Gemeindebau-Benennung nach Johanna Dohnal   

erstellt am
28. 09. 11

Namenswidmung des Penzinger Gemeindebaus Jenullgasse nach der großen österreichischen Frauenpolitikerin
Wien (rk) - Im Rahmen der feierlichen Benennung wurde im Beisein der Familie Johanna Dohnals eine Erklärungstafel im Innenhof des Gemeindebaus enthüllt. Die Benennung von Wiener Gemeindebauten ist eine Ehrung für herausragende Persönlichkeiten, die Wien auf positive Weise nachhaltig geprägt haben. Mit der Benennung der städtischen Wohnhausanlage in Wien Penzing, Jenullgasse 18-26, in "Johanna-Dohnal-Hof" ehrt die Stadt Wien die ehemalige Frauenministerin und mutige Vorkämpferin für Frauenrechte und Gleichberechtigung, die insbesondere für die Frauen in Österreich Meilensteine gesetzt und wesentliche Verbesserungen erreicht hat.

Am 27.09. nahmen Vizebürgermeisterin Renate Brauner, Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, Staatssekretär Andreas Schieder und Bezirksvorsteherin Andrea Kalchbrenner die offizielle Namensgebung vor. Für das musikalische Rahmenprogramm sorgte die Frauenband "femous orchestra - acoustic group".

"Ihr Name ist untrennbar verbunden mit Frauenrechten, Selbstbestimmung, Solidarität, Frieden und Antirassismus. Sie hat viele durch ihren Weitblick und ihre Beharrlichkeit beim Kampf für die Gleichstellung von Mann und Frau beeindruckt, beeinflusst und dafür motiviert", würdigte Vizebürgermeisterin Renate Brauner die Verdienste Johanna Dohnals. "Jeder der sie kannte, weiß, dass sie die Benennung eines Gemeindebaus in ihrem Heimatbezirk Penzing als große Ehre empfunden hätte", unterstrich Brauner die Bedeutung der Namensgebung.

"Johanna Dohnal ist in einem Gemeindebau aufgewachsen und hat auch später viele Jahre in einer Gemeindewohnung gelebt. Die Benennung einer Städtischen Wohnhausanlage nach ihr - in den rund 2.000 Gemeindebauten lebt fast ein Drittel der Wiener Bevölkerung - stellt eine besondere Würdigung dar und ist ein sichtbares Zeichen tiefer Wertschätzung und Anerkennung", so Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.

"Den Lebensweg Johanna Dohnals kennzeichnen unzählige Verdienste. Man denke nur an die Fristenregelung, die Familienrechtsreform oder das Kindschaftsrecht. Dinge, die heute selbstverständlich sind, gehen auf Dohnal zurück, etwa dass beide Partner in der Ehe dieselben Rechte und Pflichten haben oder dass Mütter einen Passantrag für ihre Kinder unterschreiben dürfen. Gleichzeitig mahnt das Andenken an Johanna Dohnal auch weiterhin die Forderung nach Verbesserungen ein", betonte Staatssekretär Andreas Schieder.

"Johanna Dohnal war und ist Vorbild für viele Frauen. Ihr Einsatz für die Rechte der Frauen war unermüdlich und ich bin stolz, dass wir heute die Benennung des Gemeindebaus nach ihr durchführen können", hob Bezirksvorsteherin Andrea Kalchbrenner hervor.
Johanna Dohnal (1939-2010)

Johanna Dohnal wurde am 14. Februar 1939 als Johanna Diez in Wien geboren. Sie wuchs bei ihrer Großmutter, einer Schneiderin, in Wien Penzing auf, wo sie die Volks- und die Hauptschule besuchte. 1953 begann sie eine Lehre als "Industriekaufmann" in einer Kunstharzpresserei und blieb auch nach dem Lehrabschluss noch fünf Jahre im Betrieb.

Ihr politisches Engagement begann bereits 1957 mit ihrem Beitritt zur SPÖ. Sie engagierte sich in der Bezirksorganisation und bei den Kinderfreunden, indem sie Parteiveranstaltungen und Spielnachmittage für Kinder organisierte.

1969 Jahr wurde Johanna Dohnal Bezirksrätin in Penzing, 1971 erfolgte ihre Wahl zur Vorsitzenden der Penzinger Sozialistinnen.

