Wien (öaw) - Am ÖAW-Institut für Schallforschung diskutieren
am 28. und 29. September 2011 internationale Expertinnen und Experten, wie sich räumliches Hören mit
elektronischen Hörhilfen verbessern lässt. Im Büro läutet das Telefon. Aber welches ist es?
Für Menschen mit einem voll funktionsfähigem Gehör ist es nicht schwer herauszufinden, woher das
Läuten kommt. Ganz anders ist die Situation für Menschen, die ein Hörgerät oder Chochleaimplantat
tragen. Hier wird die Lokalisation von Schallquellen zur Herausforderung.
Hören mit zwei Ohren ermöglicht die Lokalisation von Schallquellen, die Sprachverständlichkeit im
Störgeräusch und die räumliche Orientierung in komplexen akustischen Umgebungen. Obwohl die Sinnhaftigkeit
der bilateralen Versorgung mit Hörgeräten oder Cochleaimplantaten mittlerweile nicht mehr angezweifelt
wird, ist die effektive Wahrnehmbarkeit räumlicher Information und die Hörqualität für die
Benutzerinnen und Benutzer derzeitiger bilateraler Hörsysteme eingeschränkt.
Für das Gehirn zu „langweilig“
Die Gründe und mögliche Lösungsvorschläge werden in der Grundlagenforschung derzeit
intensiv beforscht. „Für gezieltes Richtungshören ist die Auswertung der an beiden Ohren ankommenden
akustischen Signale notwendig, insbesondere die Auswertung der bei seitlichem Einfall einer Schallquelle auftretenden
Laufzeitdifferenzen zwischen den Ohren“, erklärt Bernhard Laback, Psychoakustiker am Institut für Schallforschung
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). „Derzeitige Cochleaimplantat-Systeme haben jedoch
das Problem, dass die Sprachsignalübertragung hohe Pulsraten erfordert, die nachteilig sind für die Wahrnehmbarkeit
von Laufzeitdifferenzen und somit der Richtungsinformation.“ Diese sind für das Gehirn zu regelmäßig
und damit einfach zu langweilig, eine mögliche Lösung dafür fand das Forschungsteam Bernhard Laback
und Piotr Majdak vor wenigen Jahren heraus: Die Impulse müssen zufälliger werden bzw. für das Gehirn
zumindest so wirken.
Theorie für die Praxis
Im Rahmen der Drei-Ländertagung der Österreichischen und der Deutschen Gesellschaft für
Medizinische Physik sowie der Schweizerischen Gesellschaft für Strahlenbiologie und Medizinische Physik (ÖGMP,
DGMP und SGSMP) werden nun am 28. und 29. September 2011 am ÖAW-Institut für Schallforschung internationale
Expertinnen und Experten aus den Bereichen Grundlagenforschung zum beidohrigen Hören, Algorithmen für
Hörsysteme und klinische Versorgung mit bilateralen Hörsystemen der Frage nachgehen, inwieweit Erkenntnisse
aus der Grundlagenforschung in die Entwicklung bilateraler Hörsysteme und in deren klinische Anpassung eingearbeitet
werden können.
„Diese direkte Verknüpfung mit der Praxis ist für unsere Forschungsarbeit von großer Bedeutung,
da es uns hilft abzuschätzen, inwieweit wir mit unseren Ansätzen in die richtige Richtung gehen oder
wo wir Adaptionen vornehmen sollten“, so Laback. |