Graz: Neue Therapieansätze zur Verminderung eines Lipoproteins im Blut auf, welches Atherosklerose hervorruft   

erstellt am
29. 09. 11

Aktivierung des Gallensäurerezeptors FXR senkt Plasma-Lp(a)-Konzentration
Graz (med-uni) - Einer der größten Risikofaktoren für Koronare Herzerkrankung und Schlaganfall sind erhöhte Werte von Lipoprotein(a) im Blut. Das Problem dabei ist, dass Lp(a) durch Diäten und die derzeit zur Verfügung stehenden Medikamente kaum beeinflusst werden kann. Die Entwicklung neuer Arzneien scheiterte bisher vor allem daran, dass sehr wenig über den Lp(a)-Stoffwechsel bekannt war. Wissenschaftler der Med Uni Graz haben nun entdeckt, dass der Gallensäurerezeptor FXR eine zentrale Rolle in der Regulation des Lp(a)- Spiegels spielt. Damit eröffnet sich möglicherweise ein ganz neuer Therapieansatz zur Behandlung von Patienten mit erhöhten Lp(a)-Werten.

Lipoproteine sind Komplexe aus Eiweißen und Fetten, die als Transportvehikel für wasserunlösliche Substanzen im Blut dienen. Eine dieser Substanzen ist Cholesterin. Erhöhte Cholesterinwerte gelten als ein ernstzunehmender Risikofaktor für Atherosklerose und Koronare Herzkrankheit. Dabei muss allerdings zwischen den verschieden Transportformen von Cholesterin unterschieden werden: Die bekanntesten Lipoproteine sind LDL (Low Density Lipoprotein), das vom Körper selbst gebildetes Cholesterin von der Leber zu den verschiedenen Geweben transportiert (= "gefährliches Cholesterin"), und HDL (High Density Lipoprotein), das überschüssiges Cholesterin aus den Geweben - zum Beispiel aus den Wänden von Blutgefäßen - zurück zur Leber zu transportiert (= "gutes Cholesterin"). Lp(a) ist ein Lipoprotein, das vom Aufbau her große Ähnlichkeiten mit LDL aufweist. Auch wenn über seine Funktion noch wenig bekannt ist, ist seine Gefährlichkeit unbestritten: In zahlreichen großangelegten epidemiologischen Studien erwiesen sich erhöhte Lp(a)-Konzentrationen als der signifikanteste Risikofaktor für Koronare Herzerkrankungen.

Derzeit gibt es zwar einige Medikamente, mit denen Lp(a) gesenkt werden kann, dies jedoch entweder nur in geringem Maße oder verbunden mit ernsten Nebenwirkungen. Voraussetzung für die Entwicklung neuer Arzneimittel wäre eine genauere Kenntnis der Funktion und des Stoffwechsels von Lp(a). "Erschwert wird die Forschung dadurch, dass Lp(a) nur beim Menschen und einigen Affenarten vorkommt, nicht jedoch in den üblichen Versuchstieren wie Maus, Ratte oder Kaninchen", erklärt Univ.-Prof. Dr. Gerhard Kostner, Institut für Molekularbiologie und Biochemie, Med Uni Graz. Zusammen mit seinem Kollegen Univ.-Prof. Mag. Dr. Sasa Frank und einer Forschergruppe in Innsbruck (Univ.-Prof. Dr. Gerd Utermann und Hans Dieplinger) beschäftigt er sich seit Jahren mit der Erforschung dieses Lipoproteins und trägt damit zum Ruf Österreichs als eine Hochburg der Lp(a)-Forschung bei.

Ausgangspunkt der nun veröffentlichten Studie war die Beobachtung, dass Patienten, die auf Grund eines Gallengangsverschlusses erhöhte Gallensäurekonzentrationen im Blut haben, sehr niedrige Lp(a)-Werte aufweisen. Sobald der Verschluss operativ beseitigt wird, steigt Lp(a) wieder an. Gallensäuren spielen eine wichtige Rolle bei der Fettverdauung, sind in höherer Konzentration jedoch toxisch. Ihre Neusynthese wird daher im Körper sehr streng reguliert. Eine zentrale Rolle in diesem Prozess spielt der Gallensäurerezeptor FXR. Um zu entschlüsseln, auf welche Weise FXR die Lp(a)-Bildung hemmt, wurde nun im Rahmen des PhD-Programms "Molekulare Medizin" der Med Uni Graz (Dekanin Univ.-Prof. Dr. Andrea Olschewski) eine Dissertation ausgeschrieben. Als bestgeeignete der internationalen BewerberInnen wurde die indische PhD-Studentin Indumathi Chennamsetty ausgewählt. Nach 3-jähriger intensiver Arbeit gelang es ihr tatsächlich, die molekularen Zusammenhänge der Lp(a)-Hemmung aufzuklären. Wichtiges Hilfsmittel dabei war ein transgenes Mausmodell aus den USA, das in seiner Leber menschliches Lp(a) herstellt und es dadurch ermöglichte, die Neusynthese des Eiweißanteils von Lp(a) (=APOA) zu untersuchen. Indumathi Chennamsetty konnte zeigen, dass die Aktivierung von FXR durch natürliche oder synthetische Moleküle, die an den Gallensäurerezeptor binden (so genannte Liganden), die Neubildung von APOA um bis zu 90% reduziert und dadurch auch die Plasma-Lp(a)-Konzentrationen drastisch senkt. Durch diesen bisher nicht bekannten Mechanismus eröffnet sich eine völlig neue Option zur Behandlung erhöhter Lp(a)-Werte. Besonders interessant sind die Ergebnisse, die in einer der anerkanntesten klinischen Fachzeitschriften Amerikas, dem "Journal of Clinical Investigation", als Open Access Artikel publiziert wurden, auch deshalb, weil es bereits synthetische Liganden von FXR gibt, die derzeit in einigen Pharmaunternehmen zur Behandlung von Leberzellkarzinomen in Erprobung sind. Diese Substanzen, so die Hoffnung der Wissenschaftler, könnten auch als möglicher Ausgangspunkt für die Entwicklung von Medikamenten zur Senkung erhöhter Lp(a)-Spiegel beim Menschen dienen.

Das große Interesse, auf das die Grazer Studie in der Fachwelt stieß, wird auch durch einen Artikel in der renommierten Zeitschrift "Nature Medicine" unterstrichen, die die Arbeit in ihrer September-Ausgabe in der Rubrik "Research Highlights" würdigte.
     
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