1972 machte sie die Politik zu ihrem Beruf und wurde Wiener Landesfrauensekretärin der SPÖ und im selben Jahr Mitglied des Bundesparteivorstandes. 1973 wurde Johanna Dohnal als Wiener Gemeinderätin und Landtagsabgeordnete angelobt. In dieser Funktion setzte sie sich vor allem für die Ausweitung der Sozialdienste und die Forcierung der Sexualaufklärung in den Schulen ein.

1978 nahm in Wien das erste Frauenhaus Österreichs den Betrieb auf. Die Realisierung dieses Projekts, konzipiert von Vertreterinnen der autonomen Frauenbewegung, ist der Initiative Johanna Dohnals zu verdanken.

1979 holte sie Bruno Kreisky als Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen in die Regierung. Während ihrer Zeit als Staatssekretärin setzte Johanna Dohnal zahlreiche gesetzliche Verbesserungen im Familienrecht, im Sexualstrafrecht und im Sozialrecht durch und ließ ein Förderprogramm für Frauen im Bundesdienst ausarbeiten. Außerdem engagierte sie sich in der Friedens-, Bildungs- und Entwicklungspolitik. Am 2. Weltfrauenkongress in Kopenhagen 1980 leitete sie die österreichische Delegation und war Vizepräsidentin der Konferenz, die für sie auch den Einstieg in die Entwicklungszusammenarbeit bedeutete.

1987 wurde Johanna Dohnals zur Vorsitzenden der österreichischen Sozialistinnen, danach zur stellvertretenden Bundesparteivorsitzenden der SPÖ gewählt.

1990 wurde Johanna Dohnal als Bundesministerin für Frauenangelegenheiten im Bundeskanzleramt angelobt. Die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familienarbeit und der Schutz der Frauen vor Gewalt waren für sie weiterhin wichtige Anliegen. Anfang der neunziger Jahre wurden in Österreich elementare Frauenrechte wie die Beseitigung der Amtsvormundschaft bei ledigen Müttern, das Recht zur Betretungsverweigerung bei Gewalt in der Ehe und das gesetzliche Verbot der sexuellen Belästigung auf Initiative Dohnals gesetzlich festgeschrieben.

1992 wurde Johanna Dohnal von 500 Journalistinnen zur "Frau des Jahres" gewählt.

1993 wurden Gleichbehandlungsgesetze für den öffentlichen Dienst verabschiedet. Auf Initiative der Frauenministerin startete zudem 1993 die Aktion "Kriegsopfer: Vergewaltigte Frauen", an der sich auch Familienministerin Rauch-Kallat und die Caritas beteiligten. Die Aktion diente der medizinischen und psychologischen Unterstützung vergewaltigter Frauen und Kinder im ehemaligen Jugoslawien und der Errichtung von Beratungsstellen und Frauenhäusern. Im selben Jahr war Johanna Dohnal ist Vorsitzende des Frauenrechtskomitees der UN-Menschenrechtskonferenz in Wien.

Obwohl sie sich im Herbst 1995 von allen politischen Funktionen zurückgezogen hatte, bezog Johanna Dohnal bis zu ihrem Tod zu Frauenfragen, zu Fragen der Menschenrechte und sozialen Fragen öffentlich Stellung. 1995/96 hielt sie am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Wien das Proseminar "Historische und strukturelle Voraussetzungen für institutionalisierte Frauenpolitik in Österreich" und 2007/2008 lehrte im Wintersemester als Gastprofessorin an der Universität Innsbruck in der Fakultätsreihe "PolitikerInnen in Residence". Sie engagierte sich bei dem vom Unabhängigen Frauenforum initiierten "Frauen-Volksbegehren" 1997, das mehr als 645.000 Personen unterschrieben haben.

2005 wurde Johanna Dohnal zur "Bürgerin der Stadt Wien" ernannt und 2009 vom Bundespräsidenten mit dem Berufstitel "Professorin" geehrt.

Im Jahr 2008 veröffentlichte sie im Studienverlag das Buch Innenansichten österreichischer Frauenpolitiken, in dem sie über die Entwicklung der Frauenpolitik in Österreich schreibt.

Johanna Dohnal starb kurz nach ihrem 71. Geburtstag in der Nacht zum 20. Februar 2010. Sie wurde in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.

"Ich denke, es ist Zeit, daran zu erinnern: Die Vision des Feminismus ist nicht eine 'weibliche Zukunft'. Es ist eine menschliche Zukunft. Ohne Rollenzwänge, ohne Macht- und Gewaltverhältnisse, ohne Männerbündelei und Weiblichkeitswahn." (Johanna Dohnal)
     
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