Budgetausschuss: Studiengebühren sind nicht vom Tisch   

erstellt am
07. 11. 11

Wissenschaftsminister erörtert Ziele und Maßnahmen seines Ressorts
Wien (pk) - Im Zentrum der am Abend des 04.11. im Budgetausschuss über das Unterkapitel Wissenschaft und Forschung geführten Debatte standen neben den konkreten Zahlen des Bundesvoranschlags 2012 vor allem auch jene Maßnahmen, die Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle zur Verbesserung der Situation der heimischen Universitäten angeregt hatte. Dementsprechend interessierten sich die Abgeordneten auch für seine Überlegungen in Hinblick auf die Einführung eines neuen Studienbeitragsmodells und den Entwicklungsstand des Hochschulplans.

Dass man sich mit den vorgesehenen Aufwendungen in Höhe von rund 3,848 Mrd. € auf dem Pfad, der zur Erreichung von 2 % des BIP für Wissenschaft und Forschung führe, befinde, wurde von einigen MandatarInnen jedoch in Zweifel gezogen. Vor allem die Abgeordneten Alexander Van der Bellen (G) und Rainer Widmann (B) zeigten sich diesbezüglich überaus skeptisch. Der mit dem Budget vorgezeichnete Weg weise nicht in eine Richtung, die Hoffnung gebe, dass das Ziel haltbar sein werde, zeigten sie sich überzeugt. Für V-Mandatar Heribert Donnerbauer stand hingegen außer Frage, dass es sich beim vorliegenden Wissenschaftsbudget um kein "echtes Sparbudget" handle, zumal erhebliche Einschnitte ausgeblieben seien. Man müsse aber bedenken, dass gewisse Sparzwänge unweigerlich bestünden.

Töchterle: Budgetkonsolidierung ohne Einschnitte bei Kernaufgaben
Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle erläuterte, sein Ressort werde zwar zur Budgetkonsolidierung beitragen, doch blieben die Kernaufgaben des Ministeriums von Einsparungen weitgehend unberührt. Die Ausgaben für die Universitäten würden mit dem Ziel einer weiteren Schwerpunktsetzung im Bereich Wissenschaft sogar erhöht: Damit stünden nunmehr Mittel in Höhe von rund 2,956 Mrd. € (inkl. Klinikaufwendungen) zur Verfügung. Erhöht werden außerdem auch die Ausgaben für die Fachhochschulförderung, um den tertiären Bildungssektor noch weiter zu stärken.

Die Setzung budgetärer Schwerpunkte, wie sie von Abgeordneter Andrea Kuntzl (S) angesprochen worden war, habe man also derart vorgenommen, dass Universitäten, Fachhochschulen, FWF, Ludwig Boltzmann Gesellschaft und Akademie der Wissenschaften weitgehend von Einschnitten verschont blieben. Natürlich sei es aber auch hier mancherorts notwendig gewesen, "Opfer zu bringen" und neue Kooperationen einzugehen, von denen letztlich alle profitierten, erläuterte Töchterle.

Was die budgetäre Situation des Ressorts anbelange, verfüge man über Rücklagen in Höhe von 331 Mio. €, wovon jedoch nur 8 Mio. € frei jeder Zweckbindung seien. Die Bedenken von G-Mandatar Kurt Grünewald in Hinblick auf die Möglichkeit eines Rückgriffs auf diese Mittel durch Finanzministerin Fekter wollte der Wissenschaftsminister dementsprechend zerstreut wissen. Was die von Seiten der Abgeordneten Andrea Kuntzl (S), Sabine Oberhauser (S), Kurt Grünewald (G) und Andreas Karlsböck (F) angesprochenen finanziellen Nöte einiger Universitätsstandorte anbelange, wolle er, so Töchterle, Gespräche zur Erörterung der Entstehung der Fehlbeträge führen. Das Problem der Querfinanzierung von Krankenhäusern durch Medizinische Universitäten sei außerdem bekannt, räumte er gegenüber G-Mandatar Grünewald ein. Er wolle versuchen, eine diesbezügliche Lösung zu finden, wobei ein "modus vivendi" statt eines "casus belli" anzustreben wäre.

Zahlreiche Detailfragen, die Leistungsvereinbarungen, Hochschulplan, Curricula, Doktoratsstudien, Studienförderung und Ausgleichszahlungen betroffen hatten und von Seiten der Abgeordneten Walter Rosenkranz (F), Andrea Kuntzl (S), Harry Rudolf Buchmayr (S), Kurt Grünewald (G), Katharina Cortolezis-Schlager (V), Silvia Fuhrmann (V), Andreas Karlsböck (F) und Renate Csörgits (S) formuliert worden waren, beantworte Töchterle äußerst ausführlich.

Die mit den Universitäten geschlossenen Leistungsvereinbarungen bezeichnete der Wissenschaftsminister in diesem Zusammenhang als äußerst taugliches Instrument, das sich bewährt habe. Diesbezügliche Verbesserungen seien jedoch immer möglich und anzustreben.

Was den Hochschulplan anbelange, so dürfe man nicht davon ausgehen, dass er jemals ein fertiges Produkt sein könne: Es hafte ihm schließlich etwas Prozesshaftes an, zeigte sich Töchterle überzeugt. Die Konstituierung einer Hochschulkonferenz im Sinne eines kleinen und damit arbeitsfähigen Gremiums hob der Wissenschaftsminister in diesem Zusammenhang als besonders positiven Schritt hervor. Schließlich könnten ihre Empfehlungen an sein Ressort über das Instrument der Leistungsvereinbarung gewinnbringend umgesetzt werden. Bauleitplan und Forschungsinfrastrukturplan sollen außerdem eine neue Qualität in die Planung von Projekten bringen und Entscheidungen transparenter machen. Mit letzterem werde außerdem auch die Nutzung von Synergieeffekten gefördert, erläuterte Töchterle. Veränderungen gelte es überdies auch im Bereich der Universitätsfinanzierung vorzunehmen. Er sprach in diesem Zusammenhang von der Etablierung eines kapazitätsorientierten Modells, dessen Umsetzung ungefähr neun Jahre in Anspruch nehmen werde. Die diesbezüglichen Berechnungen stelle man gerade an, dem Koalitionspartner wolle man die Ergebnisse eventuell noch Anfang Dezember präsentieren, informierte er.

