Güter- und Dienstleistungsausfuhren im 1. Halbjahr 2011 fast auf Rekordniveau
Wien (oenb) - Österreichs Exporteure dürfen im 1. Halbjahr 2011 eine erfreuliche Zwischenbilanz
ziehen: Güter- und Dienstleistungsausfuhren gewannen weiter an Fahrt und verfehlten das unmittelbar vor dem
globalen Abschwung erzielte Rekordergebnis des 1. Halbjahres 2008 nur geringfügig. Die heimische Außenwirtschaft
konnte sich demnach aus der Umklammerung der Krise lösen und ihre Wettbewerbsfähigkeit erneut unter Beweis
stellen. Da gleichzeitig mit den Ausfuhren auch die Importe deutlich anstiegen, schloss die österreichische
Leistungsbilanz im Vergleich zum 1. Halbjahr 2010 nahezu unverändert mit einem Plus von 4,4 Mrd Euro. Gemäß
jüngstem OeNB-Exportindikator ist im 3. Quartal 2011 jedoch mit einer etwas schwächeren Exportkonjunktur
zu rechnen. Im Gegensatz zur Realwirtschaft konnte Österreichs Kapitalverkehr mit dem Ausland weiterhin nicht
an jenes Niveau anschließen, das vor der Krise zu beobachten war.
Österreichs Güter- und Dienstleistungsverkehr fand nach dem schweren Einbruch im Umfeld der globalen
Wirtschaftskrise vorerst wieder auf den gewohnten Expansionspfad zurück. Der Güterhandel legte im ersten
Halbjahr 2011 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2010 aktiv- und passivseitig um je rund 20% zu, Dienstleistungen
stiegen immerhin um 10%. Mit 84 Mrd Euro lagen österreichische Güter- und Dienstleistungsausfuhren nur
geringfügig unter dem Volumen des ersten Halbjahres 2008 (85 Mrd Euro), das unmittelbar vor dem globalen Wirtschaftsabschwung
ein Rekordergebnis verzeichnete. Österreichs exportorientierte Wirtschaft trat damit endgültig aus dem
Schatten der Krise und nimmt seine Rolle im internationalen Handel derzeit wieder in gewohntem Ausmaß wahr.
Als Folge des globalen Abschwungs waren heimische Güter- und Dienstleistungsexporte im ersten Halbjahr 2009
um mehr als 20% eingebrochen, wodurch auch in Österreich die Rezession eingeleitet wurde.
Die zunehmende Exportaktivität Österreichs war im ersten Halbjahr 2011 erwartungsgemäß auch
von steigenden Importen begleitet, die teilweise als Vorleistungen in die heimische Wertschöpfung eingehen.
Deutlich höhere Einfuhren von Gütern (64 Mrd Euro, +18%) und Dienstleistungen (14 Mrd Euro, +9%) zeichneten
für das erste Halbjahr 2011 ein wesentlich freundlicheres Stimmungsbild als zuletzt und unterstreichen den
Expansionskurs im Güter- und Dienstleistungshandel. Der jüngste OeNB-Exportindikator vom August 2011
lässt jedoch eine Abkühlung der Exportkonjunktur im 3. Quartal und damit eine „sanfte Landung“ nach überdurchschnittlichen
Exporterfolgen erwarten.
Österreichs Leistungsbilanzüberschuss wird weiterhin durch den positiven Beitrag der Dienstleistungsbilanz
bestimmt, der im ersten Halbjahr 2011 mehr als 8 Mrd Euro erreichte (+7%). Wichtigste Einnahmequelle bleibt hier
der Reiseverkehr mit einem Plus von 4,8 Mrd Euro.
Im Gegensatz zum Güter- und Dienstleistungshandel haben Österreich Finanzaktivitäten noch nicht
an jenes Niveau anschließen können, das vor der Finanzkrise zu beobachten war. Österreichische
Investoren bauten im ersten Halbjahr 2011 Finanzforderungen im Ausland in Höhe von etwa 35 Mrd Euro auf. Vor
dem Ausbruch der globalen Finanzkrise im 1. Halbjahr 2007 waren es noch 78 Mrd Euro gewesen. Insbesondere das für
hochentwickelte Volkswirtschaften wie Österreich traditionell bedeutsame Segment der Portfolioinvestitionen
stagniert seit 2008 auf geringem Niveau. Ausländische verzinsliche Wertpapiere wurden im ersten Halbjahr 2011
in den Portefeuilles österreichischer Investoren per Saldo sogar um 2,7 Mrd Euro abgebaut. Im selben Zeitraum
2007 – also vor dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers - erreichten die Zukäufe noch 27 Mrd
Euro. Seither finden Vorsicht und Zurückhaltung der Wertpapierinvestoren deutlichen und anhaltenden Niederschlag
in der OeNB-Außenwirtschaftsstatistik. Anzeichen der Erholung gehen dagegen vom Segment der „Sonstigen Investitionen“
aus, das vom klassischen Bankgeschäft mit Krediten und Einlagen bestimmt wird und Kapitalveranlagungen von
netto rund 25 Mrd Euro aufwies. Dies entspricht einer durchaus üblichen Größenordnung jener Kapitalflüsse,
die vor der Finanzkrise zu beobachten waren. Im Einlagengeschäft wurden - ähnlich wie im Vergleichszeitraum
2010 – rund 17 Mrd Euro im Ausland investiert, wovon etwa 11 Mrd Euro auf das Zwischenbankgeschäft entfielen.
Spiegelbildlich zu Österreichs Auslandsveranlagungen zeigte sich auch die Finanzierung an ausländischen
Finanzmärkten mit 26 Mrd Euro relativ verhalten (1. HJ 2007: 73 Mrd Euro). |