Wissenschaftspreis der TU Wien geht an Ivona Brandic
Wien (tu) - Der hochdotierte Wissenschaftspreis der Technischen Universität (TU) Wien geht heuer
an die Informatikerin Ivona Brandic. Ihr Forschungsprojekt soll große Hochleistungscomputer umweltfreundlicher
machen.
Ob Google, Online-Banken oder wissenschaftliche Simulationen: Viele Computer-Anwendungen benötigen heute eine
Rechenleistung, für die man eine große Zahl von Prozessoren bündeln muss. Computer-Cluster, die
oft aus vielen tausend einzelnen Rechnern zusammengesetzt sind, brauchen eine gewaltige Menge an Energie. Ivona
Brandic vom Institut für Informationssysteme der TU Wien versucht, den Energiebedarf solche Computeranlagen
durch kluge Programmier-Techniken zu senken. Die TU Wien förderte diese Arbeit nun mit dem Wissenschaftspreis,
der mit 500.000 Euro dotiert ist.
Wer verbraucht den Strom – der Computer oder das Programm?
Ein hoher Energiebedarf bedeutet auch eine schlechte CO2-Bilanz: Etwa zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes
gehen heute auf das Konto der Computertechnologie. Damit ist der Betrieb von Computern ähnlich klimaschädlich
wie der gesamte weltweite Flugverkehr – Umwelt-Verbesserungen im IT-Bereich zahlen sich also aus. „Hardwareerzeuger
bemühen sich zwar, Komponenten mit geringem Stromverbrauch zu konstruieren, doch in der Softwareentwicklung
war Energieeffizienz lange überhaupt kein Thema“, bedauert Ivona Brandic. Nachdem aber der Stromverbrauch
eines Rechners davon abhängt, wie intensiv man ihn arbeiten lässt, kann man durch intelligente Programmierung
viel Energie sparen.
Bei großen Hochleistungscomputern wird die Rechenarbeit auf eine Vielzahl von Prozessoren aufgeteilt. Meist
lassen in einem Netz von Computern viele verschiedene Benutzer unterschiedlich aufwändige Programme gleichzeitig
laufen. Spezielle übergeordnete Programme – sogenannte Scheduler – regeln, welcher Benutzer für welches
Programm welche Rechenzeiten zugewiesen bekommt. Normalerweise verteilen diese Scheduler die Ressourcen so, dass
alle Programme möglichst schnell laufen. Ivona Brandic untersucht mit ihrem Team, wie man durch ein kluges
Management der Rechenressourcen gleichzeitig Energie und CO2-Ausstoß sparen kann.
Programm legt Prozessoren schlafen
„Es ist zum Beispiel oft deutlich energieaufwändiger, zwei Prozessoren mit geringer Leistung rechnen
zu lassen, als einen Prozessor voll auszulasten, und dafür den anderen abzuschalten“, erklärt Ivona Brandic.
Ein kluges Scheduling-System könnte also Teile eines Großrechners herunterfahren, wenn das System nicht
voll ausgelastet ist, anstatt alle Prozessoren mit geringer Leistung laufen zu lassen. Um solche Maßnahmen
sinnvoll planen zu können, muss das Computersystem allerdings in der Lage sein, den eigenen Stromverbrauch
zu beobachten und bis zu einem gewissen Grad auch vorherzusehen. Durch Erfahrungen aus früheren Programmdurchläufen
soll das System lernen, wie sich der Strombedarf ändern wird, und dementsprechend die zur Verfügung stehenden
Ressourcen vorausschauend verteilen.
„Wir wollen ein autonomes System aufbauen“, sagt Brandic, „ein Computersystem, das sich selbst automatisch überwacht
und managt, ähnlich wie das unser Körper macht. Er kümmert sich um Atmung, Gleichgewicht oder Körpertemperatur,
ohne dass wir ständig bewusst eingreifen müssen.“
Tolle Forschungsbedingungen an der TU Wien
Die TU Wien ist für Ivona Brandic der optimale Ort, um an diesen Problemen zu forschen: „Hier gibt es hier
viele Arbeitsgruppen, die sich mit aufwändigen Computersimulationen beschäftigen, und es gibt auch direkt
im Haus große Computercluster, die wir im praktischen Einsatz beobachten und analysieren können. Das
ist für mich und mein Team sehr wichtig.“
Der Wissenschaftspreis der TU Wien wurde am 27. September 2011 von der designierten Rektorin Prof. Sabine Seidler
an Ivona Brandic vergeben. Die 500.000 Euro, mit denen dieser Preis dotiert ist, werden Brandics Arbeit einen wichtigen
Schritt nach vorne bringen: „Ein Großteil davon wird als Personalkosten ausgegeben – unser Team wird sich
also vergrößern“, freut sich Brandic. Auch der Kauf eines eigenen Computerclusters ist geplant: „Auch
wenn die Analyse bestehender Computercluster sehr wichtig ist – manchmal brauchen wir unser eigenes Gerät,
an dem wir beliebig herumschrauben können, ohne dadurch die Computerberechnungen anderer Leute durcheinanderzubringen.“ |