ÖAW-Institut erhält Auszeichnung für implantierbares Mittelohrmikrofon   

erstellt am
12. 10. 11

Erneut NÖ-Innovationspreis an Institut für Integrierte Sensorsysteme
Wien (öaw) - Für die Entwicklung eines mikromechanischen Sensors für Cochlearimplantate erhält das Institut für Integrierte Sensorsysteme (IISS) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) den "Karl Ritter von Ghega"-Preis 2011 des Landes Niederösterreich in der Kategorie Forschung.

Implantierbare Hörhilfen (Cochlearimplantate) sind zurzeit noch auf externe Mikrofone und Signalprozessoren angewiesen, die hinter dem Ohr getragen werden und neben ästhetischen Nachteilen auch akustisch nicht optimal sind. Ziel des Projekts war daher die Erforschung von Möglichkeiten, einen Sensor als Mikrofon direkt in das Mittelohr zu implantieren. „Kernstück des Projekts war die Entwicklung eines akustischen Vibrationsaufnehmers, der an den Gehörknöchelchen des Mittelohrs angebracht werden soll. Durch den hochempfindlichen, mikromechanischen Sensor auf Siliziumbasis kann die Schallinformation direkt aus den Schwingungen des Knochens abgenommen werden“, schildert Institutsdirektor Thilo Sauter. Die nun ausgezeichnete Lösung demonstrierte weltweit erstmalig die technologische Machbarkeit dieses Konzepts.

Extreme Anforderungen an den Sensor
Dabei standen die Wissenschaftler vor einer großen Herausforderung: Aufgrund der minimalen Schwingungsamplituden im Bereich von Picometern sind extreme Anforderungen an die Empfindlichkeit, die Größe mit maximal zwei Millimetern Kantenlänge, das geringe Gewicht (unter 25 Milligramm) und den zulässigen Leistungsbedarf (unter 100 Mikrowatt) des Sensors gestellt.

Für die optimale Auslegung des Sensors war zunächst die Analyse des akustisch-mechanischen Teils des Hörorgans mit Hilfe eines Finite-Elemente-Modelles notwendig, um eine geeignete Position für den Sensor zu finden. Die Sensorkonstruktion selbst wurde analytisch und computernumerisch modelliert, und der Frequenzgang der Empfindlichkeit wurde im Hinblick auf die ebenfalls frequenzabhängige Empfindlichkeit des Gehörs optimiert. Die erzielte Empfindlichkeit reicht aus, um Geräusche mit einem Schalldruckpegel von unter 40 dB zu erkennen. Dieser Pegel entspricht der unteren Schwelle der menschlichen Sprache.

Vollständig implantierte Systeme
Vollständig implantierbare Mikrofone sind eine ideale Ergänzung zu Cochlearimplantaten, weil das Handling für den Patienten stark vereinfacht wird. „Vollständig implantierte Systeme werden die heute üblichen gemischt implantierten/extrakorporalen Ansätze ablösen. Die im Projekt nachgewiesene technologische Machbarkeit auf der Basis von industriell verfügbaren Fertigungsmethoden ist ein wesentlicher Schritt in diese Richtung“, so Thilo Sauter.

Implantierbare Hörhilfen sind für Gehörgeschädigte ein wesentliches Hilfsmittel, wieder in die Gesellschaft eingegliedert zu werden. Für taub Geborene stellen Cochlearimplantate die einzige Möglichkeit zum Spracherwerb dar, der in vielen Fällen ohne Unterschiede zu normal Hörenden abläuft.

Bereits zum zweiten Mal ausgezeichnet
Mit dem "Karl Ritter von Ghega"-Preis würdigt das Land Niederösterreich jedes Jahr seine kreativsten Unternehmen. Die Preise wurden am 11. Oktober 2011 in Baden überreicht. Das ÖAW-Institut wird bereits zum zweiten Mal mit dem NÖ-Innovationspreis, Kategorie Forschung, ausgezeichnet. Im Vorjahr erhielt es den Preis gemeinsam mit dem AIT Austrian Institute of Technology für die Kombination zweier spezieller Messverfahren, die den Energiebedarf drastisch senken und trotzdem extrem empfindlich sind.
     
Informationen: http://www.oeaw.ac.at/iiss    
     
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