Starker Rückgang des Bank Austria Konjunkturindikator auf 0,2 Punkte im September weist auf
annähernde Stagnation der österreichischen Wirtschaft hin
Wien (bank austria) - Die Abkühlung der Konjunktur gewinnt mit Beginn des Herbsts an Tempo.
„Nach dem starken Einbruch des Bank Austria Konjunkturindikators im Vormonat hat sich der Rückgang im September
weiter beschleunigt. Mit einem Wert von nur noch 0,2 Punkten weist der aktuelle Indikator darauf hin, dass die
österreichische Wirtschaft sich in Kürze am Rande der Stagnation bewegen wird“, meint Bank Austria Chefökonom
Stefan Bruckbauer. Der Indikator war letztmalig bei Ausbruch der Finanzkrise im September 2008 vor genau drei Jahren
so stark gesunken, wie in diesem Monat.
Der starke Rückgang im September ist auf eine deutliche Verschlechterung bei allen Teilkomponenten des Bank
Austria Konjunkturindikators zurückzuführen. Insbesondere die Stimmung unter den heimischen Konsumenten
hat sich besonders stark abgekühlt und liegt derzeit auf gleich tiefem Niveau, wie im August 2009 als die
Erholung langsam in die Gänge gekommen war. Auch die Stimmung in der österreichischen Industrie hat im
September deutlich abgebaut, ist jedoch zumindest etwas besser als in den meisten anderen Ländern der Eurozone.
Doch die Vorgaben aus dem europäischen Umfeld sind ungünstig. Das europäische Industrievertrauen
ist auf dem tiefsten Punkt seit Herbst 2009 gesunken. In allen Ländern hat sich die Skepsis im September erheblich
erhöht. Zwar ist die Stimmung in einigen mit Österreich stark verbundenen Ländern, wie Deutschland
und Frankreich günstiger als im Durchschnitt, insgesamt aber zeigt das mit dem österreichischen Außenhandelsanteilen
gewichtete Industrievertrauen seit fast einem Jahr niedrigere Werte als der ungewichtete Durchschnitt für
die Eurozone an. „Angesichts der steigenden Verunsicherung im Zusammenhang mit der Verschuldungskrise im Euroraum
verschlechterte sich die Stimmung der Verbraucher und der Produzenten im September sehr stark, was den Bank Austria
Konjunkturindikator deutlich nach unten gezogen hat“, so Bruckbauer.
Die Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds in den vergangenen Wochen, die sich in den bisher vorliegenden
Indikatoren für das dritte Quartal 2011 widerspiegelt, hat zwischen Juli und September nur noch ein sehr moderates
Wirtschaftswachstum in Österreich erlaubt. „Wir gehen davon aus, dass sich die Wirtschaftsdynamik in Österreich
von 0,7 Prozent zum Vorquartal im zweiten Quartal 2011 auf magere 0,2 Prozent im dritten Quartal verringert hat“,
meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Ausschlaggebend ist vorrangig die nachlassende Nachfragedynamik
aus dem Ausland, die das Produktionswachstum der heimischen Industrie scharf eingebremst hat.
Der Abwärtstrend im Außenhandel und damit verbunden der exportorientierten Industrie wird sich in den
kommenden Monaten verstärken. Die Auftragsbücher sind derzeit zwar noch gut gefüllt, den Produktionsbetrieben
fehlt es jedoch zunehmend an Neu- und Folgeaufträgen. Die heimische Industrie muss in den kommenden Monaten
daher mit einer kurzen Rezessionsphase rechnen. Die Binnenwirtschaft kann den Nachfrageausfall aus dem Ausland
nicht kompensieren. Angesichts der gestiegenen Konjunktursorgen wird die Investitionstätigkeit zurückhaltender.
Neu- und Erweiterungsinvestitionen werden in unsicherem Umfeld verstärkt aufgeschoben. Das bislang nur moderate
Konsumwachstum erhält in den kommenden Monaten keine frischen Impulse. Im Gegenteil die positive Entwicklung
am Arbeitsmarkt kommt mehr und mehr zum Erliegen. „Der fehlende Antrieb aus dem Ausland in Kombination mit den
schwachen Aussichten für Investitionen und Konsum bringt die österreichische Wirtschaft gegen Ende 2011
an den Rand der Stagnation. Bei anhaltender Verschlechterung der Rahmenbedingungen ist auch ein leichtes BIP-Minus
im Schlussquartal nicht völlig unwahrscheinlich“, meint Pudschedl. Für das Gesamtjahr 2011 erwartet die
Bank Austria dank des starken Erholungstempos in der ersten Jahreshälfte ein Wirtschaftswachstum von rund
3 Prozent.
Die schwächere Konjunkturentwicklung hat einen positiven Nebeneffekt. Die Inflation, die im laufenden Jahr
deutlich über die Marke von 3 Prozent geklettert ist, wird sich angesichts eines abnehmenden globalen Preisauftriebs
bei Rohstoffen verlangsamen. „Bis zum Jahresende wird sich die Inflation vom diesjährigen Höchstwert
von 3,6 Prozent im Jahresvergleich im September langsam verringern, jedoch auch in den kommenden Monaten über
3 Prozent liegen. Im Jahresdurchschnitt 2011 wird die Teuerung nach unserer Einschätzung 3,2 Prozent betragen“,
meint Bruckbauer. Nach dem Jahreswechsel 2011/2012 wird die Inflation etwas stärker sinken, da die kräftigen
Rohstoffpreisanstiege des Vorjahres aus der Berechnung fallen. 2012 wird die Inflationsrate in Österreich
mit zumindest 2,2 Prozent im Jahresdurchschnitt weiter über dem EZB-Zielwert liegen, da durch Zweitrundeneffekte,
etwa bei Mieten, Energiepreisen und öffentlichen Gebühren ein anhaltender Inflationsdruck bestehen wird.
Die reale wirtschaftliche Lage in Österreich ist deutlich besser als die derzeitige Stimmung in der Wirtschaft.
Auch der Bank Austria Konjunkturindikator könnte den bevorstehenden Abwärtstrend deshalb derzeit überzeichnen.
Die asiatischen und lateinamerikanischen Schwellenländer weisen trotz Einbussen weiterhin eine hohe Wachstumsdynamik
auf. Strukturell gut aufgestellte Exportnationen mit weltweit konkurrenzfähigen Unternehmen, wie Österreich
sollten dies weiterhin nutzen können, was positiv auf die Binnenkonjunktur, insbesondere die Investitionsbereitschaft
ausstrahlen sollte. Die heimische Wirtschaft ist auf herausfordernde Zeiten gut vorbereitet, da die Kapazitäten
nach der Krise nur sehr vorsichtig angepasst wurden und im Durchschnitt über ausreichende finanzielle Handlungsspielräume
verfügt wird. „Wir erwarten keinen nachhaltigen Abschwung der Konjunktur wie in der Krise 2008/2009, sofern
es gelingt die Verunsicherung infolge der Staatsschuldenkrise in der Eurozone durch eine glaubwürdige und
nachhaltige solidarische Lösung einzudämmen. Nach einer Konjunkturdelle mit zwei bis drei schwachen Quartalen
rund um den Jahreswechsel 2011/2012 wird sich die Konjunkturerholung daher wieder fortsetzten“, meint Bruckbauer.
Die Rahmenbedingungen bleiben allerdings durch die Notwendigkeit der Entschuldung der öffentlichen Haushalte
begrenzt. Das Wirtschaftswachstum 2012 bleibt daher mit etwa 1 Prozent auch bei Lösung der aktuellen Probleme
niedrig. |