Europäische Kommission legt erstmals gemeinsame Definition vor
Brüssel (ec.europa) - „Nanomaterialien“ sind gemäß einer von der Europäischen
Kommission heute angenommenen Empfehlung Materialien, deren Hauptbestandteile eine Größe zwischen 1 und
100 Milliardstel Metern haben. Diese Bekanntmachung ist ein wichtiger Schritt hin zu einem besseren Schutz für
die Bürgerinnen und Bürger, indem klar definiert wird, welche Materialien in spezifischen Rechtsvorschriften
besonders behandelt werden müssen.
EU-Umweltkommissar Janez Potoc(nik erklärte: „Ich freue mich, sagen zu können, dass die EU als erste
eine sektorübergreifende Definition von Nanomaterialien vorgelegt hat, die für alle Regelungszwecke zu
verwenden ist. Auf der Grundlage wissenschaftlicher Beiträge und einer breit angelegten Konsultation sind
wir zu einer schlüssigen Definition gelangt. Die Industrie benötigt einen klaren, kohärenten Regelungsrahmen
in diesem wichtigen Wirtschaftszweig, und die Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht auf präzise
Informationen über diese Stoffe. Diese Definition ist ein wichtiger Schritt im Hinblick auf den Umgang mit
etwaigen Umwelt- und Gesundheitsrisiken. Zugleich wird sichergestellt, dass das Potenzial dieser neuen Technologie
voll ausgeschöpft werden kann.“
Nanomaterialien werden bereits in Hunderten von Anwendungen und Konsumgütern eingesetzt, von Zahnpasta bis
zu Batterien, Farben und Kleidung. Die Entwicklung dieser innovativen Stoffe ist ein wichtiger Faktor für
die Wettbewerbsfähigkeit Europas; zudem können diese Stoffe zu erheblichen Fortschritten in Bereichen
wie Medizin, Umweltschutz und Energieeffizienz führen. Da aber Unsicherheit über die möglichen Risiken
bestehen, ist eine klare Definition erforderlich, damit geeignete Bestimmungen über die Sicherheit von Chemikalien
angewendet werden können. Die Definition wird allen Interessenträgern einschließlich Industrieverbänden
nützen, indem Kohärenz in die Vielzahl von Definitionen gebracht wird, die in den einzelnen Wirtschaftszweigen
derzeit verwendet werden. Im Jahr 2014 wird die Definition im Lichte des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts
überprüft.
Mit dieser Empfehlung kommt die Kommission außerdem einer dem Europäischen Parlament im Jahr 2009 gemachten
Zusage nach, eine einzige Definition vorzulegen, die umfassend auf alle Nanomaterialien betreffende EU-Rechtsvorschriften
angewendet werden kann.
Die heute angenommene Definition basiert auf einem Ansatz, bei dem die Größe der konstituierenden Partikel
und nicht etwaige Gefahren oder Risiken berücksichtigt werden. Ein Nanomaterial wird beschrieben als „ein
natürliches, bei Prozessen anfallendes oder hergestelltes Material, das Partikel in ungebundenem Zustand,
als Aggregat oder als Agglomerat enthält, und bei dem mindestens 50 % der Partikel in der Anzahlgrößenverteilung
ein oder mehrere Außenmaße im Bereich von 1 nm bis 100 nm haben.“
Die Definition stützt sich auf wissenschaftliche Gutachten des Wissenschaftlichen Ausschusses „Neu auftretende
und neu identifizierte Gesundheitsrisiken“ (SCENIHR) und der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC). Ein Entwurf der
Definition war Gegenstand einer öffentlichen Konsultation.
Hintergrund
Nanomaterialien werden derzeit durch verschiedene Rechtsinstrumente auf EU- und einzelstaatlicher Ebene geregelt.
Die Definitionen wurden jedoch auf Einzelfallbasis ausgearbeitet und unterscheiden sich von einem Wirtschaftszweig
zum anderen, was für die Industrie einen unnötigen Aufwand bedeutet und die öffentliche Debatte
über die Risiken und Vorteile dieser Stoffe erschwert. Mit dieser Empfehlung erhalten die EU-Gesetzgeber eine
Rechtsgrundlage für Nanomaterialien, die bei der Annahme neuer bzw. der Anwendung bestehender Rechtsvorschriften
zugrunde zu legen ist.
Anlässlich der ersten Registrierungsfrist (30. November 2010) im Rahmen von REACH, der umfassenden Chemikalienpolitik
der EU, wurde deutlich, dass die Unternehmen größere Klarheit über ihre Verpflichtungen im Zusammenhang
mit Nanomaterialien benötigten. Eine wichtige Aufgabe von REACH besteht darin, Informationen über die
Eigenschaften von Nanomaterialien als chemischen Stoffen zu sammeln. Dank der Definition wird es für die Unternehmen
leichter, ihre Registrierungsdossiers zu bewerten und exakt zu bestimmen, wann sie ihre Produkte als Nanomaterialien
betrachten sollten. |