Verschnaufpause   

erstellt am
06. 10. 11

PsychologInnen der Uni Graz untersuchen den Zusammenhang zwischen Alter, Regeneration und Leistung
Graz (universität) - Ältere Menschen haben ein höheres Erholungsbedürfnis, richtige Pausen steigern die Leistung, und zu wenig Stress schadet der Motivation. Das sind einige Ergebnisse eines wissenschaftlichen Projekts am Institut für Psychologie, das sich mit dem Zusammenhang von Alter, Regeneration und Leistung beschäftigt. Mag. Kerstin Eibel und Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Kallus erforschen, wie man sich Anspannung und Erholung am besten einteilt, um lange fit zu bleiben.

Als „volkswirtschaftlichen Wahnsinn“ bezeichnet Wolfgang Kallus die Tatsache, dass in Österreich sehr viele ArbeitnehmerInnen in die Frühpension geschickt werden, weil sie nicht mehr so leistungsfähig sind wie in jungen Jahren. In einem Forschungsprojekt geht der Psychologe der Frage nach, wie man Menschen über fünfzig motiviert sowie leistungsfähig und gesund hält. Die Basis für diese Forschungen bildet eine von der Arbeiterkammer Österreich finanzierte Studie über die Erholungs-Beanspruchungs-Balance von Beschäftigten unterschiedlichen Alters. Dabei zeigte sich, dass mit steigendem Alter der Anteil jener, die gering beansprucht und hoch erholt waren, deutlich abnahm. Umgekehrt stieg die Zahl der Personen, die sich stark belastet und wenig erholt fühlten. „Offensichtlich benötigt man in späteren Jahren mehr Regeneration“, folgert Kallus.

Rechtzeitig, lang genug und oft genug Pausen zu machen, ist ein ganz wesentliches Mittel zur Erholung, sind sich die ExpertInnen einig. Wie eine Untersuchung in einer österreichischen Behörde gezeigt hat, ist man nach einer Entspannungsphase allerdings nicht automatisch konzentrierter bei der Sache. „Besonders bei älteren Personen ist nach einer Pause die Reaktionszeit deutlich länger als davor“, hat Kallus beobachtet. Kerstin Eibel erforscht nun im Rahmen ihrer Doktorarbeit, wie man kurze und längere Auszeiten am besten gestaltet, um danach wieder voll leistungsfähig zu sein.

„Erste Ergebnisse zeigen, dass eine kurze Re-Orientierungsphase am Ende der Pause hilft, sich mental wieder auf die Aufgabe einzustellen“, erklärt die Jungwissenschafterin. Auch kurze Aktivitäten in Form von leichten Gymnastikübungen kann Eibel empfehlen. Diese beugen vor allem bei älteren ArbeitnehmerInnen gleichzeitig körperlichen Beschwerden vor.

Ganz wichtig sei auch, sich rechtzeitig Entspannung zu gönnen, bevor die Energien schon fast verbraucht sind. „Unsere ProbandInnen neigten dazu, viel zu spät eine Auszeit zu nehmen, vor allem wenn sie bereits gesundheitlich angeschlagen waren“, bemerkte die Dissertantin. Schmerzen und körperliche Beeinträchtigungen sind allerdings bei der Regeneration hinderlich, sodass solche Menschen – wie auch ältere Personen – mehr Pausen benötigen. „Offenbar wollen die Betroffenen aber ihr körperliches Manko durch längeres Arbeiten kompensieren, obwohl sie bei unseren Tests die gleiche Leistung erbrachten wie fittere KollegInnen“, interpretiert Kallus. Durch zu späte Auszeiten geraten sie jedoch in einen Teufelskreis und werden auf Dauer überbeansprucht.

Eine bessere Pausenkultur in Europa ist für den Psychologen ein dringend nötiges Mittel für die Prävention von Krankheiten und Frühpensionen. Regelmäßige Entspannungsphasen würden sich sehr positiv auf Leistung und Motivation auswirken. „Es zeigt sich immer wieder, dass motivierte Leute sehr lange einsatzbereit bleiben“, so Kallus. „In Familienbetrieben sind auch SeniorInnen weit über dem Pensionsalter nützliche MitarbeiterInnen“, nennt er ein Beispiel. Er plädiert daher auch für die Möglichkeit einer ausgeweiteten Altersteilzeit. „Es ist nicht vertretbar, dass Menschen über 65 ungefragt aus dem Dienst geworfen werden. Gestattet man ihnen mehr Pausen und kürzere Arbeitszeiten, können sie viel länger erwerbstätig bleiben, wenn sie das wollen“, bemerkt der Experte.

Negativ auf Motivation und Gesundheit wirken sich logischerweise viel Stress und wenig Erholung aus. „Das heißt aber nicht, dass hohe Beanspruchung automatisch schlecht ist“, ergänzt Kallus. Im Gegenteil: Sofern man sich zwischendurch ausreichend regenerieren kann, ist Stress sogar leistungsfördernd. Die Gruppe der hoch beanspruchten und hoch erholten Personen war diejenige, die am besten motiviert war. Menschen, die keinem Stress ausgesetzt waren, aber auch keine Erholungsmöglichkeiten nutzten, waren hingegen in der Regel gesundheitlich stärker beeinträchtigt.
     
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