Urheberrecht: Kommission vermittelt Vereinbarung über umfassendere Verfügbarkeit vergriffener Werke   

erstellt am
22. 09. 11

Brüssel (ex.europa) - Jedes Jahr werden Hunderttausende neuer Titel auf dem europäischen Buchmarkt veröffentlicht, von denen nur wenige zu Bestsellern werden. Eine relativ große Anzahl ist früher oder später vergriffen, denn die Verlage können die Marketing- und Lagerkosten für Bücher, die sich nicht mehr gut verkaufen, nicht tragen. Immer mehr Bücher werden zwar als E-Books und durch „Druck auf Bestellung“ wieder zugänglich gemacht, in den Sammlungen und Archiven der europäischen Bibliotheken sind jedoch noch zahlreiche weitere vergriffene Titel vorhanden.

Diese Situation wird sich bald ändern. Michel Barnier, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, führte heute den Vorsitz bei der Unterzeichnung einer gemeinsamen Absichtserklärung, in der Bibliotheken, Verlage, Autoren und ihre Verwertungsgesellschaften zentrale Grundsätze vereinbaren, aufgrund deren europäische Bibliotheken und ähnliche kulturelle Einrichtungen nun vergriffene Bücher und Fachzeitschriften ihrer Sammlungen digitalisieren und im Internet bereitstellen können. Durch diese Grundsätze werden freiwillige Lizenzvereinbarungen gefördert und unterstützt; das Urheberrecht wird jedoch in vollem Umfang anerkannt, und es ist festgelegt, dass die Rechteinhaber immer als Erste die Möglichkeit haben sollten, ein vergriffenes Werk zu digitalisieren und zugänglich zu machen. Die Vereinbarung ist ein wichtiger Aspekt der Bemühungen der Branche und der Kommission, dem hohen Digitalisierungsbedarf der kulturellen Einrichtungen der EU gerecht zu werden.

Hierzu Kommissar Barnier: „Mit der heute unterzeichneten Absichtserklärung haben die Beteiligten einen wichtigen Schritt hin zu konkreten und gangbaren Lösungen getan, mit denen europäische digitale Bibliotheken gefördert werden und der Zugang zu unserem reichen Kulturerbe gewährleistet wird. Dies ist nach meiner Sicht ein klares Zeichen dafür, dass man durch Dialog und Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse einer Branche die urheberrechtlichen Probleme des digitalen Zeitalters lösen kann.“

Die Unterzeichner erklärten sich ebenfalls zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Gespräche.

Dazu Dr. Pirjo Hiidenmaa, Präsident des Europäischen Schriftstellerkongresses:

„In der Absichtserklärung wird die zentrale Rolle der Autoren anerkannt, ihre Bücher kommen erneut in Umlauf, und die Leser können die Bücher lesen, so oft sie wollen.“

Gerald Leitner, Präsident der europäischen Dachorganisation der nationalen Bibliotheks-, Informations-, und Dokumentationsverbände (EBLIDA), ergänzte: „Die Bibliotheksverbände begrüßen das positive Ergebnis des Branchendialogs über vergriffene Werke. Wir hoffen, dass diesem ersten Schritt im Hinblick auf effiziente Verfahren für eine gemeinsame Verwaltung von Urheberrechten Initiativen in anderen Bereichen folgen werden.“

Fergal Tobin, Präsident des Europäischen Verlegerverbandes (FEP), erklärte: „Die europäischen Verleger begrüßen diese branchenspezifischen Grundsätze, die klare Leitlinien für die Vereinbarung nationaler Digitalisierungsprojekte vorgeben und es den Verlegern gleichzeitig ermöglichen, mittels innovativer Lösungen eine immer größere Zahl von Veröffentlichungen auf Dauer zur Verfügung zu stellen.“

Magdalena Vinent, Präsidentin des internationalen Verbands der Verwertungsgesellschaften für Vervielfältigungsrechte (IFRRO), fügte hinzu: „Die Absichtserklärung ist ein bahnbrechender Erfolg. So etwas ist möglich, wenn alle Beteiligten konstruktiv zusammenarbeiten. Die Mitglieder von IFRRO und „European Visual Artists“ sind in der kollektiven Rechtewahrnehmung erfahren und möchten einen Beitrag dazu leisten, das kulturelle Erbe in Europa allgemein zugänglich zu machen – ein wichtiges Ziel.“

Hintergrund
Mit der gemeinsamen Absichtserklärung kommt der achtmonatige Branchendialog, bei dem die Kommission als Vermittlerin tätig war, zu einem erfolgreichen Abschluss. Die europäischen Autoren, Verlage, Bibliotheken und Verwertungsgesellschaften haben seit November 2010 an der heute vereinbarten Lösung gearbeitet, die sowohl die Interessen der Autoren und des Verlagssektors als auch die Anliegen der Bibliotheken und der Massendigitalisierungsprojekte berücksichtigt. Die Verwertungsgesellschaften, die die Inhaber von Rechten an Büchern und Fachzeitschriften vertreten, werden bei der konkreten Umsetzung der Absichtserklärung eine große Rolle spielen. Letztere dürfte die Aushandlung und den Erwerb von Lizenzen wesentlich erleichtern, die Bibliotheken und ähnliche kulturelle Einrichtungen zur Digitalisierung eines Großteils ihrer Archive (der vergriffenen Bücher und Fachzeitschriften in ihren Sammlungen) sowie dessen Bereitstellung im Internet benötigen.
     
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