2014: 100 Jahre erster Weltkrieg   

erstellt am
22. 09. 11

Auf Tagung in Innsbruck werden spannende Projekte präsentiert
Innsbruck (universität) - 2014 jährt sich der Ausbruch des 1. Weltkriegs zum einhundertsten Mal. Im Rahmen einer Historikertagung zu diesem Krieg, die diese Woche in Innsbruck stattfindet, werden zwei Projekte zur wissenschaftlichen Bearbeitung des 1. Weltkriegs präsentiert. In einem davon ist auch die Mitarbeit der Bevölkerung gefragt.

Derzeit findet in Innsbruck die insgesamt sechste Konferenz der „International Society for First World War Studies“ statt. Im Rahmen dieser Veranstaltung debattieren Historikerinnen und Historiker neue Forschungsergebnisse zum 1. Weltkrieg, dessen Ausbruch sich in drei Jahren zum einhundertsten Mal jährt. Am Freitag werden dabei zwei besondere Projekte präsentiert, die in Kooperation mit der europäischen digitalen Bibliothek „Europeana“ durchgeführt werden. „Europeana“ ist das zentrale Portal zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbe Europas, digitale Inhalte von über 1500 Kulturinstitutionen aus allen 27 EU-Mitgliedsstaaten sind dort bereits online verfügbar.

Alltagsdokumente gesucht
„Europeana 1914-1918“ baut maßgeblich auf Crowdsourcing, der Sammlung von Wissen aus der Masse: Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, Alltagsdokumente aus der Zeit des 1. Weltkriegs zur Verfügung zu stellen. Diese privaten Dokumente – etwa Bilder, Briefe, Postkarten, Tagebücher oder offizielle Schriftstücke – werden digitalisiert und stehen der interessierten Öffentlichkeit online zur Verfügung. „Europeana 1914-1918“ ist eine gemeinsame Initiative der „Europeana“, der Deutschen Nationalbibliothek und der Universität Oxford. Die Universität Oxford hat bereits 2008 ein ähnliches Projekt in Großbritannien durchgeführt und berät die Partner jetzt in der Durchführung dieses Unterfangens in ganz Europa. Alun Edwards von der Universität Oxford stellt die Initiative in Innsbruck vor: „Dieses Modell nutzt Crowdsourcing, um Erinnerungen und Erzählungen einzelner Familien aus der Zeit des 1. Weltkriegs zu sammeln. Wir haben die Deutsche Nationabibliothek aufgrund unserer früheren Erfahrung mit speziellem Training, der entsprechenden Software, Digitalisierung und Know-How im Social-Networking-Bereich unterstützt. ‚Europeana 1914-1918’ wird 2012 von Deutschland in weitere europäische Länder ausgedehnt.“ In Deutschland fanden dieses Jahr bereits mehrere Aktionstage in Bibliotheken und Museen statt, bei denen Interessierte Alltagsgegenstände und -dokumente vorbeibringen und digitalisieren lassen konnten.

Das zweite Projekt unter dem Dach der „Europeana“ heißt „Europeana Collections 1914-1918“ und wird parallel in acht Ländern durchgeführt. Die Nationalbibliotheken und andere Projektpartner digitalisieren in ihren Archiven vorhandenes, bisher nur in den Lesesälen der Bibliotheken zugängliches Material. „In dem dreijährigen Projekt werden über 400.000 Quellen und Objekte aus dem Ersten Weltkrieg erstmals öffentlich und frei im Internet über die Portale der beteiligten Bibliotheken und die ‚Europeana’ zugänglich gemacht. Es handelt sich um Quellen, die häufig einzigartig und, wegen der sich zunehmend verschlechternden Papierqualität, hochporös sind“, erklärt Ellen Geisriegler von der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB), die das Projekt in Innsbruck präsentierte. Diese digitale Sammlung wird ein breites Spektrum von Beständen umfassen, darunter Bücher, (Schützengräben-)Zeitungen, Landkarten, Notenblätter, Kinderbücher, Bilder, Fotos, Poster, Flugblätter, Propagandamaterial, Kunstwerke, religiöse Werke, Medaillen, Münzen und vieles mehr.

Innsbrucker Fokus
Die Innsbrucker Historiker-Konferenz zum 1. Weltkrieg findet unter dem Motto „Other Fronts, other Wars?“ statt und ist die sechste ihrer Art. Erstmals wird die Konferenz der „International Society for First World War Studies“ in einem Nachfolgestaat der Habsburgermonarchie abgehalten. „Das wollen wir auch mit den ‚Other Fronts’, den anderen Fronten, betonen. Bisher lag der Fokus der Forschung und der Konferenzen auf dem westeuropäischen Kriegsverlauf und den dortigen Fronten“, erklären Matthias Egger und Joachim Bürgschwentner vom Organisationsteam der Konferenz. Am Wochenende steht deshalb auch eine Exkursion der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an das Frontgebiet in den Dolomiten auf dem Programm. Das Besondere an dieser Konferenz ist außerdem, dass sie als Veranstaltung für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler konzipiert ist: Diese konnten wissenschaftliche Aufsätze einreichen, die bei der Konferenz von erfahrenen Historikerinnen und Historikern kommentiert werden. „Die Beiträge der Nachwuchsforscherinnen und –forscher zeigen auch sehr deutlich, dass die Erforschung des Ersten Weltkriegs sich nicht mehr bloß auf die Front beschränkt. Dieser Krieg erfasste die gesamte Gesellschaft, daher sind auch seine Auswirkungen auf die Menschen in den Städten oder auf dem Land zu berücksichtigen“, sagt Prof. Gunda Barth-Scalmani vom Institut für Geschichtswissenschaft und Europäische Ethnologie. Die Konferenz wurde von Nachwuchs-Historikerinnen und –Historikern der Unis Innsbruck, Graz und Budapest organisiert.
     
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