Bericht über den 10.10/01.11.2011
 
 

erstellt am
02. 11. 11

Wien (öj/mg) - Die deutsche Filmemacherin Jessica Krummacher erzählt in "Totem" (D 2011) von einer Familie aus dem Ruhrgebiet. Ein Haus mit Garten, darin zwei Kaninchen, ein Ehepaar, Claudia und Wolfgang, beide um die 40, und zwei minderjährige Kinder, Nicole und Jürgen. Darüber hinaus noch der viel ältere Freund von Nicole und zwei … ja - Puppen, die von der Mutter wie neugeborene Zwillinge versorgt werden. In diesem Haushalt soll Fiona als Mädchen für alles arbeiten, putzen, kochen, die ‚Zwillinge' versorgen, Essensreste von den Tellern aufessen und die einzelnen Familienmitglieder versorgen. Sie findet in diesem Haus einen Zustand von Lethargie vor, den sie nicht überwinden kann, denn auch sie zeichnet sich durch Passivität aus. Sie wird in ein Vakuum gesogen, aus dem es nur einen Ausweg gibt.
"Totem" wurde dieses Jahr als einziger deutscher Spielfilm bei der Biennale in Venedig gezeigt.

"Tao Jie" (Ann Hui, Hongkong/China 2011) ist ein langer, über mehrere Jahre andauernder Abschied von der ‚guten Seele' der Familie Leung. Ah Tao arbeitete über 60 Jahre lang als Bedienerin und half den einzelnen Familienmitgliedern in den schwierigsten Lebenssituationen. Nun braucht sie selbst Hilfe und da wird es für Roger, einen Regisseur, Zeit, all das Gute zurückzugeben, das er von Ah Tao als Kind und später als Erwachsener erhalten hatte.

Der neueste Film des iranischen Regisseurs Asghar Farhadi "Jodaeiye Nader az Simin" (Iran 2011) ist die Gesichte einer Trennung. Simin will sich von ihrem Mann Nader trennen, weil dieser sie nicht ins Ausland begleiten möchte, sondern in Teheran bei seinem an Alzheimer erkrankten Vater bleiben möchte. Sie erhält zwar die Scheidung, doch die 13-jährige Tochter Termeh soll bei dem Vater leben. Das hat sich Simin ganz anders vorgestellt, sie hat jedoch 40 Tage Zeit, Nader umzustimmen, um doch noch mit der Tochter auswandern zu können. Auch Nader möchte Simin umstimmen, und zwar soll sie zu der Familie zurück. In der Zwischenzeit stellt er eine Haushaltshilfe an, die auch den kranken Vater versorgen soll. Als er jedoch eines Tages nach Hause kommt und den Vater ans Bett gefesselt und ohne Sauerstoffzufuhr am Boden liegend findet, verliert er die Kontrolle. Farhadi lässt seine Protagonisten von einem Problem ins andere, von einer Lüge in die nächste tappen, bis sie wieder einmal in einem Gerichtssaal landen. Jedoch wie auch schon in "Elly" (2009) lässt der Autor am Ende alles offen.

Die Nachricht von der Revolution in Cairo löste in dem Ägyptologen, Archäologen und Filmemacher Stefano Savona den dringenden Wunsch aus, bei den Geschehnissen dabei zu sein. Mit der kleinsten Video-Kamera, die er hatte, machte er sich also mit dem nächsten Flieger auf den Weg nach Ägypten und kam am 6. Tag der Revolution am Tahrir-Platz an. Dort verbrachte er rund 2 Wochen, bis zum endgültigen Rücktritt von Hosni Mubarak. 3 Mal musste er den Platz verlassen, um Batterien für die Kamera und das Tonaufnahmegerät aufzuladen, und jedes Mal gelang es ihm knapp, einer Verhaftung zu entkommen. Viel sicherer fühlte er sich am Tahrir-Platz unter den Demonstranten. Wie er selbst beteuert, gelang es ihm gleich am ersten Tag die ‚richtigen' Leute kennenzulernen und so genügte es eigentlich, ihnen zu folgen, um die Aufnahmen zu machen, die er nun in dem Dokumentarfilm "Tahrir, Liberation Square" (F/I/Ägypten 2011) präsentiert.

Mit "The Artist" (F 2011) gelang dem Drehbuchautor und Regisseur Michel Hazanavicius ein außergewöhnlicher schwarz-weißer Stummfilm - ein Spiel zwischen Stille und Lärm, zwischen Stolz und Dankbarkeit, Liebe und Neid. Die Hauptfiguren sind der überzeugte Stummfilm-Schauspieler George Valentin, Peppy Miller, ein talentierter Shooting-Star der sog. ‚Talkies', der ersten Tonfilme, und ein kleiner, aber äußerst gut trainierter kleiner Hund, welcher schließlich zum Helden der Geschichte wird.

Von der VIENNALE berichtet täglich Malgorzata Glac für das "Österreich Journal"
     
Informationen: http://www.viennale.at    
     
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