Präsidenten der Landtage stimmten Positionen ab   

erstellt am
04. 11. 11

Illmer: Landtagspräsidentenkonferenz als Lobbying-Organisation für regionale Selbstbestimmung und Bürgernähe
Salzburg (lk) - "Wir haben die Landtagspräsidentenkonferenz, die als informelles Treffen ähnlich der Landeshauptleutekonferenz diesmal in Salzburg stattgefunden hat, wieder dazu genutzt, um wichtige Themenbereiche untereinander abzustimmen und zu koordinieren. Die Landtagspräsidentenkonferenz versteht sich dabei als Lobbying-Organisation für regionale Selbstbestimmung und Bürgernähe. Dabei können wir durchaus auf Erfolge in der Vergangenheit verweisen". Dies erklärte Landtagspräsident Simon Illmer am 04.11. bei einem Informationsgespräch zum Abschluss der zweitägigen Landtagspräsidentenkonferenz.

So haben die Landtage in einer über die Präsidenten koordinierten Vorgangsweise bei der Gesetzwerdung des Lissabon-Begleit-Bundesverfassungsgesetzes im Sommer vergangenen Jahres entschieden für ein selbstständiges und vollwertiges Klagerecht des Bundesrates bei der Subsidiaritätsprüfung interveniert. "Im Gesetzesantrag der Nationalratsparteien wäre der Bundesrat zu einer Randrolle degradiert worden, heute ist er mit den gleichen Rechten wie der Nationalrat ausgestattet, die Landtage haben hier ein Mitspracherecht und somit einen direkten Weg zum Europäischen Gerichtshof", sagte Illmer und griff mit der Neuordnung der Immunität der Abgeordneten und der Finanzkontrolle zwei Schwerpunkte der heutigen Beratungen heraus.

Die Diskussion der Neuordnung der Abgeordnetenimmunität hat in Wien für die Abgeordneten des National- und des Bundesrates begonnen. Illmer erinnerte an den "Untersuchungsausschuss über Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Rahmen des Parlaments" vom August 2009. Nationalratspräsidentin Mag. Barbara Prammer hat damals eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Erkenntnisse dieses Untersuchungsausschusses zu einem neuen Immunitätsrecht für Abgeordnete verarbeiten sollte. "Für die Landtage ist die Änderung der Abgeordnetenimmunität in der Bundesverfassung in zweifacher Hinsicht von Bedeutung. Zum einen betrifft eine solche Änderung die von den Landtagen entsendeten Bundesräte, zum anderen sind diese neuen Grundlagen natürlich auch für die Immunitätsregelungen der Landtagsabgeordneten umzusetzen. Die Landtagspräsidenten haben sich daher bereits 2010 unter dem Vorsitz Wiens in die Diskussion eingeschaltet und unter dem Vorsitz meines Kollegen Gerhard Steier im ersten Halbjahr 2011 dann eigene inhaltliche Stellungnahmen abgegeben, die größtenteils mit den jeweiligen Landtagsparteien abgestimmt sind und von diesen mitgetragen werden", erläuterte Illmer.

Vorbehalte in den Landtagen bestehen insbesondere gegen die Ausdehnung der beruflichen Immunität der Abgeordneten, wonach sie für wahrheitsgetreue Berichte aus den Sitzungen nicht mehr verantwortlich gemacht werden könnten. Dies galt bisher nur für Dritte, also etwa Medienvertreter. Das Hauptbedenken ist, dass Abgeordnete damit in die Lage versetzt würden, öffentlich jede Behauptung in die Welt setzen zu können, wenn sie sie vorher auch in der Sitzung getätigt haben. Dies ist derzeit nicht der Fall. Wenn Abgeordnete jemanden in der Sitzung beleidigen, ist dies – abgesehen von sitzungspolizeilichen Maßnahmen – straffrei, sagen sie dasselbe nach der Sitzung in die Kamera, können sie belangt werden. Einige Landtage haben sich auch gegen die Ausdehnung der Immunität auf Mitarbeiter der Parlamentsparteien ausgesprochen.

"Mir war es vor allem wichtig, dass in der Salzburger Stellungnahme die Bedeutung der neuen Medien hervorgehoben wird und eine Veröffentlichung etwa auf einer Internetplattform oder auch mittels Ton und Film von der Immunität mit umfasst sind. Fest steht für uns jedenfalls, dass die beabsichtigten Regelungen zahlreiche Fragen, Auslegungs- und Vollzugsprobleme aufwerfen, auf die die Landtage die Nationalratspräsidentin hinweisen konnten. Die Landtagspräsidenten haben daher ihre Forderung bekräftigt, bei der weiteren Gesetzeswerdung eingebunden zu bleiben. Der Bund braucht hier offensichtlich die Expertise der Landtage", so Illmer.

