GWG-Novelle im Nationalrat beschlossen: Mitterlehner forciert Wettbewerb und erwartet mehr
Lieferantenwechsel - Sparpotenziale für Kunden von bis zu 170 Euro
Wien (bmwfj) - Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner sieht die Einigung auf das
neue Gaswirtschaftsgesetz (GWG), das am 19.10. mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat beschlossen wurde, als
wichtigen Meilenstein für Österreich: "Mit unserer Novelle erhöhen wir den Wettbewerb am Gasmarkt
und bauen gleichzeitig die Kundenrechte aus. Konkrete Vorteile bringt vor allem der schnellere Lieferantenwechsel,
dazu kommen niedrigere Gebühren für Ab- und Anschaltungen", betont Mitterlehner. "Darüber
hinaus erhöhen wir die Versorgungsicherheit durch optimale Rahmenbedingungen für Investitionen und schaffen
die gesetzliche Basis für die Einführung neuer Smart Meters." Mit dem Inkrafttreten der Novelle
wird das dritte EU-Energiebinnenmarktpaket für den Gasbereich vollständig umgesetzt.
Die GWG-Novelle stärkt die Rechte von Haushalten und Gewerbebetrieben bei der Gasversorgung. Künftig
wird beim Lieferantenwechsel eine Drei-Wochen-Frist gelten, bisher dauerte der Wechsel bis zu acht Wochen. "Wir
wollen, dass die Konsumenten von ihren Wechselmöglichkeiten stärker Gebrauch machen. Das Einsparpotenzial
liegt je nach Bundesland bei bis zu 170 Euro pro Jahr", so Mitterlehner. Im internationalen Vergleich liegt
die österreichische Gas-Wechselrate mit derzeit rund ein Prozent im Haushaltsbereich deutlich im unteren Bereich.
Zum Vergleich: In Deutschland sind es vier Prozent, in den Niederlanden zehn Prozent.
Im Sinne der Kunden wurden auch die Höchstpreisregelungen verbessert. Bisher wurden je nach Anbieter teilweise
über 100 Euro für Ab- und Anschaltungen verrechnet, in Zukunft ist dieser Betrag mit 30 Euro begrenzt.
Sicherstellungen bzw. Vorauszahlungen werden auf eine Monatsrate limitiert, bisher wurden bis zu drei Raten verlangt.
Darüber hinaus wird erstmals ein Recht auf Grundversorgung für private Endverbraucher sowie kleine Unternehmen
verankert. Eine Konsequenz daraus ist, dass ein Versorger den so genannten schutzbedürftigen Kunden nicht
teurere Gaspreise verrechnen darf als anderen Kunden.
Zusätzliche Vorteile bringen die Einrichtung einer zentralen Anlauf- und Beschwerdestelle bei der Regulierungsbehörde
E-Control sowie die gesetzliche Verankerung des Tarifkalkulators. Um die Transparenz weiter zu erhöhen, müssen
auch Werbematerial und Rechnungen verpflichtend mehr Informationen aufweisen. Auf Rechnungen müssen die Versorgungsunternehmen
verpflichtend telefonische Kontaktdaten für Störfälle sowie alle auf Gas entfallenden Steuern und
Abgaben gesondert auflisten. Zudem bekommt der Kunde das Recht, auf Anfrage auch eine unterjährige Abrechnung
zu erhalten
Entflechtung bringt mehr Wettbewerb
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Entflechtung ("Unbundling") der Fernleitungsnetzbetreiber
von den übrigen Aktivitäten eines vertikal integrierten Erdgasunternehmens, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen.
Für die österreichischen Fernleitungsbetreiber (OMV Gas GmbH, TAG GmbH, BOG GmbH) stehen künftig
vier Entflechtungsmodelle zur Auswahl:
- Die eigentumsrechtliche Entflechtung als Grundmodell: dabei wird das Übertragungsnetz vollständig
herausgelöst und verkauft.
- Der unabhängige Netzbetreiber (Independent System Operator - ISO): das Eigentum darf beim bisherigen Betreiber
bleiben. Das gesamte Netz wird aber von einem fremden Unternehmen gemanagt.
- Der unabhängige Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber (Independent Transmission Operator -
ITO): dabei muss das Fernleitungsnetz in eine separate Gesellschaft ausgelagert werden, darf aber im bestehenden
Konzern bleiben. Es gelten jedoch strikte Trennungsvorschriften.
- Ebenfalls zulässig ist eine Mischform, die gemäß den EU-Vorgaben Elemente des ISO- und ITO-Modells
miteinander verbindet.
Änderungen gibt es auch für Verteilernetzbetreiber, die Unternehmen und Haushalte direkt beliefern. Der
Markenauftritt (Logo, Name etc.) muss künftig so erfolgen, dass die Kunden klar zwischen Netzbetreiber und
Gaslieferant unterscheiden können. Dafür müssen aber keine überflüssigen Parallelstrukturen
geschaffen werden. Die bisher gültige Rechtslage wurde in diesem Punkt lediglich an die Vorgaben der EU-Richtlinie
angepasst.
Stärkung des Gashandels fördert Drehscheiben-Funktion Österreichs
Verbesserungen bringt die GWG-Novelle auch beim Gashandel: Aufgrund der EU-Vorgaben ist das "Entry-Exit-Modell"
in Österreich einzuführen. Derzeit werden die Tarife noch abhängig von den Vertragswegen verrechnet:
Die Gasmengen können nur gehandelt werden, wenn auch die jeweiligen Transportkapazitäten verfügbar
und bei den einzelnen Netzbetreibern gebucht worden sind. In Zukunft sind die Tarife für die Gaslieferanten
transport- und streckenunabhängig und fallen nur noch für die Ein- und Ausspeisung im Fernleitungssystem
an. "Diese Liberalisierung erleichtert im gesamten österreichischen Fernleitungsnetz den Gashandel, was
zu mehr Wettbewerb und Gasverfügbarkeit im Interesse der Kunden führen soll. Zusätzlich kann Österreich
seine Drehscheibenfunktion am internationalen Gasmarkt ausbauen", betont Mitterlehner. Unter anderem angesichts
der gut ausgebauten Gasinfrastruktur - Österreich besitzt rund neun Prozent der europäischen Gasspeicherkapazitäten
- könne man von der EU-weiten Liberalisierung überproportional profitieren.
Einführung von "Smart Meters" - Höhere Versorgungssicherheit
Die Novelle schafft auch den Rechtsrahmen für die Einführung von intelligenten Mess-Systemen
("Smart Meters") am Gasmarkt, was mehr Transparenz und den effizienteren Einsatz von Energie ermöglichen
soll. Die Details zu Einführungszeitraum und Flächendeckung legt der Wirtschaftsminister unter Einbeziehung
der Stakeholder (Gaswirtschaft, Konsumentenvertreter, E-Control) fest. Die Regulierungsbehörde soll - wiederum
in Absprache mit den Stakeholdern - für einheitliche technische Standards sorgen.
Die GWG-Novelle erhöht auch die Versorgungssicherheit. Künftig wird die Qualitätssicherung und der
Ausbau der Gasleitungen durch die gesetzliche Verankerung der "Anreizregulierung" unterstützt. Die
Systemnutzungsentgelte für die Netzeigentümer müssen demnach eine angemessene Vergütung für
die Aufrechterhaltung der Infrastruktur sowie neue Investitionen in das Netz darstellen, sofern diese wirtschaftlich
und effizient getätigt werden. Darüber hinaus müssen die Fernleitungsnetzbetreiber der Regulierungsbehörde
jährlich einen koordinierten zehnjährigen Netzentwicklungsplan vorlegen.
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