Bochum (idw) - Erneuerbare Energien sind auf dem Vormarsch. Doch Solar- und Windenergieanlagen hängen
stark vom Wetter ab. Ein regelbarer Ortsnetztransformator, den Forscher der Technischen Fachhochschule (TFH) Georg
Agricola jetzt entwickelt haben, kann dazu beitragen, eine der entscheidenden Herausforderungen der Energiewende
zu lösen: die Spannungsschwankungen im Energieverteilnetz.
230 Volt - diesen Spannungswert kennt jeder, der ein Elektrogerät an die Steckdose anschließt. Um genau
zu sein: Das Ortsnetz in Deutschland ist auf eine Spannung von 230 V, bzw. 400 V bei Drehstrom, festgelegt. Die
Spannung darf davon um 10 % abweichen, also zwischen 207 und 253 V schwanken. Jenseits dieser Grenzwerte drohen
Geräteausfälle oder gefährliche Schäden. Diesen Toleranzbereich einzuhalten, wird aber für
Netzbetreiber immer schwieriger. Denn mit dem Anteil erneuerbarer Energien wachsen auch die Spannungsschwankungen
im Energieverteilnetz. Sonnenschein und Wind lassen sich eben nicht regulieren, entsprechend unregelmäßig
sind die Energieflüsse und die davon abhängigen Spannungspegel. Außerdem sind die Erzeuger dezentral
verteilt - von der Solaranlage auf dem Hausdach bis zum Windpark auf dem Acker - so dass sich die Schwankungen
kaum an zentraler Stelle im Netz regulieren lassen
Zur Lösung dieser Problematik hat ein Forscherteam der TFH um Prof. Dr. Günter Schulz und Dr. Michael
Bendrat einen regelbaren Ortsnetztransformator konzipiert. Bei der Transformation von der Mittelspannungsebene
(10000 V) in die Ortsnetzebene (400/230 V) kann der Trafo sein Übersetzungsverhältnis automatisch an
die aktuellen Netzverhältnisse anpassen. Die Regelung erfolgt in fünf Stufen, die den gesamten Bereich
der gewöhnlich auftretenden Spannungsschwankungen ausgleichen können.
"Der regelbare Ortsnetztrafo wendet vorhandene Energietechnik an, jedoch auf eine neue Art und Weise. Wir
haben damit eine Art Brückentechnologie geschaffen auf dem Weg zum Smart Grid. Denn bis so ein intelligentes
Energieverteilnetz großflächig aufgebaut werden kann, das für alle Energieerzeuger - vom Großkraftwerk
bis zur hauseigenen Solaranlage - optimiert ist, werden noch viele Jahre vergehen.", erläutert Dr. Michael
Bendrat.
Mit seiner Dissertation, die der wissenschaftliche Mitarbeiter an der TFH in diesem Jahr abgeschlossen hat, legte
Dr. Michael Bendrat den theoretischen Grundstein für diese Pionierarbeit. Gemeinsam mit dem Netzbetreiber
RWE und dem Transformatorhersteller SGB hat das Forscherteam der TFH unter der Leitung von Prof. Dr. Günter
Schulz einen Prototypen entwickelt, der seit Januar 2010 im regulären Netzbetrieb erfolgreich betrieben wird.
Die Entwicklung berücksichtigte technische und wirtschaftliche Aspekte, dabei stand natürlich die Versorgungssicherheit
im Vordergrund.
Das Forschungsprojekt wurde vom Land Nordrhein- Westfalen im Rahmen der Landesinitiative Zukunftsenergien gefördert
und vom europäischen Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert.
Literatur:
Michael Bendrat (2011): Analyse der Spannungsqualität in Verteilnetzen auf der Niederspannungsebene sowie
Realisierung geeigneter Kompensationsmaßnahmen. Diss. Hagen. |