Strenge Finanzkontrolle nicht nur für Gemeinden
Beim Schwerpunkt "Finanzkontrolle" setzten sich die Landtagspräsidenten einerseits mit der neuen Kompetenz der Landesrechnungshöfe auseinander, Gemeinden unter 10.000 Einwohner künftig prüfen zu dürfen. Für den Rechnungshof in Wien wurde die Prüfgrenze parallel dazu von 20.000 auf 10.000 Einwohner gesenkt. Illmer: "Zurzeit schauen alle Bundesländer mit Interesse nach Salzburg, weil es bei uns bereits einen Begutachtungsentwurf zur Umsetzung dieser Prüfkompetenz im Landesrechnungshofgesetz gibt. Die Gemeinden gehören heute zu den am besten geprüften öffentlichen Körperschaften in Österreich." Alle Gemeinden haben einen Überprüfungsausschuss, in dem alle Fraktionen in gleicher Stärke vertreten sind und dessen Vorsitz nicht von der Bürgermeisterfraktion ausgeübt werden darf. Dort wird nicht nur die Kassaprüfung durchgeführt, sondern auch die Einhaltung des Haushalts und die Auftragsvergaben überwacht. Alle Gemeinden werden von den Landesregierungen und der Bundesregierung als Gemeindeaufsichtsorgane überwacht. Praktisch jedes finanzwirtschaftliche Geschäft einer Gemeinde ist in Salzburg zudem vorher von der Gemeindeaufsicht zu genehmigen. Natürlich unterliegen die Gemeinden auch noch der Kontrolle der Finanzbehörden des Bundes und der Justiz. "Vor diesem Hintergrund hätte ich mir gewünscht, dass man die neuen Prüfkompetenzen der Rechnungshöfe nicht zuerst einführt und sich dann ihre Reichweite überlegt, sondern dass man zuerst geschaut hätte, wo gibt es Kontrollmankos, und dann diese neuen Kompetenzen gesetzlich genau definiert hätte. Wenn man sich dann noch vor Augen führt, dass im Jahr 2010 der Bund mit mehr als zehn Milliarden Euro Maastricht-Defizit abgeschlossen hat, das Land Salzburg mit 30 Millionen Euro Defizit, die Gemeinden des Landes positiv bilanziert haben und der Anteil der Schulden aller österreichischen Gemeinden an der Gesamt-Staatsverschuldung nicht einmal vier Prozent beträgt, dann frage ich mich, ob wir uns mit einer neuen Prüfungsart für Gemeinden nicht auf die Falschen konzentrieren", erklärte Illmer, der auf eine langjährige Erfahrung als Bürgermeister zurückgreifen kann.

Vorabprüfung des Rechnungsabschlusses
"Den eindeutig wichtigeren Punkt der Landesrechnungshofgesetz-Novelle sehe ich in der neuen Kompetenz, den Rechnungsabschluss des Landes vor dessen Genehmigung durch den Landtag vom Landesrechnungshof prüfen zu können. Damit wird die Kontrollfunktion des Landtages erheblich verbessert und aufgewertet. Mit der Prüfung des Rechnungsabschlusses durch unseren Landesrechnungshof erhalten wir Abgeordneten eine völlig neuartige Möglichkeit, den von der Landesregierung vorgelegten Rechnungsabschluss zu beurteilen und die richtigen Fragen zu stellen. Der Landesrechungshof wird uns künftige eine Landkarte durch den Zahlendschungel des Rechungsabschlusses liefern. Zentraler Punkt der Novelle ist die Einführung einer gesetzlich verpflichtenden Prüfung des von der Landesregierung vorgelegten Rechnungsabschlusses durch den Landesrechungshof. Dieser Bericht des unabhängigen und weisungsfreien Prüforgans des Landtags muss den Fraktionen für die Ausschussberatungen über den Rechnungsabschluss zur Verfügung stehen und soll die Kontrollmöglichkeiten des Landtags in Budgetangelegenheiten wesentlich stärken. Durch das Entgegenkommen von Finanzreferent Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. David Brenner konnte der Landesrechnungshof bereits den Rechnungsabschluss 2009 – und nun auch heuer den von 2010 – prüfen, um dem Landtag zeitgerecht zu berichten. Die Resonanz der Fraktionen war durchwegs positiv. Ich erwarte mir, dass der Landesrechnungshof auch den Abschluss 2011 in dieser Form prüfen wird können, auch wenn die Gesetzesnovelle bis Jahresende noch nicht beschlossen sein sollte", forderte Illmer.

Staatsschuldenausschuss zu echtem Stabilitätsrat aufwerten
"Ein weiterer Bereich der öffentlichen Finanzkontrolle, den wir heute beraten haben, ist der kürzlich abgeschlossene Stabilitätspakt 2011. Die Ratifizierungsverfahren auf Länderebene sind im Wesentlichen abgeschlossen, für Salzburg rechne ich mit einer entsprechenden Beschlussfassung in der Plenarsitzung am kommenden Mittwoch. Ich denke aber, dass es die derzeitige Finanzsituation Österreichs nicht erlaubt, zur Tagesordnung überzugehen. Ich habe daher mit meinem Vorsitznachfolger Präsident Friedrich Bernhofer aus Oberösterreich im heurigen Sommer die Forderung aufgestellt, den Staatsschuldenausschuss zu einem echten Stabilitätsrat nach deutschem Vorbild aufzuwerten", sagte der Salzburger Landtagspräsident.

