zurück, der dem Durchmesser eines Atomkerns entspricht. Allerdings
laufen viele Prozesse auf Ebene der Atome und Moleküle auf solchen winzig kleinen Zeitskalen ab – und um das
zu erforschen, sind ultrakurze Laserpulse heute ein unverzichtbares Werkzeug.
Wellenpulse maßschneidern
In den letzten Jahren hat sich das Gebiet der Attosekunden-Forschung rasant entwickelt. Verschiedene Forschungsgruppen
auf der ganzen Welt sind heute in der Lage, mit solchen extrem kurzen Laserpulsen zu arbeiten. „Die Laserpulse
maßzuschneidern und gezielt zu formen, ist nun der logische nächste Schritt“, meint Andrius Baltuska.
„Mit unseren Geräten und dem Know-How, das wir in unserer Arbeitsgruppe aufgebaut haben, sind wir in der hervorragenden
Position, dieses neue Gebiet als erste zu beschreiten“, ist Baltuska zuversichtlich. Erste Vorversuche am Institut
für Photonik gab es bereits – im Prinzip sollte das maßgeschneiderte Formen der Lichtpulse möglich
sein. Durch die finanzielle Unterstützung des ERC-Grants können die Ideen nun tatsächlich umgesetzt
werden. Mit kurzen Laserpulsen lassen sich Elektronen aus Atomen herausreißen. Das Elektron kann dann wieder
zum Atom zurückkehren und die aufgenommene Energie in Form eines noch kürzeren Laserpulses wieder abgeben.
„Solche Vorgänge wollen wir entscheidend verbessern, indem wir die Form der Laserpulse speziell dafür
optimieren“, hofft Andrius Baltuska. |