Dass die den Universitäten zugestandene Autonomie zu Unterschieden hinsichtlich der Curriculums-Gestaltung geführt habe, müsse er einräumen, meinte der Wissenschaftsminister. Seiner Vorgängerin Beatrix Karl sei es mit der Initiative "Bologna reloaded" aber gelungen, eine Fülle von Maßnahmen zur Gegensteuerung zu setzen, um die Kompatibilität der Curricula zu verbessern. Er persönlich sähe grundsätzlich lieber einen Fokus auf die Formulierung von Lernzielen gesetzt: Eingriffe in organisatorische Abläufe wären schließlich weit weniger zielführend.

In Hinblick auf die Verringerung der hohen Drop-Out-Quote von DissertantInnen setzte der Bundesminister große Hoffnungen in die neuen PhD-Programme. Hiermit soll die Promotionskultur verändert und eine Einbindung von Doktoratsstudierenden in die Forschungslandschaft der jeweiligen Institution sichergestellt werden, erläuterte er. Was das wahrnehmbare Ungleichgewicht zwischen Geisteswissenschaften und MINT-Fächern anbelange, so sei es zu einem Teil wohl auch auf das laut ExpertInnen unterschiedliche Dissertationsniveau in diesen Fächergruppen zurückzuführen, meinte Töchterle: Teile der österreichischen Geisteswissenschaft seien im europäischen Kontext schließlich noch nicht konkurrenzfähig. Das treffe freilich nicht auf alle Bereiche zu: In einigen Disziplinen habe man bereits Weltgeltung erreicht.

Töchterle plädierte in Beantwortung der Fragen der Abgeordneten außerdem dafür, das System der österreichischen Studienförderung nicht schlechter zu reden als es tatsächlich sei. Rechne man die Aufwendungen für die nach dem 18. Lebensjahr ausbezahlte Familienbeihilfe und die Studienbeihilfen zusammen, stehe man schließlich relativ gut da. In den Jahren 2007/2008 habe man außerdem eine Erhöhung der Studienförderung und der Einkommensgrenzen vorgenommen und bessere Bedingungen für Studierende mit Kindern und gesundheitlichen Beeinträchtigungen geschaffen, erinnerte er. Ein Lob sprach Töchterle in diesem Zusammenhang auch der zentralen Studienbeihilfenbehörde aus, die mit ihrer Arbeit unter Beweis stelle, dass eine Antragstellung alles andere als bürokratisch sein müsse.

Was die ebenfalls angesprochene Option von Ausgleichszahlungen durch Herkunftsstaaten von Studierenden anbelange, habe es schon Gespräche gegeben, informierte der Wissenschaftsminister. Deutschland wäre jedoch nicht bereit, finanzielle Mittel dafür zu überlassen. Österreich habe das Thema der asymmetrischen Mobilität im Hochschulbereich aber auf EU-Ebene zur Diskussion gestellt, womit ein erster Schritt in die richtige Richtung gelungen sei, zeigte sich Töchterle überzeugt.

Pattstellung beim Thema Studiengebühren
Was das von ihm vorgeschlagene neue Studienbeitragsmodell anbelange, befinde man sich derzeit in einer Pattstellung, räumte Töchterle ein. Das Thema sei damit aber noch nicht vom Tisch: Er wolle die derzeitige, unbefriedigende Situation auflösen. Mit der in Aussicht gestellten Hochschulmilliarde und der Einhebung von Studienbeiträgen befände man sich außerdem auch präzise auf dem Pfad, der zur Erreichung von 2 % des BIP für Wissenschaft und Forschung führe.

Die Möglichkeit, die für Universitäten bislang bestehe, Gebühren einzuheben, wäre mit einer gewissen Rechtsunsicherheit verbunden, räumte Töchterle ein. Sie sei aber vom besten Kenner des Universitätsgesetzes für valide befunden worden.

Die faktische Abschaffung der Studiengebühren im Jahr 2008 hätte eine erneute Verstärkung der Planungsunsicherheit der Universitäten zur Folge gehabt, skizzierte Töchterle. Schließlich wären sie ein probates Mittel gegen das "Mitschleppen" von "Wackelkandidaten", die "auf Verdacht" inskribierten, gewesen. Auch vor dem Hintergrund dieses Lenkungseffekts müssten Studienbeiträge hinkünftig im Zentrum budgetärer Überlegungen stehen, versicherte er – eine Position, die auch V-Mandatarin Katharina Cortolezis-Schlager und B-Abgeordneter Rainer Widmann teilten.

Töchterle: MedAustron ist ein wichtiges Projekt
Auf Fragen der Abgeordneten Walter Rosenkranz (F) und Ruperta Lichtenecker (G) hielt Töchterle fest, dass er das Projekt MedAustron für wichtig und in Hinblick auf die Heilungschancen von KrebspatientInnen zukunftsweisend halte. Dass man damit Grundlagenforschung des CERN unmittelbar zum Nutzen des Menschen einsetze, sei eine überaus positive Entwicklung. Im Budget 2012 schlägt der vereinbarte Beitrag zur Errichtung von MedAustron mit 7,8 Mio. € zu Buche.
     
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