"Gegenwärtig wird sogar über eine ständige EU-weite Wirtschaftregierung nachgedacht und bei uns treffen einander der Finanzminister und die Finanzreferenten der Länder alle drei bis vier Jahre und vereinbaren hinter verschlossenen Türen Stabilitätsbeiträge, die im Krisenfall dann ja doch nicht halten, weil sich in der Zeit dazwischen niemand zuständig fühlt. Das hat der heuer abgeschlossene Stabilitätspakt gezeigt, in dem einfach die Grenzwerte hinaufgesetzt wurden. Mit dieser Kongresspolitik können wir öffentliche Haushalte heute nicht mehr steuern. Wir brauchen eine begleitende Kontrolle", betonte Illmer und verwies auf die Vorteile eines echten Stabilitätsrats nach deutschem Vorbild:

  • Drei Gremien werden zu einem funktionierendem zusammengefasst, mit den Ländern auf Augenhöhe.
  • Haushaltsnotlagen werden frühzeitig erkannt, die Lösungskompetenz verbleibt bei den betroffenen Gebietskörperschaften, der Rat leistet Hilfestellung.
  • Beschlüsse fallen mit allen Beteiligten am Tisch, aber mit qualifizierter Mehrheit, das heißt einerseits ist niemand ausgeschlossen, andererseits kann aber auch niemand allein einen Beschluss verhindern.

"Ich werde diese Forderung jedenfalls weiter verfolgen und hoffe, dass sie im nächsten halben Jahr weiter auf der Agenda der Landtagspräsidenten bleibt", so der Landtagspräsident.

Jugendliche besser in das Landtagsgeschehen einbinden
"Ein letzter Punkt, der mir persönlich sehr am Herzen liegt, ist der Stellenwert des Parlamentarismus in den Augen der Jugendlichen. Wir haben heute in der Tagung einen Erfahrungsbericht aus Tirol bekommen, wo man die Demokratiewerkstatt des Wiener Parlaments zu Gast hatte. Wir haben in Salzburg die Erfahrung gemacht, dass Jugendliche nicht in den Landtag kommen, um eine Simulation durchzuspielen, sie wollen wirklich am politischen Prozess partizipieren. Vor dem Können kommt aber natürlich das Lernen, nur leider wird die Landespolitik an den Schulen in der politischen Bildung oft nur am Rande oder gar nicht behandelt. Wir haben daher in Salzburg einen dreifachen Weg beschritten", zeigte Illmer auf:

"Wir haben in Salzburg zwei österreichweit anerkannte Experten zum Thema 'Politische Bildung', nämlich Vizerektor Dr. Christoph Kühberger und Prof. Dr. Elfriede Windischbauer von der Pädagogischen Hochschule (PH). Ich konnte diese beiden Fachleute mit Zustimmung aller Landtagsparteien dafür gewinnen, für den Unterricht 'Politische Bildung' einen Lehrerleitfaden für alle Schultypen auszuarbeiten, mit der Landespolitik jugendgerecht und didaktisch hochwertig vermittelt werden kann. Der Behelf soll bei den betreffenden Lehrer-Fortbildungen an der PH zum Einsatz kommen und über den Landesschulrat Verbreitung finden. Ich habe den anderen Landtagen heute angeboten, diesen Unterrichtsbehelf ebenfalls zu verwenden und im jeweiligen Bundesland einzusetzen.

Wir haben das Salzburger Schüler/innenparlament zu einem echten Jugendparlament aufgewertet, indem wir dessen Beschlüsse im Landtag behandeln und die Regierungsmitglieder dazu Stellung nehmen lassen. Das Schüler/innenparlament ist und bleibt aber eine selbständige Veranstaltung der Landesschülervertretung, in der die Jugendlichen selber die Zügel in der Hand haben. Jugendpolitik und Landespolitik können sich dort also auf Augenhöhe begegnen. Das ist für mich ein echtes Stück Jugendpartizipation, das es in dieser Form nirgends in Österreich gibt.

Zu diesen beiden Schritten hat der Salzburger Landtag beschlossen, sich einen neuen, jugendgerechten Internet-Auftritt zuzulegen. Wir werden dazu aber keine Agentur beauftragen, die einfach nur einen Grafitti-Version der jetzigen Landtagshomepage anfertigt, sondern die neue Jugendhomepage des Landtags wird in einem Matura-Projekt an der HAK 2 in Salzburg entstehen. Denn wer könnte einen solchen Auftritt für Jugendliche besser machen. als die Jugendlichen selber?", so Illmer abschließend.

Neben den Beratungen der Landtagpräsidenten stand heute auch ein Fachvortrag Univ.-Prof. Dr. Kurt Schmoller von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Salzburger Universität zum Thema "Strafrecht und Strafverfahrensrecht. Interessenvertretung – Intervention – Korruption. Zur Reichweite der Amts- und Korruptionsstraftatbestände" auf dem Programm der Landtagspräsidentenkonferenz

     
zurück