Wahlrecht  

erstellt am
06. 10. 11

Rudas fordert offene Debatte zu Modernisierung des Wahlrechts
Diskussion neuer Ideen statt Verweigerung der Debatte
Wien (sk) - Mit Unverständnis reagiert SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas am 06.10. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst auf die Kritik ihres persönlichen Vorschlages einer Modernisierung des Wahlrechts. "Es ist unverständlich, wieso man sich einzementiert, wenn der Vorschlag doch die Bildung von Koalitionen wesentlich erleichtern würde", betonte Rudas.

Zum von ihr vorgeschlagenen Modell erläuterte Rudas weitere Details. "Die stimmenstärkste Partei erhält so knapp nicht die absolute Mehrheit an Mandaten. Die restlichen Mandate werden im Verhältniswahlrecht auf die übrigen Parteien verteilt", so Rudas. Die stimmenstärkste Partei sei zu einer Koalition gezwungen. "Durch diese Maßnahme wird es wesentlich leichter, Mehrheiten zu finden und über inhaltliche Übereinstimmungen zu verhandeln", bekräftigte Rudas.

Wie jedes Wahlrecht, habe natürlich auch diese Variante ihre Schwächen. "Doch die Vorteile überwiegen meiner Meinung nach deutlich", so Rudas. Alle seien aufgefordert, sich konstruktiv in die Diskussion einzubringen und Vorschläge zur konkreten Ausprägung zu machen. "Reflexartiges Nein-sagen ist jedoch unangebracht", unterstrich Rudas.

 

Rauch: Diskussion ja, aber seriös bitte
SPÖ-Manöver durchsichtig – Frau Rudas will Minderheit zu Mehrheit machen
Wien (övp-pd) - Zu den jüngsten SPÖ- "Überlegungen" bezüglich einer Änderung des Wahlrechts betont ÖVP- Generalsekretär Hannes Rauch: "Die ÖVP ist offen für eine Debatte um eine Reform des Wahlrechts, zum Beispiel in Richtung einer stärkeren Personalisierung, wie dies etwa die Initiative 'Mein Österreich' andenkt. Die Diskussion muss aber seriös geführt werden und nicht auf Rudas-Seitenblicke-Niveau. Sie soll doch gleich sagen, dass sie Rot-Grün besiegeln möchte", so Rauch. "Die Minderheit als Mehrheit zu legitimieren, ist demokratiepolitisch unehrlich." Rauch abschließend: "Eher kann man sich interessante Modelle, wie etwa das deutsche, das eine Mischform aus Mehrheits- und Verhältniswahlrecht darstellt, genauer ansehen. Wichtig ist aber, dass Minderheiten nicht krampfhaft zu Mehrheiten gemacht werden und damit der Wille des souveränen Wählers verfälscht wird."

 

Scheibner: SPÖ und ÖVP wollen sinkendes Wählervertrauen durch Wahlrechtsänderung kompensieren
Hier wird einfach Machterhalt über Demokratie und Gerechtigkeit gestellt.
Wien (bzö) - Strikt gegen den neuerlich geäußerten rot-schwarzen Wunsch nach der Einführung eines Mehrheitswahlrechts spricht sich der stellvertretende Klubobmann und Verfassungssprecher des BZÖ Herbert Scheibner aus. "Ein solches Wahlrecht ist undemokratisch und nicht repräsentativ. Die Regierungsparteien wollen damit lediglich die aufgrund ihrer schlechten politischen Arbeit fehlenden Mandate auf indirektem Wege wieder kompensieren. Immer, wenn die Oppositionsparteien stärker werden, kommt von SPÖ und ÖVP das Verlangen, durch eine undemokratische Wahlrechtsänderung das sinkende Wählervertrauen zu kompensieren.

Diese nun wieder von der SPÖ entfachte Diskussion ist einmal mehr ein Eingeständnis mangelnder Lösungskompetenz der Regierungsparteien in allen Bereichen. Hier wird einfach Machterhalt über Demokratie und Gerechtigkeit gestellt", so Scheibner.

 

 Musiol: Rudas-Vorschlag ist minderheiten-feindliches Wahlrecht
Wallner: SPÖ will unliebsam kontrollierende Opposition schwächen
Wien (grüne) - "SP-Geschäftsführerin Laura Rudas zieht mit dem Mehrheitswahlrecht a la Hösele einen alten ÖVP-Hut aus der Mottenkiste", kritisiert Stefan Wallner, Bundesgeschäftsführer der Grünen. "Minderheitenfreundlich ist dieses Wahlrecht nur gemessen an anderen noch minderheitenfeindlicheren Vorschlägen (bspw. The winner takes it all), die kursieren", betont Daniela Musiol, Verfassungssprecherin der Grünen.

"Rudas will offensichtlich ablenken von der unangenehmen Verwicklung der SPÖ in den österreichischen Korruptionsreigen und macht Vorschläge, um die unliebsam kontrollierende Opposition zu schwächen. Es fällt auf, dass die SPÖ in letzter Zeit in immer schnellerem Tempo große Reformvorhaben mit geringen eigenen Umsetzungsabsichten veröffentlicht. Große Ankündigungen entpuppen sich nach wenigen Tagen als politische Seifenblasen. Wo bleibt die Steuerreform, die die Reichen endlich zur Kasse bittet, wo bleibt die große Verwaltungsreform, wo bleibt das große Korruptionsbekämpfungspaket und die Reform der Parteifinanzierung, wo bleibt die große Bildungsreform? Die SPÖ und Kanzler Faymann müssen sich wieder auf echte Politik und ernsthaftes Regierungsarbeiten besinnen. Regieren statt Inserieren muss das Motto der nächsten Monate sein. Österreich braucht Reformen!", so Wallner.

Gegenüber dem aktuellen Verhältniswahlrecht hat das Hösele-Modell massive demokratiepolitische Defizite. So muss bei einer demokratischen Wahl gelten, dass jede Stimme gleich viel wert ist. "Das ist bei diesem Vorschlag nicht gegeben", betont Musiol. Nehmen wir die Wahl 2008: Da erreichte die SPÖ als stimmenstärkste Partei 29,26 % - das ergibt nach aktuellem Wahlrecht 57 Mandate. Nach dem von Rudas favorisierten Modell würde die SPÖ jedoch 91 Mandate erhalten, also 34 Mandate mehr. Diese 34 Mandate würden den anderen Parteien abgezogen werden, d.h. die Stimmen der WählerInnen jener Parteien, die nicht stärkste Partei sind, zählen nicht gleich viel wie jene der WählerInnen der stärksten Partei. "Es kommt dadurch zu einer nicht unbeträchtlichen Verzerrung des WählerInnenwillens, der demokratiepolitisch nicht gewünscht sein kann. Von Minderheitenfreundlichkeit kann also keine Rede sein", kritisiert Musiol.

Auch für die Regierungsbildung würden sich ganz neue Dynamiken auftun. Die potentiellen Koalitionspartner wären wohl nicht viertes, sondern bloß fünftes Rad am Wagen. "Erfahrungen aus Ländern mit Mehrheitswahlrecht zeigen zudem, dass in diesen Parlamenten der Frauenanteil ein vergleichsweise extrem niedriger ist. Dies ist auch nach diesem Modell zu befürchten. Dass dies von der SPÖ ignoriert wird, sagt viel über die SPÖ aus", so Musiol.
     

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